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Asylreform: EU-Parlament schießt sich ein Eigentor


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Umstrittene Asylreform
Das ist ein Eigentor

MeinungVon Camilla Kohrs

Aktualisiert am 14.05.2024Lesedauer: 3 Min.
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Von einer NGO gerettete Flüchtlinge auf einem Boot: Die EU-Asylreform hat ihre letzte Hürde genommen. (Quelle: SOPA Images/getty-images-bilder)
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Die EU hat sich nach Jahren der Debatte auf eine Asylreform geeinigt. Endlich. Doch nun droht diese zum Eigentor zu werden.

Das Aufatmen in Brüssel ist groß. Endlich, nach jahrelanger Debatte, steht die EU-Asylreform. Bis zuletzt war um Details gefeilscht worden, nun haben nach dem EU-Parlament vor wenigen Wochen auch die Mitgliedsstaaten zugestimmt. Ein Erfolg, einerseits. Doch die Reform droht für die EU und Deutschland zum Eigentor zu werden.

Die EU-Staaten haben mit ihrer Reform gleich zwei Ziele erreicht: Sie haben sich auf eine Reform geeinigt – und das noch vor der EU-Wahl am 9. Juni. Denn danach, so die Befürchtungen, wäre eine Einigung mit dem erwarteten Rechtsruck im Parlament noch schwieriger geworden. Das allein ist bei den schwierigen Entscheidungsprozessen auf EU-Ebene, den wechselnden Regierungen in den Mitgliedsstaaten und dem Bündel an unterschiedlichen Interessen ein großer Erfolg.

Reform wurde lange liegen gelassen

Die Reform packt zudem einige überfällige Maßnahmen an. So sollen die ankommenden Migranten an der Grenze systematisch überprüft werden, und nicht einfach durch den Kontinent reisen dürfen. Das war zwar schon vorher eine Regel, viele Staaten hielten sich an diese aber nicht mehr. Nun bekennen sie sich abermals dazu, andere Staaten wollen Personal schicken, und das Ganze hat mit "Screening" auch einen feststehenden Begriff bekommen.

Zur Wahrheit aber gehört auch, dass die Reform viel zu lange gebraucht hat. Jahrelang lag sie herum, als die Krisenjahre 2015 und 2016 erst einmal abgeklungen waren. Erst mit der großen Fluchtbewegung aus der Ukraine ab 2022 wurde sie wieder ernsthaft angegangen. Dabei sagen Experten: Große Fluchtbewegungen wird es immer wieder geben – es ist stets nur die Frage, wann.

Experten glauben nicht an den Erfolg

Zudem ist zweifelhaft, ob die Reform die Ziele erreicht, die sonst noch mit ihr verbunden werden: die Hauptaufnahmestaaten merklich zu entlasten, zum Beispiel. Dem Bürger zu signalisieren, dass man nun die Situation unter Kontrolle hat. Den rechtspopulistischen Parteien damit den Wind aus den Segeln zu nehmen.

Effekte werden sich, wenn überhaupt, erst in einigen Monaten oder Jahren einstellen – trotz des riesigen Wirbels um diese Reform. Constantin Hruschka, Experte für europäisches Migrationsrecht, sagte t-online, die Reform verteile die Lasten lediglich anders auf die Staaten. Und Experte Gerald Knaus fürchtet, "weder die irreguläre Migration, noch die Sekundärmigration in der EU, noch die Zahl der Abschiebungen Ausreisepflichtiger, noch die Menschenrechtsverletzungen an den Außengrenzen werden dadurch gestoppt", wie er schon im Dezember im ZDF sagte.

Wichtige Bausteine fehlen

Die Botschaft, nun könne man endlich die irreguläre Migration wirksam begrenzen, wie es etwa Kanzler Olaf Scholz und Innenministerin Nancy Faeser kommunizieren, dürfte damit zum Eigentor werden. Denn damit das gelingt, fehlen noch zentrale Bausteine: Wo sollen etwa die Asylbewerber hin, die in den neuen Grenzverfahren abgelehnt werden? Die EU sagt: abschieben. Doch mit vielen Staaten gibt es überhaupt keine Abkommen. Und dass die Nachbarländer der EU in großem Umfang Bürger anderer Staaten zurücknehmen, wie man es sich auf EU-Ebene vorstellt, dürfte wohl noch lange ein Wunschtraum bleiben. Bislang zumindest hat sich die EU vor allem Absagen eingefangen, mit der Türkei laufen die Verhandlungen derzeit.

Die EU wollte zeigen, wie handlungsfähig sie ist. Doch nun droht sie, genau das Gegenteil zu beweisen. Denn die Asylreform wird zeitnah, oder vielleicht auch nie, die versprochenen Effekte bringen. Den Bürgern führt das einmal mehr vor Augen, wie wenig die EU in der Lage ist, Krisen in den Griff zu bekommen. Der Staatengemeinschaft hilft jetzt eigentlich nur ein wenig Glück: Sinken die Zahlen der ankommenden Asylbewerber stark, wie nach der Hochphase 2015 und 2016, könnten wieder andere Themen in den Fokus rücken – zumindest vorerst. Zu befürchten wäre dann allerdings, dass die EU erneut die Arbeit an den noch fehlenden Bausteinen einer wirklichen Reform schleifen lässt.

Verwendete Quellen
  • Eigene Beobachtungen
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