Flüchtlinge im Hungerstreik Ungarn ruft in zwei Regionen den Notstand aus
Wegen der Flüchtlingskrise hat Ungarn am Dienstag in zwei Bezirken im Süden des Landes den Notstand erklärt. Damit bekommt die Polizei weitere Befugnisse. Die Entscheidung sei bei einer Kabinettssitzung gefallen, sagte Regierungssprecher Zoltan Kovacs. Derweil traten Flüchtlinge an der Grenze in einen Hungerstreik.
Zuvor hatte die Regierung von Ministerpräsident Viktor Orban den vier Meter hohen Zaun an der Grenze zu Serbien dicht gemacht und danach auch zwei kleine Grenzübergänge bei Röszke und Asotthalom geschlossen.
Ungarn ist für die Sicherung der Außengrenze der Europäischen Union zuständig. Das strikte Vorgehen gegen die Ankömmlinge sorgt aber auch für Kritik. Seit der Grenzschließung gibt es strengere Strafen für illegale Grenzübertritte. Möglich sind nun reguläre Haftstrafen oder Abschiebung.
60 Festnahmen an der Grenze
Bereits am Dienstag gab es erste Festnahmen. 60 Flüchtlinge seien von der Polizei aufgegriffen worden, als sie den Stacheldrahtzaun an der Grenze zu Serbien zerschnitten oder beschädigt hätten, sagte Regierungssprecher Gyorgy Bakondi. 45 Menschen seien direkt an der Grenze und 15 weiter im Landesinneren festgenommen worden.
Hunderte Flüchtlinge hatten zuvor auf der serbischen Seite der Grenze die Nacht in Zelten oder im Freien verbracht. Sie warteten auf die Öffnung des Grenzübergangs bei Röszke, der kurz nach Mitternacht geschlossen worden war.
Essen, aber keine Einreise
Am Grenzzaun irrten schließlich große Gruppen von Flüchtlingen in den Feldern umher. Ungarische Helfer verteilten Essen, verwehrten ihnen jedoch die Einreise. "Wir wollen kein Essen, wir wollen in die Europäische Union", sagte der Flüchtling Abbas Madegar aus Afghanistan.
Aufgebrachte Flüchtlinge warfen das angebotene Essen jedoch weg und begannen aus Protest einen Hungerstreik. Einige der 200 bis 300 protestierenden Menschen trügen Schilder mit der Aufschrift "No water no food until open border", berichtete die ungarische Internet-Zeitung index.hu. Unter den Protestierenden seien auch Kinder.
Ministerpräsident Orban hatte am Montag Hunderte Polizisten darauf eingeschworen, "Ungarn und Europa zu verteidigen". Seit Jahresbeginn haben rund 200.000 Migranten Ungarn erreicht. Fast alle davon kamen zu Fuß über die ungarische Südgrenze mit Serbien. Die meisten zogen weiter nach Westeuropa, viele davon nach Deutschland.
Derweil hat Ungarn an der serbischen Grenze zwei Transitzonen für Flüchtlinge eingerichtet. Dort solle binnen weniger Stunden über Asylanträge entschieden werden, sagte ein Regierungssprecher. Wer keinen Antrag stelle, werde umgehend nach Serbien zurückgeschickt. Asylbegehren von Flüchtlingen, die nicht in Serbien oder Mazedonien einen Antrag gestellt hätten, würden automatisch abgelehnt. Über die Anträge der übrigen Flüchtlinge solle innerhalb von maximal acht Tagen entschieden werden.
Viele, die kurz vor Schließung der Grenze noch eingereist waren, stiegen am Dienstag in Ungarn in Busse. Nach Angaben der ungarischen Polizei sollen sie direkt nach Österreich gebracht werden.
Innenminister kommen kaum voran
Für die Verteilung der Flüchtlinge in der EU gibt es immer noch keine festen Regeln. Die Innenminister kamen bei einem Treffen am Montag kaum voran. Sie erreichten lediglich eine Grundsatzentscheidung, dass insgesamt 160.000 Menschen über den Kontinent verteilt werden. Genaue Quoten blieben aber offen.
Um den Einigungsdruck zu erhöhen, stellte sich Bundesinnenminister Thomas de Maizière hinter die Idee, EU-Ländern die Unterstützung aus Brüssel zu beschneiden, wenn sie die Last der Flüchtlingskrise nicht mittragen wollen. Darüber müsse man diskutieren, sagte der CDU-Politiker im ZDF. Gedacht ist demnach an eine mögliche Kürzung des Geldes aus EU-Strukturfonds.