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Poljot-Uhren aus Russland


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Ostalgie am Handgelenk

Sie sind minimalistisch, altmodisch und wunderschön: Poljot-Uhren liegen voll im Retro-Trend und finden sich nicht am Arm von Menschen, die ihren Status über eine Uhr in die Welt hinaus posaunen. Zudem steigt ihr Wert rasant. wanted.de hat sich die verschlungene Geschichte und genauer angeschaut.

10.12.2012|Lesedauer: 4 Min.
Frank Lansky
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Poljot-Uhren strahlen mit ihrer kyrillischen Beschriftung einen herben Charme aus, es gibt sie meist als Chronograf mit Stoppfunktion.
Die Russin ist eine ideale Einsteiger-Uhr für alle, die keinen teuren Zeitmesser am Arm tragen wollen, weil der vielleicht im Fitness-Studio liegen bleibt. Eine gute Poljot ist unter 500 Euro zu haben – das ist nur der Bruchteil einer Uhr aus dem Westen. Möglich ist dies wegen der niedrigen russischen Löhne.

Retro-Charme aus Russland

Die Stücke aus Moskau sind außerdem genau richtig für alle, die der Faszination mechanischer Uhren verfallen sind und deshalb von Quarzuhren Abstand halten. Über einen Glasboden lässt sich die faszinierende Arbeit der Werke beobachten.
Das regelmäßige Aufziehen morgens zum Start in den Tag gehört zu den Retro-Ritualen mit dazu. >>

Poljot-Uhren bringen Ostalgie ans Handgelenk.Vergrößern des Bildes
Poljot-Uhren bringen Ostalgie ans Handgelenk. (Quelle: Hersteller-bilder)

Am Anfang stand der Wunsch der Sowjets nach einer zuverlässigen Uhr für die Rote Armee. So wurde im Jahr 1930 die Erste Moskauer Uhrenfabrik (Perwyj Moskowski Tschassowoi Sawod) gegründet. Die ersten Uhren wurden auf der Basis von Uhren der in den USA in der Weltwirtschaftskrise aufgekauften Fabrik Dueber-Hampden Watch Co. gebaut.

Antiquierte westliche Technik in der russischen Uhr

1935 erhielt die Fabrik den Namen Sergei Mironowitsch Kirow, nach dem aufstrebenden Leningrader Partei-Funktionär Kirow, der 1934 unter nie völlig aufgeklärten Umständen ermordet wurde. Erschossen wurde er vom gehörnten Ehemann seiner Geliebten. Allerdings hat wahrscheinlich Stalin den Rivalen beseitigen lassen.
Jedenfalls nutzte der Diktator den Tod Kirows als Anlass für den Großen Terror und die Schauprozesse gegen parteiinterne Feinde. >>

Die erste Uhr im Weltall

Nach dem Krieg integrierte die Uhrenfabrik Werke aus Glashütte, die als Reparationen in die UdSSR verfrachtet wurden. So gelangten auch Unterlagen von Chronometern nach Russland, die bei den Firmen Wempe in Hamburg und A. Lange & Söhne in Glashütte gefertigt wurden. Die Uhren waren so zuverlässig, dass auch der erste Mensch im All eine Uhr aus Moskau am Handgelenk trug – eine Sturmanskie. Nach dem Raumflug von Juri Gagarin im Jahr 1961 benannte die Firma voller Nationalstolz ihre Marke um. Von jetzt an hieß sie "Poljot" – der Flug.

Als in den 1970er Jahren die Quarz-Krise fast die Schweizer Uhren-Industrie mit ihren Mechanik-Werken dahinraffte, griffen die Russen zu: Sie produzierten einfach das Handaufzugskaliber 3133 mit 23 Rubinen weiter, das auf dem berühmten Valjoux 7734 basiert. Ferner baute Poljot die Werke 31679 mit Mondphasenanzeige und 31681 mit 24-Stunden Anzeige, beide mit 25 Steinen.
Ganz besonders gelungen ist das Wecker-Werk Poljot 2612.2. Es basiert auf einem alten Schweizer Venus-Kaliber und verfügt über zwei getrennte Federhäuser. Der Weckton rasselt bei Vollaufzug etwa 13 Sekunden. Somit verrichten in den neuen Uhren von heute Oldtimer-Nachbauten mit einer 40 Jahre alten Technologie ihre Arbeit – wenn das kein Vintage-Faktor ist.

Verwirrung in der Poljot-Welt

Seit 1992 herrscht die große Verwirrung: Der Staatsbetrieb wurde in eine AG umgewandelt. 1994 übernahm die Vertriebsgesellschaft Poljot-V GmbH in Frankfurt. Daraus entstand Poljot International. Zur Jahrtausendwende schließlich entstand die Firma Volmax, die sich 2002 die Rechte für die Marken Aviator, Buran und Sturmanskie sicherte. Somit tauchen einige Typen-Bezeichnungen bei mehreren Herstellern auf. Volmax verbaut inzwischen immer mehr neue Schweizer ETA-Werke. 2004 stellte die Original-Marke Poljot die Produktion von Uhren ein und der Nachfolger MakTime übernahm. >>

Die Uhren haben in den vergangenen Jahren in punkto Qualität zugelegt: Bei frühen Modellen waren schon mal rasselnde Lünetten oder abfallende Indexe zu bemängeln. Diese Uhren wurden nach dem Ende der DDR an der Berliner Mauer für 70 D-Mark verkauft. Heute stimmt die Qualität und der Preis ist gestiegen.

Poljot auf dem Weg zur Rarität

Diese Entwicklung dürfte sich fortsetzen: Ende 2011 meldete auch MakTime Konkurs an. Seitdem sind offensichtlich einzelne Produktionsmaschinen verkauft worden, im Markt gibt es nur noch Restbestände der alten Kaliber. Sammler hoffen auf einen Schweizer Investor, der die Produktion fortführt. Vor allem bei den 3133 und den Weckern herrscht schon Knappheit. Ergo haben sich die Preise für die Poljot in den vergangenen Jahren verdoppelt und verdreifacht.
Und hier kommt Julian Kampmann ins Spiel: Der Münchener hat sich mit Leib und Seele den russischen Uhren verschrieben und verkauft seit 15 Jahren die Stücke über seinen Online-Shop. "Die Bestände in den Lagern reichen vielleicht noch für drei Jahre."

Piloten und Soldaten kaufen

Nicht nur wegen des Sammlerwertes greifen bei dem gelernten Bankkaufmann gerne Kunden aus aller Welt zu. "Sogar Bundeswehr-Soldaten in Afghanistan schätzen die robuste Poljot." Und nicht nur das: "Ich habe Kunden, die sich durchaus eine teure Fortis oder Breitling leisten. Doch viele schätzen einfach das Preis-Leistungs-Verhältnis und das Understatement – sie wollen etwas Anderes tragen. So hatte ich einen Piloten aus Singapur hier, der mit seiner Privatmaschine einflog, eine Menge Uhren einkaufte und gleich wieder zurückflog."
Sehen Sie sich die schönen und minimalistischen russischen Chronografen in der Foto-Show an.

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