Functions on Demand Wenn die Auto-Ausstattung zur App wird
Ingolstadt (dpa/tmn) - Die Digitalisierung erfasst inzwischen auch die Optionslisten von Autos. Ausstattungsmerkmale können nun nachträglich dazugebucht werden - so wie Apps fürs Handy. Functions on Demand ("Funktionen auf Verlangen") heißt das Zauberwort dazu.
"Neu ist das Thema nicht", sagt Jan Burgard vom Strategieberater Berylls. Doch mit immer mehr Softwarefunktionen im Auto und der Möglichkeit, diese ohne Werkstattbesuch aktualisieren oder freischalten zu können, rücke es jetzt verstärkt in den Fokus.
Dabei geht nicht nur um die Navigation oder Smartphone-Integration. "Sondern Functions on Demand kann sich auch bei Hardware-Optionen rentieren", sagt Burgard. So könne es für einen Hersteller durchaus lohnend sein, alle Autos einer Modellreihe mit einer Sitz- oder Standheizung auszustatten, wenn genügend Kunden diese im Winter dann für hohe Preise aktivieren lassen.
Was lässt sich alles heute schon nachrüsten?
Beim US-Elektroauto-Pionier Tesla konnte man laut Burgard schon Ende 2016 zum Beispiel Kameras, die es für unterschiedliche Funktionen des Autopiloten brauchte, für einige Tausend Euro nachträglich aktivieren und sich so ans autonome Fahren herantasten. Nun folgen vor allem hochpreisige deutsche Hersteller dem Beispiel - allerdings mit wesentlich weniger vitalen Funktion.
So kann man bei Audi für 10 Euro im Monat den Digitalradio-Empfang buchen oder für 85 Euro ein Jahr lang das Smartphone-Interface freischalten lassen. Seit es im E-Tron Sportback verschiedene Begrüßungsszenarien für die digitalen Matrix-Scheinwerfer gibt, denkt Audi laut Sprecher Josef Schloßmacher darüber nach, immer wieder neue Lichtspiele über seinen Appstore zu verkaufen. Bei Mercedes ist das Bediensystem MBUX für Spätentschlossene offen: Smartphone-Integration oder Navigation etwa können nachträglich freigeschaltet werden.
Das Auto als Werkzeug zum Einkaufen
Die neue Mercedes S-Klasse, die im Herbst in den Handel kommt, ist mit der nächsten MBUX-Generation ausgestattet. Der Kunde kann sich dort über Pin-Eingabe, Fingerabdruck-Scanner oder Augenerkennung so zweifelsfrei identifizieren, dass aus dem Fahrzeug heraus Einkäufe möglich sind.
BMW bietet laut Sprecherin Nadja Horn einen "digitalen Nachverkauf" für Extras wie den Fernlichtassistenten, den Tempomat mit Abstandsregelung oder einen sportlichen Sound an. Wenn es jetzt ein Update für das Betriebssystem der Modelle gibt, werden weitere Funktionen hinzukommen, die auf die bereits vorhandene Hardware und Software des Fahrzeugs zugreifen können, stellt Horn in Aussicht.
Die Idee von der Ausstattung als App hilft aber auch Gebrauchtwagen-Käufern, gibt BMW-Sprecherin Horn zu bedenken: "Ein Zweitbesitzer kann ein gebrauchtes Auto nach eigenen Wünschen zu konfigurieren, als sei es ein Neuwagen."
Von den neuen Möglichkeiten profitieren neben den Kunden auch die Hersteller - und zwar nicht nur durch zusätzlichen Umsatz. Sondern auch, weil sie ihre Autos so schneller auf den Markt bekommen.
Ein Beweis dafür ist der VW ID3, dem dramatische Software-Probleme beinahe den Start verhagelt hätten. Um ihn trotzdem im Sommer auf die Straße zu bringen, kehrt VW den Spieß kurzerhand um: "Funktionen wie die Einparkautomatik oder die kabellose Smartphone-Integration liefern wir binnen der ersten Monate kostenlos über ein Software-Update nach", sagt E-Modell-Verantwortlicher Thomas Ulbrich.