Erbgut von Kefirbakterien extrahiert Ältester Käse der Welt entdeckt – auf Mumien aus China
Erstaunlicher Fund in China: An den Überresten von Mumien entdeckten Forscher verdächtige Krümel.
Krümel, die am Hals von drei 3.500 Jahre alten Mumien klebten, haben Forscher aus China jetzt als Käse identifiziert. "Dies ist die älteste jemals entdeckte Käseprobe der Welt", sagte die Archäogenetikerin Qiaomei Fu der italienischen Nachrichtenagentur Ansa. "Lebensmittel wie Käse über Jahrtausende zu konservieren, ist fast unmöglich. Dieser seltene Fund ist deshalb besonders wertvoll. Die Untersuchung wird uns helfen, die Ernährung und Kultur unserer Vorfahren besser zu verstehen."
Natürlich mumifizierte Tote
Die Käsebröckchen waren schon vor zwei Jahrzehnten an den drei Mumien aus einem bronzezeitlichen Gräberfeld in Xiaohe (Nordwesten Chinas) entdeckt worden. Sie klebten im Bereich der Hälse. "Weil im dortigen Tarimbecken extreme Trockenheit herrscht, mumifizierten die Leichname auf natürliche Weise, ebenso blieben Kleidung und Beigaben aus organischen Stoffen in den Friedhöfen sehr gut erhalten", schreibt "Spektrum". Bereits nach den Ausgrabungen vermutete man deshalb, es handle sich bei den Klumpen um ein vergorenes Milchprodukt.
Was die Forscher des Instituts für Wirbeltierpaläontologie und Paläoanthropologie der Chinesischen Akademie der Wissenschaften nun herausfanden, veröffentlichten sie in der Fachzeitschrift "Cell". Demnach konnte aus Kuh- und Ziegenmilchbröckchen das Erbgut der für Kefir typischen Bakterien und Hefen extrahiert werden. Unter anderem fanden die Wissenschaftler das Genom des Kefirbakteriums Lactobacillus kefiranofaciens.
Kefir ist ein fermentiertes Milchgetränk, das mithilfe von Kefirknollen hergestellt wird. Diese kleinen, gummiartigen Knöllchen sehen aus wie Popcorn und bestehen aus Hefen und Milchsäurebakterien, eingebettet in eine Struktur aus Polysacchariden (Vielfachzucker) und Proteinen. Aus Kefir kann man auch Käse gewinnen.
Der Vergleich mit den heutigen Kefirbakterien erbrachte, dass der in dem alten Käse enthaltene Lactobacillus kefiranofaciens mit einem aus Tibet stammenden Stamm verwandt war und nicht aus Russland kam – wo der heute weltweit am häufigsten verwendete Stamm seinen Ursprung hat.
Die Käseproduktion aus Kefir zeigt, dass die Menschen des Tarimbeckens, die eigentlich laktoseintolerant gewesen sein müssen und Kuhmilch demnach nicht vertrugen, sich mit dem Fermentieren auskannten. Und somit auch wussten, wie sie dadurch Kuhmilchprodukte für sich bekömmlich machen konnten.
Die Forscher konnten außerdem nachvollziehen, wie sich wiederum das Bakterium über die Jahrtausende an den menschlichen Darm anpasste. Lactobacillus kefiranofaciens tauschte demnach genetisches Material mit verwandten Stämmen aus und verbesserte so seine genetische Stabilität und Fähigkeit zur Milchfermentation.
- Cell: "Bronze Age cheese reveals human-Lactobacillus interactions over evolutionary history" (englisch)
- ansa.it: "Il formaggio più antico su mummie cinesi di oltre 3.000 anni fa" (italienisch)
- spektrum.de: "Ältester Käse der Welt klebte an Mumien"