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Schlappe für Polen: EuGH schmettert Zwangspensionierung von Richtern ab


Schlappe für Polen
EuGH schmettert Zwangspensionierung von Richtern ab

Von dpa, dru

Aktualisiert am 19.10.2018Lesedauer: 2 Min.
Angriff auf die Unabhängigkeit der Justiz: Der mächtige Chef der Regierungspartei PiS, Jaroslaw Kaczynski, und Ministerpräsident Mateusz Morawiecki in Warschau.Vergrößern des Bildes
Angriff auf die Unabhängigkeit der Justiz: Der mächtige Chef der Regierungspartei PiS, Jaroslaw Kaczynski, und Ministerpräsident Mateusz Morawiecki in Warschau. (Quelle: Eastnews/imago-images-bilder)

Die polnische Regierung will die Justiz des Landes radikal umkrempeln. Das hat der EuGH nun vorerst gestoppt und ein Gesetz kassiert, mit dem bereits zwei Dutzend Richter zwangspensioniert wurden.

Polen muss die umstrittene Zwangspensionierung von Richtern mit sofortiger Wirkung stoppen. Eine entsprechende einstweilige Anordnung erließ am Freitag der Europäische Gerichtshof in Luxemburg. Die Anordnung gilt sogar rückwirkend. Das bedeutet, dass bereits betroffenen Richtern mindestens bis zum abschließenden EuGH-Urteil eine Fortsetzung ihrer Arbeit ermöglicht werden muss. Auch Nachbesetzungen dürften nicht mehr erfolgen.

Die zuständige EuGH-Vizepräsidentin Rosario Silva de Lapuerta begründete die Entscheidung damit, dass die neuen polnischen Regelungen theoretisch "das Grundrecht auf Zugang zu einem unabhängigen Gericht in nicht wiedergutzumachender Weise beschädigen" könnten. Deswegen müssten sie bis zu dem Urteil in dem Fall ausgesetzt werden.

Die einstweilige Anordnung war Anfang des Monats von der EU-Kommission in Brüssel beantragt worden. Der EuGH teilte nun die Ansicht, dass mit den Zwangspensionierungen gegen den Grundsatz der richterlichen Unabhängigkeit verstoßen wird. Bis zu einem endgültigen Urteil sei die Praxis der Zwangspensionierungen deshalb auszusetzen.

Seit Juli zwei Dutzend Richter in den Ruhestand geschickt

Für die polnische Regierung gilt die Anordnung des EuGH als schwere Schlappe. Sie argumentiert seit Monaten, dass ihre umstrittenen Justizreformen nicht gegen EU-Recht verstoßen.

Der polnische Regierungschef Mateusz Morawiecki kündigte am Freitag eine genaue Analyse der Gerichtsentscheidung an. Die Mehrheit der Polen stehe hinter dem Umbau der Justiz, verteidigte er die Gesetze der nationalkonservativen Regierungspartei PiS. "Die Urteile polnischer Gerichte werden oft für ungerecht gehalten", sagte er.

Auch Polens Justizminister und Generalstaatsanwalt Zbigniew Ziobro wollte sich erst nach einer Analyse des EuGH-Urteils näher äußern. "Zum jetzigen Zeitpunkt kann ich nur so viel sagen, dass wir in der Europäischen Union sind und Polen vorhat, die Vorschriften der EU einzuhalten."

Im konkreten Fall geht es um ein Gesetz zum Obersten Gericht, mit dem das Pensionsalter für Richter von 70 auf 65 Jahre herabgesetzt wurde. Dies nutzte die politische Führung seit Anfang Juli dazu, mehr als 20 Richter in den Ruhestand zu schicken, darunter auch die Erste Präsidentin des Gerichts, Malgorzata Gersdorf.

Gersdorfs sagte zu der Gerichtsentscheidung: "Ich freue mich, dass jemand unsere Rechte berücksichtigt hat." Es sei allerdings unbefriedigend, dass Polens Regierung dies nicht getan habe und es erst zu einer EuGH-Klage habe kommen müssen.

Für den Fall, dass Polen die Anordnung nicht befolgt, dürfte die EU-Kommission gegen das Land im nächsten Schritt Zwangsgelder beantragen. Sie könnten sich auf einen sechsstelligen Betrag pro Tag belaufen.


Unabhängig von dem EuGH-Verfahren läuft gegen Polen derzeit auch noch ein politisches EU-Strafverfahren. Dieses kam zuletzt aber nicht voran, weil es vor allem von ost- und mitteleuropäischen Staaten kritisch gesehen wird. Das politische Strafverfahren könnte nach Artikel 7 des EU-Vertrags im letzten Schritt sogar mit einem Entzug der EU-Stimmrechte enden.

Verwendete Quellen
  • dpa
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