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VW-Prozess beginnt: Wie sich Volkswagen aus der Diesel-Affäre ziehen will


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Hunderttausende fordern Entschädigung
Wie sich VW aus der Diesel-Affäre ziehen will


Aktualisiert am 30.09.2019Lesedauer: 3 Min.
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Volkswagen: So lief der Auftakt zum Musterprozess gegen den Autokonzern. (Quelle: reuters)

Heute beginnt der Mammutprozess um den Dieselbetrug bei VW. Wie werden die Richter entscheiden? Welche Taktik wird der Autokonzern anwenden? Und könnte er an der Klage zugrunde gehen?

Nun wird es ernst im VW-Skandal: Vor dem Oberlandesgericht (OLG) Braunschweig beginnt die Verhandlung der Musterfeststellungsklage gegen den Autobauer. Sie soll den Weg für eine Entschädigung betroffener Autofahrer freimachen, die ein manipuliertes Dieselauto von VW gekauft haben.

Warum gibt es die Musterfeststellungsklage?

In den Jahren von 2009 bis 2015 hat VW in Deutschland mindestens 2,4 Millionen Dieselautos mit eingebauter Abschalteinrichtung verkauft. Durch diese Einrichtung werden die Abgaswerte in Testsituationen manipuliert – das Auto erscheint sauberer, als es ist.

“Dieses Vorgehen war illegal und ein Betrug an sämtlichen Käufern von betroffenen Fahrzeugen”, sagt Rechtsanwalt Alexander Voigt. Durch die Musterfeststellungsklage können Betroffene kostenfrei ihren Rechtsanspruch gegen VW prüfen, wenn sie sich vor Beginn der mündlichen Verhandlung dazu angemeldet haben.

Was wird in dem Verfahren geregelt?

In Braunschweig soll geklärt werden, ob die betroffenen VW-Kunden einen Anspruch auf eine Entschädigung haben. Verbraucherschützer gehen davon aus. Der Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv), Klaus Müller, sagt: "Unserer Meinung nach hat Volkswagen betrogen und muss deshalb zur Rechenschaft gezogen werden." VW hingegen sieht seine eigenen Kunden im Unrecht: "Aus unserer Sicht haben die Kunden keinen Schaden erlitten, da alle Fahrzeuge im Verkehr genutzt werden können und sicher sind."

Kommen Betroffene durch die Klage ganz einfach an ihr Geld?

Nein. Zunächst ist offen, ob die Richter überhaupt einen Anspruch auf Entschädigung erkennen. Dann müssten alle Kläger ihren individuellen Anspruch eigenständig gerichtlich durchsetzen. Und das wird Folgen haben: "Aufgrund der Fülle an Einzelklagen wird das zu einer Überlastung der deutschen Justiz führen und je nach Fall weitere Jahre in Anspruch nehmen", sagt Anwalt Voigt.

Es gilt als sicher, dass sich verschiedene Instanzen mit der Klage beschäftigen werden. Entsprechend viel Geduld müssen die Betroffenen aufbringen.

Wann wird es ein Urteil geben?

Die Braunschweiger Richter werden frühestens 2020 ein Urteil fällen. Dann dürfte die Verliererseite den Prozess vor die nächste Instanz bringen – den Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe.

Schließlich könnte sich selbst der Europäische Gerichtshof mit der Klage beschäftigen. Experten erwarten deshalb, dass sich der Prozess über vier bis fünf Jahre hinziehen wird. Und im Anschluss muss jeder Betroffene sein Recht individuell durchsetzen – unter Umständen 15 Jahre nach dem Kauf des manipulierten VW-Autos.

Welches Ergebnis wird erwartet?

Es gilt als sicher, dass die Braunschweiger Richter zugunsten von VW entscheiden werden. Anwalt Voigt erklärt: "Dass die Braunschweiger Gerichte im Abgasskandal stets gegen die Klägerseite urteilen, kann durchaus damit zu tun haben, dass VW seinen Gerichtsstand dort hat. Im Rahmen des Abgasskandals haben betroffene Verbraucher nämlich die Möglichkeit, die Klage an ihrem eigenen Wohnort oder dem Sitz der Klägerseite einzureichen. Würden die Braunschweiger Gerichte nun stets für die Verbraucher entscheiden, würden wahrscheinlich sämtliche betroffene Fahrzeughalter aus ganz Europa dorthin ziehen. Daher gehen wir davon aus, dass das Braunschweiger Gericht die Prozesse bewusst abblockt, um nicht in VW-Verfahren zu ersticken."

Der Bundesgerichtshof könnte allerdings zu einer anderen Entscheidung kommen. Die große Mehrheit der deutschen Gerichte entscheidet nämlich zugunsten der Betroffenen.

Könnte VW an der Klage kaputtgehen?

Wohl kaum – das wird die VW-Taktik verhindern: Die Wolfsburger werden auf Zeit spielen und das Verfahren in die Länge ziehen. Ihnen kommt zugute, dass Gerichte selbst bei einer Entscheidung zugunsten des Betroffenen dem Autobauer eine Nutzungsentschädigung zusprechen. Denn die manipulierten Autos sind längst keine Neuwagen mehr, sondern sie wurden oftmals viele Jahre lang gefahren. Und je länger sie genutzt wurden, desto geringer fällt die Entschädigung aus, die VW zahlen muss.


"Dadurch, dass sich der Prozess mehrere Jahre lang hinzieht, verlieren die Fahrzeuge weiter an Wert", sagt Voigt. "Am Ende könnten die Fahrzeughalter aufgrund der fälligen Nutzungsentschädigung also selbst im Falle eines positiven Urteils leer ausgehen." Heißt im Klartext: Selbst wenn VW den Prozess schlussendlich verliert, dürfte der Konzern keine nennenswerte Entschädigung zahlen.

Verwendete Quellen
  • Verbraucherportal rightnow.eu
  • Prozessfinanzierer Profin
  • Nachrichtenagentur dpa
  • Eigene Recherche
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