Höhere Kosten Bundesregierung weitet Lkw-Maut aus – diese Fahrzeuge sind betroffen
Stößt ein Lkw mehr CO2 aus als andere, muss er künftig mehr Maut bezahlen. Welche Folgen das haben könnte und welche Alternativen es gibt.
Die Lkw-Maut auf Bundesstraßen und Autobahnen soll künftig den Schadstoffausstoß stärker berücksichtigen und zusätzliche Milliarden auch für Investitionen in den Schienenverkehr einbringen. Das hat der Bundestag an diesem Freitag beschlossen. Welche Folgen hat das? Hier finden Sie alle wichtigen Antworten.
Was genau ist geplant?
Zusätzlich zur bestehenden Maut wird zum 1. Dezember ein CO2-Aufschlag von 200 Euro pro Tonne Kohlendioxid, die ein Lkw ausstößt, eingeführt. Zum 1. Juli 2024 soll die Mautpflicht dann auch schon für kleinere Transporter ab 3,5 Tonnen gelten.
Hintergrund: Die Mauterhöhung steht im Zusammenhang mit weitreichenden Reformen im Verkehrssektor. Projekte auf der Straße sowie der Schiene sollen laut den Gesetzentwürfen schneller geplant und genehmigt werden, Kommunen sollen mehr Möglichkeiten bei der Einführung von Verkehrsbeschränkungen erhalten. Klima- und Umweltschutz sollen eine größere Rolle bei verkehrspolitischen Entscheidungen spielen als bisher.
Warum gibt es diese Pläne?
Die Regierung erhofft sich von dem CO2-Aufschlag ein Umrüsten auf klimafreundlichere Antriebe, denn der Lkw-Verkehr stößt zu viele Schadstoffe aus. Zwar sind die Treibhausgasemissionen in Deutschland seit 1990 insgesamt stark gesunken, doch im Verkehrssektor gab es bisher kaum eine Verbesserung. Vor allem der Schwerlastverkehr spielt dabei eine große Rolle: Zwar sind weniger als zehn Prozent der Nutzfahrzeuge in Deutschland schwere Lkw mit 40 Tonnen Gewicht, und deren Motoren, Abgastechnik und Kraftstoffqualität sind deutlich besser geworden. Doch die Fahrleistung der Lkw stieg zwischen 1995 und 2021 von 47,8 Milliarden auf 64,3 Milliarden Kilometer – ein Zuwachs von gut einem Drittel.
Die Schwerlastflotte bringt somit rund 25 Prozent aller Fahrzeugkilometer und etwa 50 Prozent der Treibhausgasemissionen des Straßengüterverkehrs zusammen, heißt es vom Umweltbundesamt. Die absoluten CO2-Emissionen im Betrieb des Straßengüterverkehrs erhöhten sich demnach zwischen 1995 und 2021 trotz technischer Verbesserungen um 23 Prozent.
Die EU hat bereits beschlossen, dass Nutzfahrzeughersteller bis 2025 ihren Flottenverbrauch um 15 und bis 2030 um 45 Prozent – und bis 2040 um 90 Prozent senken müssen.
Viele kleinere Betriebe haben Transporter über 3,5 Tonnen. Gibt es Ausnahmen von den Regelungen?
Laut Gesetz, ja. Ausgenommen bleiben Fahrten von Handwerksbetrieben mit Fahrzeugen bis 7,5 Tonnen Gesamtgewicht.
Hat das Auswirkungen auf die Verbraucher?
Die Speditionsbranche protestiert scharf gegen eine Verdoppelung der Mautbelastungen und warnt vor höheren Preisen auch für Verbraucher. Auch das Ministerium rechnet damit, dass Unternehmen Mautmehrkosten weiterreichen werden. Auswirkungen auf die Verbraucherpreise könnten daher nicht ausgeschlossen werden, hieß es im Gesetzentwurf. Da die Mautkosten aber nur einen geringen Anteil der Transportkosten und einen noch geringeren der Gesamtkosten für Endprodukte ausmachten, seien die Auswirkungen auf das Verbraucherpreisniveau "marginal".
Wie viel wird der Staat mehr verdienen und wofür ist das Geld gedacht?
Die Maut-Einnahmen für den Bund werden mit den Mautregeln deutlich steigen – laut Gesetzentwurf springen sie von knapp acht Milliarden Euro in diesem Jahr auf mehr als 15 Milliarden Euro im nächsten Jahr. Von 2024 bis 2027 werden insgesamt Mehreinnahmen von 30,5 Milliarden Euro erwartet. Dabei soll auch die Verwendung neu geregelt werden. Die Hälfte der Einnahmen soll weiter zweckgebunden für die Verbesserung der Bundesfernstraßen dienen – der Rest aber für "Maßnahmen aus dem Bereich Mobilität und dabei ganz überwiegend für Maßnahmen aus dem Bereich Bundesschienenwege".
Welche Alternativen gibt es?
Langfristig gesehen wird auch in der Transportbranche der Antrieb mit Elektromotoren die Zukunft sein – entweder mit Energie aus der Brennstoffzelle (Wasserstoff) oder aus Akkus (E-Antrieb). Das Klimaschutzprogramm 2030 der Bundesregierung formuliert das Ziel, dass bis 2030 ein Drittel der Fahrleistung im schweren Straßengüterverkehr elektrisch sein soll.
Wie weit ist die Technik?
Große Hersteller wie Daimler Trucks, MAN oder DAF haben schon elektrische Lkw vorgestellt, die mehr als 500 Kilometer weit ohne Aufladen fahren können. Doch die Serienproduktion läuft erst langsam an; zudem sind elektrische Lkw teuer: Sie sollen rund doppelt so viel kosten wie dieselbetriebene Lastwagen. Die Hersteller sind aber optimistisch: In Deutschland und Frankreich etwa könne der E-Lkw innerhalb der durchschnittlichen Haltedauer des Fahrzeugs von etwa fünf Jahren beziehungsweise nach etwa 600.000 Kilometern profitabler als ein Diesel-Fernverkehrs-Lkw sein.
Alternative Wasserstoff?
Aufgrund des hohen Energieverbrauchs, des Zusatzgewichtes der Akkus und der langwierigen Errichtung eines Ladenetzes im Falle von batterieelektrischen Lkw gibt es besonders im Fernverkehr viele Befürworter des Wasserstoffantriebs. Daimler Truck erprobt aktuell auch einen Brennstoffzellen-Truck mit dem Namen GenH2. Auch andere Hersteller wie Hyundai arbeiten an diesem Antriebskonzept. Wohin die Reise am Ende geht, ist noch ungewiss.
Sollen E-Lkw von der Maut befreit werden?
Das Gesetz sieht auch vor, dass emissionsfreie Lastwagen bis Ende 2025 von der Maut befreit werden sollen. Da sie aber keine CO2-Emissionen ausstoßen, werden auf sie keine Mehrkosten in der Zukunft zukommen.
Welche Probleme gibt es bei den E-Lkw?
Vor allem ist die Ladeinfrastruktur aktuell ein Problem. Denn nur, wenn diese gut ausgebaut ist, kann ein Elektro-Lkw mit dem Diesel-Lkw in der Reichweite konkurrieren. Etwa 60 Prozent der Langstreckenfahrten von Mercedes-Benz-Trucks-Kunden in Europa seien allerdings ohnehin kürzer als 500 Kilometer, sodass Ladeinfrastruktur auf dem Betriebshof sowie an den Be- und Entladestellen für diese Fälle ausreichend ist. Auf längeren Strecken gilt: Findet der Lkw-Fahrer in seiner obligatorischen 45-minütigen Pause einen Rastplatz mit Ladestelle, sodass die Batterie binnen einer halben Stunde auf 80 Prozent aufgeladen werden kann, schafft der Truck die Tagestour von 1.000 Kilometern. Findet der Fahrer keinen Ladeplatz, können ganze Wochenplanungen durcheinander geraten.
Deshalb halten es die Lkw-Hersteller ähnlich wie Tesla anfangs mit seinem Supercharger-Netzwerk und sorgen selbst dafür, dass Ladesäulen gebaut werden. Auch die Nationale Leitstelle Infrastruktur in Deutschland arbeitet bereits daran, ein Schnellladenetz für Lkw entlang der Fernverkehrsstrecken aufzubauen und unterstützt Firmen, eine Lkw-Ladeinfrastruktur in Depots und Logistikhubs zu errichten.
Daimler Truck beteiligt sich am gemeinsam mit den Konkurrenten Traton und Volvo betriebenen Lade-Unternehmen Milence mit einer Investition von 500 Millionen Euro. In Europa sollen 1.700 Ladepunkte errichtet werden. Reichen wird das noch lange nicht. MAN-Chef Alexander Vlaskamp rechnet damit, dass es bis 2030 europaweit rund 50.000 Hochleistungs- und Megawattladepunkte geben muss, damit die Trucker in ihren Ruhezeiten genug Strom tanken können. Dirk Engelhardt, Vorstandssprecher des deutschen Bundesverbands Güterverkehr und Logistik (BGL), sagt: "Die Klimaziele im Straßengüterverkehr können nur erreicht werden, wenn die Rahmenbedingungen und die Betriebswirtschaftlichkeit passen. Neben der Verfügbarkeit von Fahrzeugen mit alternativen Antrieben sind das die flächendeckende Verfügbarkeit von Lade- und vor allem auch Stromnetzinfrastruktur, aber auch Planungs- und Investitionssicherheit bei Förderprogrammen zum Umstieg auf die Elektromobilität".
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
- Pressematerial von Daimler Truck und MAN
- bmuv.de: "Wie bedeutsam ist der Schwerlastverkehr für den Klimaschutz?"
- vdi-nachrichten.com: "Schwere E-Lkw in freier Wildbahn"
- t3n.de: "Tesla-Semi-Truck fährt über 1.700 Kilometer am Tag – weil er es kann"
- umweltbundesamt.de: "Emissionen des Verkehrs"
- auto-motor-und-sport.de: "
- MAN E-Truck: 800 Kilometer elektrische Reichweite"
- spiegel.de: "500 Kilometer – mit dicker Batterie"
- auto-motor-und-sport.de: "Elektrischer 40-Tonner fährt 530 km über die Alpen"