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Brexit: Parlament zwingt Boris Johnson zur Pause – Gesetz auf Eis gelegt


EU-Austritt Großbritanniens
Parlament zwingt Johnson zur Brexit-Pause

Von dpa, pdi, aj

Aktualisiert am 23.10.2019Lesedauer: 3 Min.
Premierminister Boris Johnson muss im britischen Unterhaus die nächste Brexit-Niederlage hinnehmen.Vergrößern des Bildes
Premierminister Boris Johnson muss im britischen Unterhaus die nächste Brexit-Niederlage hinnehmen. (Quelle: reuters)
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Der Brexit hängt in der Schwebe: Das britische Parlament verweigert Premier Johnson die Gefolgschaft. Johnson will jetzt mit der EU reden – und treibt die Vorbereitungen für einen ungeregelten Austritt voran.

Nach der vom britischen Parlament erzwungenen Vollbremsung beim Brexit muss Premierminister Boris Johnson wider Willen erneut das Gespräch mit Brüssel suchen. Er hatte angekündigt, Neuwahlen ausrufen zu wollen, falls die EU nach einer Abstimmungsniederlage eine weitere Verlängerung der Brexit-Frist bis 31. Januar gewährt. Nach BBC-Informationen soll das weiter gelten.

EU-Ratspräsident Donald Tusk kündigte noch am Dienstagabend an, er wolle den 27 übrigen Mitgliedsländern empfehlen, der Bitte um eine Fristverlängerung nachzukommen – auch um einen ungeregelten Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union zu verhindern. Das Sagen haben jedoch die Staats- und Regierungschefs der EU. Aller Voraussicht nach würden am Mittwoch zunächst die EU-Botschafter der 27 bleibenden Staaten beraten, wie es nun weiter gehen soll, sagte ein EU-Diplomat.


Johnson hatte bereits in einem Brief am vergangenen Samstag unter dem Druck des Parlaments um einen Aufschub bis Ende Januar 2020 gebeten. Als fast sicher gilt, dass nun bis zum 31. Oktober kein geregelter Brexit mehr möglich sein wird. Stattdessen könnte es im Dezember in Großbritannien zu einer Neuwahl kommen und – je nach Wahlausgang – zu einem neuen Versuch Johnsons, seinen Deal durchs Parlament zu bringen.

"Vorbereitungen für ein No-Deal-Ergebnis"

Der britische Premier zeigte sich enttäuscht, dass das Unterhaus wieder für eine Verzögerung votiert habe. "Wir sehen uns nun noch größerer Unsicherheit gegenüber", sagte Johnson. "Die EU muss sich nun entscheiden, wie sie auf die Bitte des Parlaments um einen Aufschub reagieren will. Die Regierung muss die einzig verantwortungsvolle Richtung einschlagen und unsere Vorbereitungen für ein No-Deal-Ergebnis beschleunigen."

Die Abgeordneten hatten zuvor in einer Abstimmung Johnsons straffen Brexit-Zeitplan gekippt. Insgesamt waren 322 Abgeordnete gegen Johnsons Zeitplan, 308 sprachen sich dafür aus.

Weg für Gesetzespaket frei

Vor der Niederlage hatte das Parlament am Dienstagabend den Gesetzesrahmen für den Brexit-Deal im Grundsatz gebilligt und damit den Weg für eine weitere Debatte des Gesetzespaketes eigentlich frei gemacht. Die Abgeordneten votierten in einer ersten Abstimmung für das zwischen Johnson und der EU vereinbarte Paket. Nach der 2. Lesung stimmten 329 Abgeordnete dafür, das Gesetzespaket weiter zu verfolgen, 299 votierten dagegen, wie Parlamentspräsident John Bercow bekanntgab.

Die Inhalte des 110 Seiten starken Brexit-Gesetzespaketes waren den Abgeordneten erst am Montagabend bekanntgeworden. Zahlreiche Parlamentarier forderten mehr Zeit. Es bedürfe weiterer Diskussionen – nicht zuletzt über den Umgang mit Arbeitnehmerrechten, mit Umweltbestimmungen und vor allem mit der Frage einer Zollunion und damit verbunden des Nordirland-Problems.

Das Johnson-Papier sieht vor, dass Großbritannien zwar als Ganzes aus der Zollunion mit der Staatengemeinschaft austritt. De facto aber würde Nordirland zu einem großen Teil an die Handelsregelungen der Europäischen Union gebunden bleiben. Im Prinzip verlagert der Deal die Zollgrenze südlich der irischen Insel. Dies stößt auf Widerstand bei der nordirischen Protestantenpartei DUP.

Was sind nun die Optionen?

Neben einer Neuwahl im Dezember wäre ein No-Deal-Brexit mit unabsehbaren Folgen eine weitere Option. Unklar ist aber, ob ein solcher Schritt vor britischen Gerichten Bestand haben würde, sollte Johnson ihn tatsächlich wagen, um sein Versprechen eines Austritts zum 31. Oktober doch noch einzuhalten.

Zudem besteht die Möglichkeit, dass sich die oppositionelle Labour-Partei und Johnsons Torys doch noch einigen und innerhalb der Verlängerungsfrist eine Lösung finden. Ein Sprecher Tusks sagte in Brüssel, die Frist könne als "Flextension" gewährt werden – sie müsse also nicht bis zum Ende ausgereizt werden.

Die nächste Niederlage

Johnson hatte erst am Montag und zuvor schon am Samstag schwere Niederlagen hinnehmen müssen: Parlamentspräsident John Bercow ließ eine Abstimmung am Montag über den neuen Brexit-Deal nicht zu. Er begründete seine Ablehnung damit, dass der Entwurf der Regierung in seinem Inhalt der gleiche wie der am Samstag abgelehnte sei. Auch die Umstände hätten sich nicht geändert. Die Abgeordneten hatten stattdessen dafür votiert, die Entscheidung zu verschieben. Damit wollten sie einen Chaos-Brexit ausschließen.


Der Premier hatte schließlich auf Geheiß seines Parlaments – widerwillig und ohne Unterschrift – eine Verlängerung der Austrittsfrist bis Ende Januar beantragt, die die EU-Staaten bewilligen könnten.

Die Briten hatten sich vor mehr als drei Jahren mit knapper Mehrheit für eine Scheidung von der Staatengemeinschaft ausgesprochen.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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