Neulackierung sparen Autofolien: Das kann der Lack auf Zeit
Wer temporär etwas mehr Farbe möchte, kann zu Autofolien greifen. Das spart Geld, aber die Vor- und Nachteile sollten gut abgewogen werden.
Der sogenannte RAL-Classic-Katalog ist ein industrielles Standardwerk. In seiner ursprünglichen Fassung sind 213 Farben für den Vertrieb verzeichnet. Doch auf den Straßen herrscht ziemliches Einerlei: Wie der Verband der Automobilindustrie (VDA) berichtet, wollten 2022 die meisten Autokäufer eine graue, silberne, weiße oder schwarze Lackierung haben.
30,8 Prozent der Fahrzeuge waren weiß oder silber Lackiert. Gerade einmal 5,8 Prozent der Neuzulassungen trugen die Farbe blau und nur 0,1 Prozent hatten eine violette Lackierung.
"Grauzone" für den Wiederverkauf
Das hat einen guten Grund: Die Geschmäcker sind zu verschieden und Autolacke zu haltbar und vor allem zu teuer, als dass man sich große Experimente erlauben würde, sagt Hans-Georg Marmit von der Sachverständigen-Organisation KÜS in Losheim am See.
Mit Blick auf ein dauerhaftes Gefallen und einen erfolgreichen Wiederverkauf bewegen sich die allermeisten Autokäufer deshalb im Mittelfeld des gemeinsamen Farbgeschmacks. Sie landen dadurch fast zwangsläufig in der "Grauzone" der Lackierungen.
Lösung ohne Risiko: Mehr Farbe auf Zeit
Doch für Menschen mit einem individuelleren Geschmack gibt es eine Lösung ohne Risiko: die Folierung. Diese kostet in der Regel einiges weniger als eine komplette Lackierung. Das Fahrzeug bekommt so eine zweite Haut auf Zeit, die gerne etwas farbenfroher sein darf. Und wer sich daran sattgesehen hat oder seinen Wagen irgendwann ohne Einbußen wegen seines eher schrägen Geschmacks verkaufen will, der zieht die Folie einfach wieder ab.
Mit der Folierung kann man den Wert des Autos beim Wiederverkauf beeinflussen, bestätigt Dieter Fess vom Restwertspezialisten BFF Forecast in Völklingen. Einsatzfahrzeuge, Taxen und andere Autos könnten individuell geordert, für den jeweiligen Verwendungszweck foliert und nach dem Einsatz mit neuwertigem Lack zu einem attraktiveren Preis verkauft werden.
Er schränkt aber ein: Zwar könne man damit den Wertverlust mindern, selten aber wirklich einen Gewinn machen. Das gelte umso mehr für Privatkunden, so der Experte. Die Folie bietet noch einen Mehrwert: "Der Lack darunter ist von Steinschlägen und Witterungseinflüssen verschont und das Auto sieht unter Umständen jünger aus, als es eigentlich ist", sagt Marmit.
Vorsicht in der Waschanlage
Ein mit einer Folie beklebtes Auto darf auch in die Waschstraße. Experten raten jedoch lediglich zur Basiswäsche, weil Versieglungen und Heißwachs die Folien angreifen. Am Ende tut es auch die gute alte Handwäsche. Wer mit einem Hochdruckreiniger arbeitet, sollte mindestens 50 cm Abstand zum Auto wahren. Und: Nylonbürsten könnten auf der Folie kleine Kratzer hinterlassen.
So viel kostet eine Folierung
Bei der Folierung muss man je nach Qualität der Folie und Struktur des Fahrzeugs mit 2.000 bis 4.000 Euro für ein komplett beklebtes Durchschnittsauto rechnen, schätzt Marmit. Teuer sei vor allem die Arbeitszeit, denn zwei Personen seien bei einer Komplettfolierung rund 24 Stunden beschäftigt. Autofolien sind spezielle Folien, die mithilfe von Kleber auf den Lack des Autos aufgebracht werden. Sie sind nicht nur in Farbe, sondern auch transparent erhältlich.
Wer Geld sparen will, legt vielleicht selbst Hand an und foliert in Eigenregie. Doch der Experte warnt davor. Das sei kaum zu empfehlen, da viel Erfahrung und sorgfältiges Arbeiten nötig seien. "Sonst drohen hässliche Blasen und Verwerfungen."
Autofolie wird mit Hilfe des Kalt/Warm-Verfahrens angebracht. Hierzu muss die betreffende Stelle am Auto trocken und fettfrei sein. Anschließend wird die Folie zunächst nur aufgelegt und mit einem Spezialwerkzeug zugeschnitten. Wer sich als Laie an der Folierung versucht, kann schnell den Lack zerkratzen.
Im Vergleich zur Lackierung bleibt die Folie ausgesprochen günstig. So können für den neuen Lack allein durch die Montage, Reinigung und den Auftrag mehrerer Lackschichten Kosten von bis zu 10.000 Euro entstehen.
Lack als Untergrund entscheidend
Wo die Folie nicht hält, da sprechen Fachleute von "niederenergetischen Oberflächen". Das sind zum Beispiel unlackierte Plastikbauteile wie der Stoßdämpfer oder Zierleisten. Auf diesen Teilen hat die Folie schlicht keinen Halt.
Außerdem sollten Fahrzeughalter genau wissen, welchen Lack sie da auf ihrem Auto haben. Auch auf Spezialversieglungen kann die Folie nicht gut haften. Zwar kann eine Folie aufgetragen werden, diese hält dann aber weitaus kürzer. Der Grund: Spezialversieglungen weisen einen Lotuseffekt auf, an dem die Folien schlecht haften.
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Folie fürs Auto: Was nicht erlaubt ist
Egal ob Autobesitzer die Folierung von Profis erledigen lassen oder ihr Glück in der heimischen Garage versuchen: Ganz frei sind sie in der Wahl von Farbe und Folien nicht, erklärt Marmit und warnt vor der Verwendung von Chrom- und Spiegelfolien.
Zwar würden kleinere verchromte und verspiegelte Anbauteile wie Spiegel, Spoiler oder Felgen noch toleriert. Doch reflektiert das gesamte Auto, könnten andere Verkehrsteilnehmer irritiert, geblendet oder gefährdet werden, sagt der Experte und wird kategorisch: "Dann erlischt die Betriebserlaubnis."
Kein Problem mit den Fahrzeugpapieren
Eine Autofolie verändert zwangsweise auch das Aussehen des eigenen Autos Diese Änderung muss aber nicht in den Fahrzeugpapieren eingetragen werden. Das liegt daran, weil die Folie eine sogenannte rückrüstbare Anwendung ist.
So lange sind Autofolien haltbar
Einer der Nachteile von Autofolien ist die Haltbarkeit: Nach vier bis sechs Jahren ist durchschnittlich Schluss. Danach können sich die Ecken lösen. Kleinere Schäden können dann noch mit Politur vom Autobesitzer ausgebessert werden. Ist die Folie rissig oder porös, hilft nur noch der Weg in die Werkstatt.
Umwelteinflüsse wie UV-Strahlung, Baumharz oder Vogelkot setzen einer Autofolie genauso zu wie einem Lack. Um die Folie vor solchen Einflüssen besser zu schützen, lohnt sich eine spezielle Keramikversieglung. Das erhöht die Lebensdauer der Folien erheblich.
Wer lediglich den Lack seines Autos schützen möchte, kann auf PPF-Folien zurückgreifen. Die gibt es auch in einer durchsichtigen Variante und schützen den Lack zum Beispiel vor Steinschlägen. Im Gegensatz zu den PVC-Folien sind PPF-Folien aus einen stabileren Kunstharz gefertigt.
- Nachrichtenagentur dpa
- Eigene Recherche