Wann ein Mangel vorliegt Auto verbraucht zu viel Sprit – das können Sie tun
Wann verbraucht ein Auto zu viel? Richter sagen: Ab zehn Prozent Mehrverbrauch liegt ein Mangel vor. Dann können Sie Ansprüche geltend machen. Wie Sie den erhöhten Verbrauch ermitteln und was Sie dann tun können.
42 Prozent – so weit klafften der reale Spritverbrauch und die Herstellerangaben im Schnitt auseinander. Das hat die Organisation International Council on Clean Transportation (ICCT) vor einiger Zeit festgestellt. Damals beruhten die Herstellerangaben zwar noch auf dem Messverfahren NEFZ, das inzwischen durch ein anderes (WLTP) ersetzt wurde. Dieses Verfahren soll realistischere Verbrauchsangaben gewährleisten. Dennoch steht nach wie vor fest: In der Regel geben die Hersteller zu geringe Werte für den Verbrauch ihrer Autos an.
Ist WLTP wirklich besser?
Das Testverfahren zur Messung des Verbrauchs unserer Autos gilt seit dem 1. September 2018. Es ersetzt das 26 Jahre alte Verfahren NEFZ. Der neue WLTP-Test nutzt den Autofahrern, sagen seine Verfechter: Er soll die Autohersteller endlich zu praxisnäheren Verbrauchsangaben zwingen.
Realistisch sind die Angaben trotzdem nicht, entgegnen Kritiker. So werde die Reichweite der Neuwagen bei exakt 23 Grad gemessen – obwohl wir meist ganz andere Temperaturen haben. Außerdem bleiben Heizung und Klimaanlage bei der Messung ausgeschaltet, was den Spritverbrauch senkt. Das haben die Autohersteller durchgesetzt – sie wirkten an der Gestaltung des neuen Testverfahrens aktiv mit.
Und mehr Verbrauch führt natürlich auch zu mehr Kosten. Doch wie viel ist eigentlich zu viel? Und was können Sie dann tun?
Ab wann verbraucht ein Neuwagen zu viel?
Dazu gibt es höchstrichterliche Entscheidungen: Ab zehn Prozent Mehrverbrauch liegt ein Mangel vor. Und wenn ein Auto deutlich mehr Sprit verbraucht als vom Hersteller angegeben, kann der Kunde die Rückabwicklung des Kaufvertrags verlangen. Denn der Mehrverbrauch gilt dann als wesentlicher Mangel. Die relevanten Verbrauchsdaten stehen zum Beispiel in den Prospekten.
Wie kann ich den Mehrverbrauch messen?
Ratsam ist es, den Mehrverbrauch genau zu dokumentieren und entsprechende Indizien zu sammeln. Das könnten beispielsweise Fotos vom Bordcomputer mit dem Durchschnittsverbrauch oder aber Fahrtenbücher sowie entsprechende Tankquittungen sein. Wichtig ist dabei, das eigene Fahrprofil mit den Herstellerangaben für die entsprechenden Abschnitte wie Stadt, Land und Autobahn genau aufzuschreiben und zu vergleichen. Der angegebene Normverbrauch enthält nämlich eine Durchmischung verschiedener Abschnitte.
Für eine Verbrauchsfahrt empfielt es sich, vollzutanken und etwa 100 bis 200 Kilometer eine gemischte Strecke zu fahren. Die Fahrt sollte ohne viel Staus oder Stop und Go verlaufen. Fahren Sie den Großteil der Strecke möglichst sparsam und vorausschauend auf Landstraßen, außerdem einen Teil auf Autobahnen mit höchstens 120 km/h. Dann füllen Sie den Tank erneut und errechnen den tatsächlichen Verbrauch. Aber auch das ist nur ein Indiz.
Ein Protokoll kann außergerichtlich helfen, den Mangel gegenüber dem Verkäufer zu untermauern. Für eine rechtlich verwertbare Messung muss nach dem gleichen Zyklus gefahren werden wie vom Hersteller, als er die Angaben zum Verbrauch ermittelt hat. Das kann in der Regel nur ein Gutachten leisten.
An wen richten sich die betroffenen Kunden?
An den Händler. Denn er ist derjenige, mit dem der Vertrag in der Regel zustande gekommen ist. Deshalb ist er es, der die entsprechenden Verbrauchsangaben erfüllen muss. Der Hersteller kann nur dann mit ins Boot kommen, wenn das Auto direkt von ihm gekauft wurde. Neben der Rückabwicklung kommt auch eine Nachbesserung unter Fristsetzung infrage, wenn sie technisch möglich ist.
Was tun, wenn der Händler nicht rückabwickeln will?
Wer beim Händler mit seinen gesammelten Unterlagen und Aufzeichnungen keinen Erfolg hat, kann Klage einreichen. Dazu sollten Sie zuvor in Absprache mit ihrem Anwalt bei Gericht ein sogenanntes selbstständiges Beweisverfahren beantragen. Der Vorteil: Es geht wesentlich schneller. Denn das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung einen Gutachter bestellen. Er sichert die Beweise, indem er das Auto auf einem Rollenprüfstand untersucht. Er misst also den Verbrauch unter genau den selben Bedingungen, die den Angaben des Herstellers zugrunde liegen.
Was kostet so ein Beweisverfahren?
Die Kosten sind je nach Aufwand unterschiedlich, können aber in etwa zwischen 1.500 und 3.000 Euro liegen. Dieses Geld ist aus eigener Tasche zu bezahlen, beziehungsweise eine etwaig vorhandene Rechtsschutzversicherung übernimmt sie. Wenn der Verkäufer dann immer noch nicht rückabwickeln will, kann der Kunde klagen. Ist die Klage erfolgreich, muss der Händler nicht nur die Gerichtskosten, sondern auch die des selbstständigen Beweisverfahrens zahlen.
Bekommen die Kunden bei Erfolg den vollen Kaufpreis zurück?
Nein, denn bei einer Rückabwicklung wird vom ursprünglichen Kaufpreis eine sogenannte Nutzungsentschädigung abgezogen. Die Regelverjährung für so eine Rückabwicklung beträgt drei Jahre. Entscheidend ist dabei nicht das Alter des Autos, sondern der Kaufzeitpunkt. Das gilt für Gebraucht- und Neuwagen.
- Nachrichtenagentur dpa