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Verhütung für Teenager: Ist die Pille für meine Tochter geeignet?


Verhütungsmittel für Teenager
Ist die Pille für meine Tochter geeignet?

Die Pille ist Verhütungsmittel Nummer eins. Gerade für Jugendliche wird sie empfohlen. Doch ab welchem Alter sind die Hormontabletten geeignet? Und was ist mit Nebenwirkungen? Diese Fakten sollten Eltern kennen.

Aktualisiert am 24.09.2015|Lesedauer: 6 Min.
t-online, Simone Blaß, aro
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Dass die Pille Nebenwirkungen haben kann, bestreitet auch die Münchner Frauenärztin Stephanie Eder nicht. Sie engagiert sich im Rahmen der Initiative Mädchensprechstunde und rät dazu, trotzdem die Kirche im Dorf zu lassen.

Ist die Pille für junge Mädchen geeignet? Oder doch eher Kondome benutzen?Vergrößern des Bildes
Ist die Pille für junge Mädchen geeignet? Oder doch eher Kondome benutzen? Oder beides? (Quelle: Thinkstock by Getty-Images-bilder)

"Wie Gummibärchen sollte man die Pille natürlich nicht verschreiben, denn die meisten Hormonpräparate verursachen ein erhöhtes Thrombose-Risiko, und das kann zur Lungenembolie und zum Schlaganfall führen. Daran besteht kein Zweifel", schickt Eder im Gespräch mit t-online.de vorweg.

Das "Aber" lässt nicht lange auf sich warten: "Man muss sich die entsprechenden Studien schon genau ansehen, extrem differenzieren und vor allem vor der Verschreibung eine gründliche Anamnese durchführen."

Neben den Risikofaktoren starkes Übergewicht und Rauchen gibt es auch eine genetische Thromboseanfälligkeit. Sind also schon mehrere Fälle in der Familie aufgetreten, muss man sich möglicherweise nach einer Alternative zur Pille umsehen. "Wenn aber Mütter von gesunden Mädchen mich auf das Thromboserisiko ansprechen, erkläre ich ihnen, dass dieses unter Umständen viel höher ist, wenn das Mädchen schwanger wird. Denn während einer Schwangerschaft und insbesondere im Wochenbett ist es bei jeder Frau um einiges erhöht."

Andere Nebenwirkungen sind weniger schwerwiegend, aber häufiger: Übelkeit, Kopfschmerzen, Stimmungsschwankungen oder verminderte Lust auf Sex. Einige dieser unerwünschten Wirkungen lassen bei längerer Einnahme manchmal nach. Auch ein Wechsel der Pillenmarke kann helfen - auf jeden Fall sollten betroffene Mädchen mit dem Frauenarzt Rücksprache halten.

Es gibt zwei Gruppen von Antibabypillen

Seit 1960 ist in den Industrienationen die Pille das am häufigsten verwendete Verhütungsmittel. Es gibt grundsätzlich zwei Arten von Pillen: Kombinationspräparate und die Minipille.

Kombinationspräparate enthalten als Hormone ein Östrogen (Estradiol oder Ethinylestradiol) und ein künstliches Gestagen. Die Minipille enthält nur ein Gestagen in geringer Dosierung und kein Östrogen.

Jungen Frauen wird in der Regel ein Kombinationspräparat der zweiten Generation verschrieben: die Mikropille. Sie ist niedrig dosiert und der Einnahmespielraum ist mit zwölf Stunden relativ hoch - im Gegensatz zur Minipille, die, je nach Wirkstoff, möglichst pünktlich eingenommen werden muss. Wer die Mikropille morgens vergessen hat, kann die Einnahme abends noch nachholen. Der Pearl-Index, der die Verhütungssicherheit angibt, ist bei der Mikropille niedriger. Die Zahl gibt an, wie viele Frauen bei Einnahme dieses Präparats innerhalb eines Jahres schwanger werden. Eine niedrige Zahl ist also gut.

So wirkt die Minipille

Minipillen enthalten nur ein Gestagen. Sie verhindern den Eisprung teilweise nicht, verändern aber den Schleimpfropf im Gebärmutterhals so, dass keine Spermien hindurchwandern können. Zudem verhindern sie die Einnistung eines Eis in der Gebärmutterschleimhaut. Minipillen sollten möglichst immer zur selben Uhrzeit eingenommen werden und verlangen daher eine größere Disziplin als die Mikropille. Enthält die Minipille den Wirkstoff Desogestrel, kann auch sie bis zu zwölf Stunden später eingenommen werden - wichtig ist es also, den Beipackzettel genau durchzulesen oder sich vom Frauenarzt über den zeitlichen Spielraum bei der Einnahme informieren zu lassen.

Minipillen sind meist verträglicher als Kombinationspräparate und eignen sich eher für Frauen, die diese nicht vertragen. Auch Übergewichtige, Raucherinnen oder Frauen in der Stillzeit bekommen eher die Minipille verschrieben.

Die Tabelle zeigt den Unterschied zwischen der Mikropille und der Minipille:

Kombinationspräparat / Mikropille Minipille
enthaltene Hormone Östrogen* plus Gestagen* nur Gestagen (Levonorgestrel oder Desogestrel)
Zeitfenster zur Einnahme bis zu 12 Stunden später möglich Je nach Wirkstoff maximal 3 oder bis zu 12 Stunden später
Wirkungsweise unterdrückt den Eisprung, verdickt den Schleimpropf im Gebärmutterhals, verhindert Einnistung eines Eis in der Gebärmutter einige Präparate unterdrücken nicht den Eisprungverdickt den Schleimpropf im Gebärmutterhals, verhindert Einnistung eines Eis in der Gebärmutter
zusätzliche Wirkungen teilweise gegen Hautunreinheiten
Pearl-Index
(niedrige Zahl: hohe Sicherheit)
0,1 bis 0,9 0,15 bis 4

*Östrogene sind auf dem Beipackzettel mit Estradiol oder Ethinylestradiol bezeichnet. Die verschiedenen künstlichen Gestagene heißen zum Beispiel Levonorgestrel, Norethisteron, Norgestimat, Etonogestrel, Norelgestromin, Drosiprenon, Gestoden, Desogestrel, Chlormadinon, Dienogest oder Nomegestrol.

Ist die Schönheit wichtiger als die Gesundheit?

Die ersten Antibabypillen galten noch als Dickmacher, doch das hat sich gewandelt. Heutige Präparate werden aufgrund ihrer Hormonzusammensetzung auch oft gegen Akne verschrieben.

Die verschiedenen Gestagene in den Pillen bringen ein unterschiedlich hohes Thromboserisiko mit sich. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hält in diesem Zusammenhang Antibabypillen mit dem Wirkstoff Levonorgestrel für am wenigsten gefährlich. Hier liegt Experten zufolge das Thrombose-Risiko bei fünf Fällen auf 10.000 Frauen pro Jahr.

Bei anderen Antibabypillen, die zum Beispiel Drospirenonhaltig sind, kann sich dieses Risiko verdoppeln (zwölf Fälle auf 10.000 Frauen und Jahr). Trotzdem werden diese Pillen mit Produktnamen wie Yasmin, Yasminelle, Petibelle, aida, Angeliq oder Yaz vor allem an junge Mädchen häufig ausgegeben, da sie auch für ein schöneres Hautbild sorgen. Der Wirkstoff Drosiprenon kam in den frühen 2000er-Jahren in Verruf, da nach der Markteinführung einige Fälle von schweren Nebenwirkungen, bis hin zu tödlichen Thrombosen auftraten. Doch die eindeutige Verbindung mit den neuen Antibabypillen konnte nicht bewiesen werden.

Das BfArM beklagt in diesem Zusammenhang, dass es in Deutschland, anders als zum Beispiel in England oder den Niederlanden, keine klaren Empfehlungen für die Verschreibung an sehr junge Frauen gibt. Hier ist es also an den Mädchen selbst beziehungsweise an deren Müttern, darauf zu achten, dass die Tochter möglichst eine Pille der sogenannten zweiten Generation verschrieben bekommt.

Die Pille ist ein Medikament für Gesunde

Die Pille "betrügt" den weiblichen Körper durch die geregelte Hormonzufuhr und unterdrückt dadurch den Eisprung. Sie bringt neben der Verhütung noch andere Vorteile mit sich, die vor allem Mädchen sehr zu schätzen wissen: Der Zyklus ist regelmäßig, die Menstruation weniger stark, nicht so schmerzhaft und noch dazu planbar. Und manche Präparate wirken sogar bei schwerer Akne. Bei korrekter Einnahme geht man davon aus, dass weniger als eine von 100 Frauen schwanger wird. Vergessen darf man die Pille aber nicht. Auch Erbrechen und Durchfall können, ebenso wie die Einnahme mancher Medikamente, den verhütenden Effekt gefährden. Gerade bei sehr jungen Mädchen sollte man den Hausarzt auf die Einnahme hinweisen.

Beim Thema Pille besteht ärztliche Schweigepflicht

Bis zum 20. Geburtstag ist die Pille zumindest für gesetzlich Versicherte kostenlos, abgesehen von einer eventuellen Rezeptgebühr. Doch ab wann bekommt man sie verschrieben? Die Antwort auf diese Frage ist nicht ganz einfach. Bei Mädchen zwischen 14 und 16 Jahren liegt es im Ermessen des Arztes: "Wir Frauenärzte müssen uns davon überzeugen, dass das Mädchen reif genug ist für die Pille und damit juristisch betrachtet einwilligungsfähig. Und wir müssen das Ergebnis des Gesprächs auch schriftlich niederlegen. Ich finde allerdings, es zeugt bereits von einer gewissen Reife, wenn ein Mädchen in die Frauenarztpraxis kommt. Und letztendlich können wir sie so vor einer Schwangerschaft schützen."

Ganz selten kommen Mädchen mit dem Wunsch nach der Pille in die Praxis, die jünger sind als 14 Jahre. "Hier wird es schon schwierig, vor allem dann, wenn der Zyklus noch gar nicht eingesetzt hat. Ich habe aber in den letzten Jahren die Erfahrung gemacht, dass der Körper und die Seele gemeinsam reifen und der Wunsch nach Sex erst dann kommt, wenn auch der Körper schon entsprechend entwickelt ist." Aber letztendlich kommt es auch hier auf das Gespräch an, das übrigens unter ärztlicher Schweigepflicht stattfindet. Die Eltern werden also nicht darüber informiert, auch dann nicht, wenn sie nachfragen.

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Nicht über das Ziel hinausschießen

Wenn es optimal läuft, kann ein junges Mädchen mit seinen Eltern offen über Verhütung sprechen. Dies allerdings ist nicht immer der Fall. Manche Eltern überlassen das Thema lieber einschlägigen Jugendzeitschriften, andere schießen über das Ziel hinaus.

In ihrem Buch "Erklär mir die Liebe!" erzählt die Ärztin Esther Schoonbrood von einer 14-Jährigen, der die Mutter die Pille aufdrängen wollte, obwohl sie noch gar keinen Sex hatte und auch keinen wollte. Das junge Mädchen fühlte sich missverstanden und war verletzt. "Wenn Sie vermuten, dass es auf das erste Mal hinausläuft, sollten Sie über Verhütung sprechen oder grundsätzlich über Sexualität, aber nicht über die Gefühle Ihrer Tochter hinweggehen, indem Sie nur sagen: 'Nimm die Pille!' oder ihr bloß ein Heftchen über Verhütungsmöglichkeiten auf das Kopfkissen legen. Schlichte Verbote helfen in diesem Alter noch weniger: Wenn eine Heranwachsende mit ihrem Freund schlafen will, wird sie es tun."

Aufklärung ist mehr als reine Vorgangsbeschreibung

Wichtig: Zur Verhütung gehören zwei. Nur etwas mehr als die Hälfte der männlichen Jugendlichen wird von ihren Eltern über Verhütungsmethoden aufgeklärt. Häufig steht, gerade bei frischen Beziehungen oder flüchtigen sexuellen Begegnungen, die Scham an erster Stelle. Die Jungen empfinden es als peinlich, über Kondome zu reden oder sie gar zu benutzen.

"So können bei spontanem Sex die Probleme auf der zwischenmenschlichen Ebene jegliche Verhütung verhindern", weiß Schoonbrood. "Über solche Beziehungsfragen zu reden ist für Mütter und Väter, oft viel schwieriger, als rein sachlich die Verhütungsmittel zu erklären."

Eder weist darauf hin, dass nur die Kombination Pille und Kondom - auch in einer festen Beziehung - optimal schützt. Nicht nur vor einer Schwangerschaft, sondern auch vor sexuell übertragbaren Krankheiten.

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