Gute Nachricht des Tages Ende der Tierquälerei in Frankreich dank neuer Technik
Kaum eine Delikatesse ist umstrittener als Stopfleber. Für die Herstellung werden Enten und Gänse qualvoll zwangsgefüttert. Ein Startup will den Tieren dieses Leid nun ersparen.
In ganz Europa ist Stopfleber bei Feinschmeckern beliebt. Nur wenige Länder stellen sie allerdings her: Seit 1999 verbietet es die EU, Tieren beim Füttern unnötiges Leid zuzufügen. Frankreich ist dennoch der weltweit größte Produzent von Foie Gras, wie die Fettleber dort genannt wird.
Denn den Franzosen gilt das Produkt als "nationales und gastronomisches Kulturerbe" – französische Stopfleber-Produzenten können sich deshalb auf eine Ausnahmeregel zum europäischen Verbot berufen. Mit einer neuen Technik will eine Pariser Firma jetzt aber qualfreie Enten-Stopflebern möglich machen.
Das Startup Gourmey setzt dabei auf die Zucht von Entenzellen im Labor. Und hat für seine Idee allein im Juli bereits 8,5 Millionen Euro von Investoren aus Europa und den USA eingesammelt. Das Ziel: Stopfleber aus der Petrischale.
Kontroverses Produkt
Einer der drei Gourmey-Gründer, Nicolas Morin-Forest, erklärt, das Unternehmen wolle zeigen, dass gezüchtetes Fleisch nicht nur für Burger sondern auch in der gehobenen Gastronomie genutzt werden kann. Es handele sich bei Stopfleber um ein "kontroverses Produkt, das sich selbst neu erfinden muss".
Stopfleber: In der traditionellen Herstellung werden Enten und Gänse im Alter von 8-10 Wochen mehrmals täglich zwangsgefüttert. Über ein Rohr bekommen sie dabei jeweils ein Kilo Mais- oder Getreidebrei direkt in den Magen gepumpt. Die Leber schwillt dadurch krankhaft auf das zehnfache ihrer normalen Größe an. Letztlich besteht das Organ zu 40 bis 50 Prozent aus Fett.
Während der vergangenen zwei Jahre entwickelte das Unternehmen ein Verfahren zur Züchtung von Lebern, die bei Köchen und Feinschmeckern gut ankommen sollen. Zu den Gründern gehören auch Antoine Davydoff, ein Zellbiologe, und Victor Sayous, ein Doktorand in Molekularbiologie. Mittlerweile beschäftigen die drei Unternehmer rund 20 Angestellte.
Kaum ein merklicher Unterschied
"In Sachen Geschmack und Konsistenz sind wir zu 90 Prozent am Ziel," sagt Sayous. Zum letzten Weihnachtsessen habe er seiner Familie sowohl die künstliche Leber als auch eine Stopfleber aus herkömmlicher Produktion vorgesetzt. Einige hätten den Unterschied gar nicht bemerkt.
Zur Herstellung verwendet Gourmey die Zellen befruchteter Enteneier, die das Startup dann in einem Aluminium-Kultivator platzieren. Dort schwimmen die Zellen in einer Nährstofflösung, die bei 37 Grad Celsius gehalten wird. Während sich die Zellen teilen und vermehren, werden die Nährstoffe angepasst, um das Wachstum der Leberzellen zu fördern. Nach zwei bis drei Wochen ist das Produkt fertig. Mit Hilfe von Pflanzenfett wird schließlich die cremige Konsistenz der Leber erreicht.
"Ziemlich gut, aber noch nicht ganz perfekt"
Auch Köche haben Gourmey bei der Verbesserung der Ergebnisse geholfen. "Wir haben über 600 Versuche gebraucht," erklärte Morin-Forest. "Wir haben inzwischen ein Rezept, das ziemlich gut, aber noch nicht ganz perfekt ist."
Mit den jüngsten Investitionen will das Unternehmen nun in einen 1000 Quadratmeter großen Standort im Zentrum von Paris umziehen. Neben Stopfleber plant das Startup, dort auch Hühner- und Truthahn-Fleisch züchten. Die konventionellen Methoden zur Fleischproduktion seien angesichts der steigenden Weltbevölkerung "nicht ausreichend", so Gourmey-Gründer Morin-Forest. Umweltschützer kritisieren gleichzeitig auch den hohen Wasser- und Energieverbrauch sowie großen Methanausstoß herkömmlicher Fleischproduktion.
Noch fehlt dem Startup allerdings die Zulassung der Gesundheitsbehörden für die neuartigen Produkte – auch für die tierfreundliche Stopfleber. Da die Gourmey-Gründer davon ausgehen, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen in Asien und den USA etwas einfacher zu erfüllen seien, wollen sie ihre Produkte zuerst dort auf den Markt bringen.
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- EU-Richtlinie 98/58 EG über den Schutz landwirtschaftlicher Nutztiere (besonders Punkt 14 im Anhang)
- Legal Tribune Online, Gastbeitrag von Staatsanwalt Dr Eike Fesefeldt (2020): Einmal Foie Gras, bitte
- Nachrichtenagentur AFP