Nordirland-Abkommen EU und Großbritannien einigen sich im Brexit-Streit
Seit Jahren gibt es Streit um das sogenannte Nordirland-Abkommen. Nun haben sich die EU und Großbritannien auf einen Kompromiss geeinigt.
Großbritannien und die Europäische Union (EU) haben sich im jahrelangen Brexit-Streit um das Nordirland-Abkommen geeinigt. Der britische Premierminister Rishi Sunak und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen einigten sich am Montag in Windsor auf einen neuen Kompromiss.
Sunak sprach nach dem Treffen von einem "entscheidenden Durchbruch". Das neue "Rahmenabkommen von Windsor" sieht nach Sunaks Angaben deutliche Erleichterungen bei den von Brüssel verlangten Warenkontrollen zwischen Großbritannien und Nordirland vor. Dies betreffe vor allem Lebensmittel und Medikamente.
Von der Leyen sprach von einer historischen Einigung und sagte, der Kompromiss erfülle die Schlüsselforderungen der EU: Zum einen "keine harte Grenze" auf der irischen Insel, wie es das fast 25 Jahre alte Karfreitagsabkommen vorsieht. Zum zweiten sei der Schutz des EU-Binnenmarkts durch eine Reihe von Vorkehrungen garantiert. Sie betonte die Notwendigkeit, auf die Menschen in Nordirland zu hören. Die nun getroffenen Lösungen gehen direkt auf deren Bedenken ein, sagte von der Leyen.
Nordirische Protestanten waren Sturm gelaufen
Das ursprüngliche Nordirland-Protokoll sah vor, dass die Zollgrenze zwischen Großbritannien und der EU in der Irischen See verläuft, um eine harte Grenze zwischen Nordirland und dem EU-Mitglied Irland zu vermeiden. Es war befürchtet worden, dass Grenzkontrollen den Konflikt zwischen den beiden Teilen Irlands neu anfachen könnten.
Es hatte allerdings Probleme etwa beim Versand von Päckchen, bei der Lieferung von Medikamenten und beim Mitnehmen von Haustieren aus dem Königreich nach Nordirland gegeben.
Insbesondere nordirische Protestanten waren gegen das Protokoll Sturm gelaufen, weil sie befürchteten, dass ihr Land faktisch vom Rest des Vereinigten Königreichs abgetrennt werden könnte. Die britische Regierung wollte den Vertrag deswegen nachverhandeln, die EU lehnte das lange ab. Mehr dazu lesen Sie hier.
Rote und Grüne Spuren für Warenlieferungen nach Nordirland
Sunak sprach nun von dem "Beginn eines neuen Kapitels" der britisch-europäischen Beziehungen. Man habe einen Weg gefunden, die Unsicherheiten für Nordirland zu beenden. Dafür sollen künftig zwei unterschiedliche Regeln für Güter gelten, die von Großbritannien nach Nordirland gehandelt werden. Die sogenannte Grüne Spur sieht vor, dass vertrauenswürdige Händler künftig Güter, die ausschließlich für den nordirischen Markt vorgesehen sind, ohne Überprüfungen und Zollkontrollen liefern dürfen. Waren, die nach Irland und die übrige EU gehen, müssen weiterhin vollständig überprüft werden. Zweiteres ist die "Rote Spur".
Von der Leyen gab sich ebenfalls zuversichtlich, dass die Einigung funktionieren werde, da strenge Sicherheitsmaßnahmen ausgehandelt worden seien. Das britische Pfund legte ordentlich zu, nachdem die Einigung bekannt wurde.
Wie werden Brexit-Hardliner reagieren?
Der britische Premier will sich am Abend im britischen Parlament zu den Änderungen äußern. Laut ihm soll das britische Parlament ein Mitspracherecht bei den Änderungen haben: Es werde "zu gegebener Zeit abstimmen, und das wird respektiert", sicherte Sunak zu. Teile von Sunaks konservativen Tory-Partei und die Unionisten in Nordirland hatten ihn vor zu großen Zugeständnissen an die EU gewarnt. Auch die EU-Länder müssen noch zustimmen.
Der Streit hatte die Beziehungen zwischen Großbritannien und der EU erheblich belastet, aber auch das Verhältnis von Großbritannien und Deutschland. Mit Spannung wird nun erwartet, ob die Brexit-Hardliner und die DUP den Kompromiss unterstützen. Letztere blockiert aus Protest gegen die Regelung seit Monaten die Bildung einer neuen Regierung in Nordirland.
Großbritannien ist infolge einer Volksabstimmung seit drei Jahren nicht mehr Mitglied der Europäischen Union. Die EU besteht nun noch aus 27 Mitgliedern.
- Nachrichtenagenturen dpa, AFP und Reuters
- Pressekonferenz von Sunak und von der Leyen am 27. Februar