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Brexit-Poker: Warum ist der Backstop so ein heikles Thema?


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Knackpunkt im Brexit-Poker
Warum ist der Backstop so ein heikles Thema?


30.01.2019Lesedauer: 3 Min.
Verkehrschild mit 'No Border, No Brexit'-Aufkleber vor einer Friedensstatue in Nordirland: Mehrheit der Nordiren ist für den Backstop.Vergrößern des Bildes
Verkehrschild mit 'No Border, No Brexit'-Aufkleber vor einer Friedensstatue in Nordirland: Mehrheit der Nordiren ist für den Backstop. (Quelle: Clodagh Kilcoyne/reuters)

Das Ringen um den Brexit-Deal fokussiert sich auf ein Thema: Nordirland und der Backstop. Worum geht es da eigentlich? Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Was ist der Backstop?

Der Backstop zielt darauf ab, eine harte Grenze zwischen Irland und Nordirland zu vermeiden und das historische Karfreitagsabkommen von 1998 zu bewahren. In der Übergangsphase nach dem EU-Austritt Großbritanniens am 29. März sollen in Verhandlungen die künftigen Beziehungen zwischen London und Brüssel sowie künftige Grenzregeln auf der irischen Insel festgelegt werden. Die Briten bleiben während dieser Phase in einer Handels- und Zollunion mit der EU. Scheitern die Verhandlungen, bliebe dieser Status auf unbestimmte Zeit erhalten. Nordirland soll außerdem eine Art Sonderstatus erhalten, in dem einige Regeln für den EU-Binnenmarkt fortbestehen.

Das britische Unterhaus stimmte am Dienstagabend dafür, die Backstop-Klausel aus dem Brexit-Abkommen zu entfernen und stattdessen "alternative Regelungen" aufzunehmen.

Warum ist das Thema so sensibel?

Fast 30 Jahre lang bekämpften sich Protestanten und Katholiken in Nordirland. Der Konflikt forderte zwischen 1969 und 1998 rund 3.500 Tote. Vertreibung und Flucht führten zu einer starken Trennung der Bevölkerung nach Ethnie und Konfession: Im Nordosten und Osten dominierten englisch- und schottisch-stämmige Protestanten, im Westen irisch-stämmige Katholiken. Die Trennung besteht bis heute fort.

Der Bürgerkrieg endete mit der Unterzeichnung des Karfreitagsabkommens im April 1998. Es wurde von den wichtigsten politischen Akteuren in Nordirland sowie den Regierungen in London und Dublin ausgehandelt, und anschließend von den Bürgern in Irland und Nordirland in Volksabstimmungen mit überwältigender Mehrheit angenommen.

Ein Kernanliegen des Abkommens war die Normalisierung der Beziehungen über die Grenze hinweg. Heute gibt es dort keinerlei Kontrollen des Waren- oder Personenverkehrs. Jedoch wird befürchtet, sollten London und Brüssel keine Einigung in der Nordirland-Frage erzielen, könnten die Schlagbäume wieder fallen und der alte Konflikt erneut aufbrechen. Ein alarmierendes Signal war die Explosion einer Autobombe in Londonderry Mitte des Monats. Zu dem Anschlag bekannte sich eine Gruppe namens Neue IRA.

Warum besteht die EU auf dem Backstop?

Die EU hat nach der gestrigen Abstimmung im britischen Unterhaus postwendend betont, dass der Backstop für sie nicht verhandelbar ist. Brüssel begründet die Kompromisslosigkeit in dieser Frage vor allem mit der Sorge vor einem Wiederaufflammen der politischen Gewalt in Nordirland.

Aber auch wirtschaftliche und soziale Folgen spielen eine Rolle. So drohen nach dem Ausscheiden Großbritanniens aus der EU wieder Warenkontrollen zwischen dem EU-Mitglied Irland und Nordirland. Unternehmen fürchten Verzögerungen in ihren Lieferketten und steigende Kosten. Arbeitnehmer bangen um ihre Jobs. Der grenzüberschreitende Handel, der 2016 einen Umfang von rund 4,6 Milliarden Euro hatte, droht Schaden zu nehmen. Auf dem Spiel stehen auch Programme der EU für Frieden und Versöhnung und für die Betreuung von Opfern des Nordirland-Konflikts.

Was bemängeln britische Politiker?

Vor allem Brexit-Hardliner stören sich an der Klausel im Abkommen mit der EU, wonach der Backstop-Status bei einem Scheitern der Verhandlungen über die künftigen Beziehungen auf unbestimmte Zeit erhalten bleibt. Sie befürchten, Großbritannien könnte dauerhaft in eine Zollunion mit der EU gezwungen werden.

Und dann ist da noch der Sonderstatus für Nordirland, den das Brexit-Abkommen vorsieht. Die Gegner, allen voran die pro-britische nordirische Partei DUP – die im Übrigen gegen das Karfreitagsabkommen gestimmt hatte, auf deren Unterstützung May aber angewiesen ist –, lehnen ihn mit der Begründung ab, das eine schleichende Trennung von Großbritannien drohe.

Die DUP steht wegen ihrer Position allerdings massiv in der Kritik. Die Partei riskiere, so meinen viele, mit ihrem Kurs die Rückkehr zu einer harten Grenze. Und die lehnen die Nordiren konfessionsübergreifend ab. Eine Umfrage für die Zeitung "Times" aus dem Dezember zeigte eine breite Unterstützung von über 60 Prozent in Nordirland für die Backstop-Regelung.

Wie geht's jetzt weiter?

Mit dem Mandat des Unterhauses will May das mit der EU ausgehandelte Austrittsabkommen wieder aufschnüren. Ihr Kalkül: Wenn nur der Backstop geändert wird, würde das Parlament das Brexit-Abkommen ratifizieren. Dann wäre ein geregelter Austritt gesichert, schlimme Folgen für die Wirtschaft und große Unsicherheit für die Bürger wären abgewendet.

Am Mittwoch brachte May ein einseitiges Kündigungsrecht Londons für den Backstop ins Gespräch. In der EU beißt sie damit aber auf Granit. Bundesaußenminister Heiko Maas stellte klar, Irland in dieser Frage nicht allein stehen zu lassen. "Der Austrittsvertrag ist die beste und einzige Lösung für einen geordneten Austritt", sagte er. Auch Kanzlerin Angela Merkel schloss eine Öffnung des Brexit-Abkommens erneut entschieden aus.

Verwendete Quellen
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