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Zum journalistischen Leitbild von t-online."Nicht zu unterschätzen" EM 2024: Können wir ein Wirtschaftswunder erwarten?
Die Vorbereitungen hierzulande laufen – am Freitag geht die Fußball-EM der Männer los. Mit welchen Auswirkungen auf Wirtschaft und Gastgewerbe ist zu rechnen?
Die Europameisterschaft steht bevor – und damit auch die Hoffnung auf positive Auswirkungen auf Gastronomie, Hotellerie und die deutsche Wirtschaft. Doch eine Analyse des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) zeigt: Mit einem großen Wirtschaftswachstum sei nicht zu rechnen. Das berichtet das "Handelsblatt", dem die Analyse vorab vorliegt.
Dabei sei Wachstum dringend notwendig, wie das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in einer Pressemitteilung bemerkt: "2023 sank das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im Vergleich zum Vorjahr um 0,3 Prozent, Verbände und Unternehmen blicken voller Sorgen und Pessimismus auf das laufende Jahr. Viele stellen sich da die Frage, ob das heimische Turnier die Wirtschaftskraft befeuern kann."
Die WM 2006 blieb ernüchternd
Bereits das vergangene sportliche Großevent in Deutschland – die Fußball-WM 2006 – zeigte aber: Der wirtschaftliche Impuls solcher Sportveranstaltungen fällt nur moderat und zeitlich begrenzt aus. Das geht aus einer Studie des Leibniz-Informationszentrums Wirtschaft (ZBW) aus dem Jahr 2007 hervor.
Auch wenn viele Menschen während einer WM und EM mehr Lebensmittel und Getränke wie Bier verbrauchten und der Fernseher öfter laufe, werde an anderer Stelle gespart, so das IW. Die Konsumausgaben stiegen folglich nicht, sondern würden sich lediglich verschieben.
Die meisten Fans aus dcem Vereinigten Königreich
Das Reisebuchungsportal booking.com äußert sich im Gegensatz dazu positiv zum Fußballevent: "Langfristig haben Großveranstaltungen wie Fußballturniere positive Auswirkungen auf den deutschen Tourismussektor, die Beherbergungsbetriebe und die Verbraucher." Von den zehn Austragungsorten verzeichnen insbesondere zwei Städte einen hohen Anstieg an Interesse von Reisenden im Vergleich zum Vorjahr.
Düsseldorf (+50 Prozent) und Gelsenkirchen (+32 Prozent) stehen laut booking.com im Fokus der Fußballfans, die größtenteils aus Deutschland, Spanien und den USA anreisen. An der Spitze stehen jedoch Reisende aus dem Vereinigten Königreich. Mit einem Buchungsanstieg von 140 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zieht die EM die meisten Fans aus UK nach Deutschland.
Viele Buchungen in den Spielorten
Ähnlich positiv blickt der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA) auf die Europameisterschaft in Deutschland. Laut dem Präsidenten des Verbands, Guido Zöllick, "sind die möglichen positiven Effekte für die Stärkung des Tourismusstandortes Deutschland nicht zu unterschätzen".
Besonders zuversichtlich zeigen sich die Hotels und Gastrobetriebe in den Spielorten. Hier erhoffen sich knapp 46 Prozent der Unternehmen positive Impulse durch die EM, wie aus einer Umfrage des DEHOGA hervorgeht. Die Gesamtbranche ist pragmatischer. Lediglich 15 Prozent rechnen mit positiven Auswirkungen. Drei Viertel der befragten Gastgewerbe in Deutschland erwarten keine Impulse durch die diesjährige EM.
Was bleibt, ist ein gutes Image
Das IW bleibt jedoch optimistisch. Denn nicht zu unterschätzen seien die psychologischen Effekte der Europameisterschaft 2024: "Ein sportliches Großereignis kann die Stimmung aufhellen und das Image des Gastgeberlandes verbessern." Eine sportlich und organisatorisch erfolgreiche EM mache den Standort attraktiver, was gerade vor dem Hintergrund schwacher Direktinvestitionen ein enormer Gewinn sei.
- handelsblatt.com: "Wirtschaft erwartet kein Sommermärchen durch Heim-EM"
- econstor.eu: "Ökonomische Wirkungen der Fußball-WM 2006 in Deutschland zum Teil überschätzt"
- Pressemitteilung IW
- Pressemitteilung von DEHOGA
- booking.com auf Anfrage