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Brexit: Noch keine Lösung – Wie es nach dem Aufschub weitergeht


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Verschieben ist noch keine Lösung
Wie es nach dem Brexit-Aufschub weitergeht


Aktualisiert am 22.03.2019Lesedauer: 4 Min.
Theresa May in Brüssel in Umarmung mit EU-Komissionspräsident Jean-Claude Juncker: Die EU hat ihr mehr Zeit verschafft. Für eine Lösung des Chaos muss sie nun selbst sorgen.Vergrößern des Bildes
Theresa May in Brüssel in Umarmung mit EU-Komissionspräsident Jean-Claude Juncker: Die EU hat ihr mehr Zeit verschafft. Für eine Lösung des Chaos muss sie nun selbst sorgen. (Quelle: AP Photo/Frank Augstein)
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Die EU verschiebt den Brexit-Showdown. Doch die Probleme sind damit nicht gelöst. Jetzt müssen die Briten schnell eine Entscheidung treffen – und zwar zwischen diesen Optionen.

Der Brexit am 29. März ist zunächst abgesagt. Der EU-Gipfel einigte sich am Donnerstag auf zwei Optionen für eine kurze Verschiebung des EU-Austritts. Entweder entscheidet sich Großbritannien für einen geordneten Brexit im Mai. Oder es stellt im April die Weichen, wobei ein sofortiger ungeordneter Austritt ebenso möglich wäre wie ein noch längerer oder gar dauerhafter Verbleib in der EU.

In jedem Fall bekommt die britische Premierministerin Theresa May mehr Zeit, ihren mit der EU ausgehandelten Deal doch noch durch das Parlament zu bekommen. Ob sie dafür Anfang der kommenden Woche eine Mehrheit bekommt, ist vollkommen unsicher. Es wäre der dritte Versuch.

Zudem muss Parlamentssprecher John Bercow überhaupt eine dritte Abstimmung über den Vertrag zulassen. Unter Berufung auf eine Regel aus dem 17. Jahrhundert will er ein erneutes Votum nur erlauben, wenn es substanzielle Änderungen an der Vorlage gibt. Ob die Verschiebung des Brexit-Datums und einige geringfügige Abwandlungen dafür genügen, ist umstritten.

Zudem hat May mit ihrer Rede am Mittwoch viele britische Politiker massiv verärgert, auch Vertreter ihrer eigenen konservativen Partei. In der Rede machte May ausschließlich das britische Parlament für das Brexit-Chaos verantwortlich. Die Abgeordneten seien "unfähig, sich auf einen Weg für die Umsetzung des Austritts des Vereinigten Königreichs zu einigen", erklärte sie.

Viele Parlamentarier äußerten sich danach entsetzt über die Vorwürfe. Nun muss May genau diese Abgeordneten davon überzeugen, dass sie ihre Meinung ändern und dem im Wortlaut nahezu unveränderten Deal zustimmen, obwohl sie ihn nicht gut finden. Dafür hat sie nun ein paar Tage mehr Zeit.


Von Mays Überzeugungskraft hängt der weitere Verlauf ab. Stimmt das Parlament ihrem Abkommen zu, ist der Zeitplan ein anderer als im Fall einer Ablehnung.

Das sind die Möglichkeiten:

Stichtag 1: 22. Mai – wenn das britische Parlament dem Brexit-Deal zustimmt

Die EU ist bereit, eine Verschiebung des Brexits bis zum 22. Mai zu gewähren. Voraussetzung ist, dass das Unterhaus in der kommenden Woche dem Austrittsabkommen zustimmt, das Mays Regierung mit der EU ausgehandelt hat. Das kann überhaupt nur gelingen, wenn Unterhaussprecher Bercow die Abstimmung zulässt – was er nur tun wird, wenn es relevante Änderungen am Abkommen gibt.

Der Gipfel sagte May nun zu, die Mitte März von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker gemachten Zusicherungen formal zu billigen. Diese rechtliche Aufwertung der Zusagen könnte laut EU-Diplomaten ausreichen, um das Abkommen ausreichend zu ändern und eine nochmalige Abstimmung in London zu rechtfertigen.


Ziel der Verlängerung in diesem Szenario wäre es, Großbritannien genug Zeit zu geben, die Vereinbarungen im Austrittsvertrag in nationales Recht umzusetzen.

Das Vereinigte Königreich würde dann am 22. Mai in einem geordneten Verfahren aus der EU austreten. Großbritannien bliebe danach noch bis Ende 2020 Mitglied im EU-Binnenmarkt und in der Zollunion.

Stichtag 2: 12. April – wenn das britische Parlament den Brexit-Deal erneut ablehnt

Sollte das Unterhaus den Austrittsvertrag aber erneut ablehnen (oder gar nicht darüber abstimmen), ist der Stichtag der 12. April. Bis zu diesem Termin müsste Großbritannien dann "Angaben zum weiteren Vorgehen" machen, heißt es in den Schlussfolgerungen des EU-Gipfels.

Konkret geht es um die Entscheidung, ob das Vereinigte Königreich an der Europawahl teilnimmt oder nicht. Daraus ergeben sich verschiedene Möglichkeiten:

  • Ohne Teilnahme an der Europawahl folgt der Hard Brexit:
    Großbritannien könnte beschließen, nicht an der Europawahl teilzunehmen. Dann würde das Land am 12. April aus der EU austreten – mit einem harten Brexit. Es wäre dann schlagartig nicht mehr Mitglied des europäischen Binnenmarktes und der Zollunion, Beziehungen aus 46 Jahren EU-Mitgliedschaft würden schlagartig gekappt. Dies hätte weitreichende Folgen für den Reiseverkehr und die Wirtschaftsbeziehungen. Die EU bereitet deshalb seit Monaten Notfallpläne vor.
  • Teilnahme an der Europawahl und weitere Verschiebung:
    Beantragen die Briten eine weitere Verlängerung, müssen sie wie die anderen 27 EU-Staaten an den Europawahlen teilnehmen. Das lehnt May bisher aber strikt ab. Die EU entscheidet in diesem Fall über eine weitere Brexit-Verschiebung. Wie lange diese sein würde, ist unklar. Die EU-Kommission hatte diese Woche eine Verschiebung bis "mindestens" Ende 2019 empfohlen. Der Zeitraum könnte verkürzt werden, "wenn vor seinem Auslaufen eine Lösung gefunden wird".
  • Zweites Referendum:
    Bei einem anhaltenden Streit über den Brexit-Kurs in Großbritannien könnte auch ein zweites Referendum an Unterstützern gewinnen. Die oppositionelle Labour-Partei sieht eine erneute Volksabstimmung schon jetzt als möglichen Ausweg. Das Unterhaus hatte dies vergangene Woche zwar klar abgelehnt, die Labour-Abgeordneten beteiligten sich jedoch nicht. Für die Vorbereitung eines zweiten Referendums wären laut Experten fünf bis sechs Monate nötig.
  • Rücknahme des Austrittsantrags:
    Für London besteht bis zum Austritt weiter jederzeit die Möglichkeit, den Brexit-Antrag ohne Zustimmung der EU einseitig zurückzunehmen. Dies bestätigte der Europäische Gerichtshof im Dezember. Das ist aber extrem unwahrscheinlich. May warnt vor "katastrophalen" Folgen für die britische Demokratie, wenn das Brexit-Referendum von 2016 missachtet würde. Eine im Februar gestartete Onlinepetition in Großbritannien zur Brexit-Rücknahme erhielt bis Freitag allerdings mehr als 2,2 Millionen Unterstützer.
Verwendete Quellen
  • Mit Material der Nachrichtenagenturen AFP und dpa
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