"Mainstream Batterie" E-Auto-Zukunft: Davor warnt der Daimler-Betriebsrat
Kaum eine Alternative zum Verbrennungsmotor ist so weit entwickelt und verbreitet wie das Elektroauto. Doch Daimlers Betriebsratschef sieht die Entwicklungen in Deutschland kritisch.
Der Betriebsratschef an Daimlers Stammsitz in Stuttgart-Untertürkheim warnt vor der einseitigen Ausrichtung auf die Elektromobilität. "Die Batterie ist wahnsinnig wichtig für uns, aber man darf sich auch nicht nur auf ein Standbein verlassen", sagt Michael Häberle. "Ich weiß nicht, ob wir es uns leisten können, nur den Mainstream Batterie zu forcieren und wir uns dann unter Umständen in der Frage Wasserstoff abhängen lassen."
Daimler, BMW und VW investieren in die Batterieproduktion
Daimler baut derzeit selbst weltweit Batteriefabriken für mehr als eine Milliarde Euro, um seine künftigen Elektroautos zu versorgen. Der Hersteller fertigt zwar keine Batteriezellen mehr, sondern kauft diese bei externen Lieferanten. Die Akkus für die Elektroautos will der Autobauer aber künftig weiterhin selbst bauen. In Untertürkheim wird am Freitag der Grundstein für eine solche Batteriefertigung gelegt. Insgesamt sollen weltweit acht neue Batterieproduktionen entstehen – neben der bestehenden Fabrik im sächsischen Kamenz.
Um die Strategie für den Umstieg auf neue Antriebsarten hatte es zuletzt Streit zwischen BMW und VW gegeben. VW-Vorstandschef Herbert Diess setzte sich dafür ein, sich auf die batteriebetriebenen Elektroautos zu konzentrieren. BMW-Chef Harald Krüger wollte für andere Technologien offen bleiben. Die beiden sowie Daimler-Chef Dieter Zetsche verständigten sich dann auf die Linie, dass batterieelektrische Autos und Hybride "Gebot der Stunde" seien.
Wasserstofftechnologie als Alternative?
Daimler forscht seit den 1980er Jahren auch an der Wasserstofftechnologie. "Bei uns in Untertürkheim wird konkret an der Brennstoffzelle gearbeitet und diese auch für die Serientauglichkeit entwickelt", sagt Häberle. Mehrere Kleinserien wurden mit dem Antrieb ausgestattet. Im vergangenen Jahr kam ein Geländewagen mit Elektromotor auf den Markt, der mit Strom aus der Steckdose und aus der Brennstoffzelle angetrieben wird.
"Dass die Politik nicht dafür sorgt, dass Rahmenbedingungen und auch die Architektur in Deutschland vorhanden sind, um das Thema Wasserstoff attraktiv zu machen, das verstehe ich nicht", sagt Häberle. Da gehe es zum Beispiel um den Ausbau des Tankstellennetzes. "Solange die Stückzahlen so gering sind, wird das nie eine Technologie, die sich die breite Masse leisten kann."
Neue Technologien sind für den Standort Untertürkheim besonders wichtig. Denn am Daimler-Stammsitz werden Verbrennungsmotoren für zahlreiche andere Werke – auch in den USA und Südafrika – gefertigt. Wächst die Zahl der Elektroautos und sinkt damit die der benötigten Verbrennungsmotoren, fallen hier zwangsläufig Aufgaben weg.
Daimler bereit für "neue Welt"
Der Betriebsrat will deshalb aushandeln, dass künftig auch der elektronische Antriebsstrang dort gefertigt wird. "Bei der Frage Eigenproduktion des elektronischen Antriebsstrangs stehen wir am Anfang der Gespräche", sagt Häberle. Dem Bau der Batteriefertigung in Untertürkheim ging 2017 ein wochenlanger Streit voraus, in dem Betriebsräte Überstunden am Wochenende nicht genehmigten und so die Produktion lahmlegten.
"Was nicht passieren darf, ist, dass wir von Transformation reden und keine echte Transformation haben. Wir müssen die Menschen aus der alten Welt mitnehmen in die neue Welt", sagt Häberle. "Wir müssen da ganz stark auf unsere eigene Ausbildung setzen."
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Auch wenn Daimler betriebsbedingte Kündigungen für die Stammbelegschaft auf Jahre ausgeschlossen hat, mahnt Betriebsratschef Häberle deshalb zur ruhigen Hand: "Was gerade in einer Hauruck-Aktion passiert, ist das Gleiche wie bei Fukushima mit der Energiebranche", sagt Häberle. "Ohne Fukushima wäre Deutschland nicht so schnell aus der Atomkraft ausgestiegen. Und ohne VW und den Dieselskandal wäre die Autoindustrie nicht in einer solchen Geschwindigkeit getrieben, die Elektromobilität umzusetzen, die wirtschaftlich unter Umständen auch nicht gesund ist und zusätzlich die gesamtheitliche Betrachtung der Ökobilanz vernachlässigt."
- Nachrichtenagentur dpa