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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Pass, Kita, Impfung Wann die Unterschriften beider Eltern nötig sind
Vom Kindergarten bis zur Fahrschule: Viele Formalitäten rund um die Kinder erfordern die Unterschriften der Eltern. Aber wann reicht die Signatur eines Elternteils aus und wann müssen Mama und Papa unterschreiben? Wir beleuchten die gesetzlichen Vorgaben und zeigen, wie sich der Aufwand reduzieren lässt.
"Kann ich das jetzt alleine unterschreiben oder nicht?" Diese Frage beschäftigt viele Eltern angesichts der Flut von Schriftstücken und Formularen, die Behörden, Kindergarten, Schule oder Bank ihnen zum Unterzeichnen vorlegen. Die Antwort ist im Kern einfach: Die gesetzliche Regelung stellt das Sorgerecht in den Fokus (siehe Textbox).
Allein entscheidungs- und damit unterschriftsberechtigt für Kinder seien nur Mütter oder Väter mit alleinigem Sorgerecht, erläutert Alexa Schmitt, Fachanwältin für Familienrecht in der Frankfurter Kanzlei von der Heiden & Grieser, im Gespräch mit t-online.de.
Alltagsroutine oder Angelegenheit vor erheblicher Bedeutung?
Komplexer hat der Gesetzgeber die Regeln für gemeinsam sorgeberechtigte Eltern gestaltet – ungeachtet ihres Beziehungsstatus. "Gemeinsam" heißt: Kein Elternteil darf den anderen in Belangen des Kindes übergehen. Trotzdem muss nicht jede Kleinigkeit von beiden Erziehungsberechtigten abgesegnet beziehungsweise abgezeichnet werden. Grundsätzlich komme es darauf an, ob es sich um eine "Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung" oder um eine Routineerlaubnis in Dingen des täglichen Lebens handele, sagt Juristin Schmitt.
Wann eine Angelegenheit von "erheblicher Bedeutung" für das Kind ist, lässt sich nicht einheitlich festlegen. Für eine juristisch exakte Einschätzung sei daher stets der Einzelfall zu betrachten.
Die Orientierungshilfe der Fachfrau: Treffen Eltern durch ihre Unterschrift eine Entscheidung, die beträchtlichen Einfluss auf das spätere Leben des Kindes haben kann, bedeutet das meist, dass beide zwingend gegenzeichnen müssen. Bestätigt die Unterschrift lediglich die Kenntnisnahme eines Sachverhalts, genügt in der Regel die Signatur eines Elternteils.
Hier sind einige Fallbeispiele:
eine Unterschrift reicht | beide Unterschriften nötig |
---|---|
Klassenarbeit oder Schulzeugnis | Anmeldung für Kita und Schulen |
Entschuldigung wegen Krankheit | Reisepass und Personalausweis für das Kind |
Routineuntersuchungen beim Arzt | Größere Ärztliche Eingriffe wie Operationen und ggf. bei Impfungen |
Geldangelegenheiten wie Konto oder Bausparvertrag für das Kind | |
An- und Ummeldung am Wohnort |
Vollmacht geben lassen
Über die Notwendigkeit doppelter Unterschriften für Kita oder Schule wird in Elternforen heftig debattiert. Zahlreiche Paare, ob gemeinsam oder getrennt lebend, empfinden das doppelte Unterschreiben als nervig, zum Beispiel wenn ein Elternteil arbeitsbedingt nur am Wochenende zu Hause ist oder in großer räumlicher Entfernung zum Kind wohnt.
Unser Tipp: Wer zumindest die Kommunikation mit Kita oder Schule vereinfachen möchte, sollte dem Partner eine Vollmacht zur Wahrnehmung der Kindesinteressen in diesem Bereich ausstellen.
Zündstoff bei getrennt lebenden Eltern
Unbedachte Alleingänge eines Elternteils führen schnell zu Zoff, vor allem bei getrennt lebenden Paaren. Ein häufiges Streitthema seien Impfungen, sagt Familienrechtlerin Schmitt. Die Entscheidung dafür oder dagegen sei von erheblicher Bedeutung, die Unterschriften beider Elternteile daher erforderlich. Das gilt ebenso für besondere ärztliche Behandlungen wie Operationen.
Warum zwei Unterschriften oft sinnvoll sind
Was für Eltern wie eine Alltagsangelegenheit wirkt, kann strengen gesetzlichen Vorgaben unterliegen. Zum Beispiel die Ausstellung eines Reisepasses oder Personalausweises für das Kind. Die Unterschriften beider Eltern sind dabei vorgeschrieben.
Das sei sinnvoll, denn andernfalls könne ein Elternteil ohne das Wissen des anderen den Pass anfordern und das Kind ins Ausland bringen, erklärt Schmitt. Um auszuschließen, dass ein Sorgeberechtigter ohne Absprache den Wohnort wechselt, ist ebenso bei einer An- oder Ummeldung des Kindes die Unterschrift beider Eltern unumgänglich.
Da die gemeinsame Sorge ums Kind die Vermögensvorsorge beinhaltet, ist es Eltern zudem nicht gestattet, Bankgeschäfte für den Nachwuchs allein in die Hand zu nehmen. Daher fordern Kreditinstitute bei der Eröffnung eines Kinderkontos zwei Unterschriften, ebenso beim Abschluss eines Bausparvertrages zugunsten eines Kindes.
Fahrschulen sichern sich ab
Eine typische Situation, die für Unsicherheit sorgt, ist die Anmeldung des minderjährigen Sprosses bei einer Fahrschule. Nach § 1629 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) müssen eigentlich beide Erziehungsberechtigte den Ausbildungsvertrag unterschreiben. Unterzeichnet nur ein Elternteil, ist der Vertrag trotzdem nicht unbedingt hinfällig.
Die Fahrschulen ziehen sich mit einer Formulierung unter der Unterschriftszeile im Vertrag aus der Affäre, etwa "Wir sind mit der Ausbildung unserer Tochter/unseres Sohnes einverstanden und werden die Kosten der Ausbildung übernehmen. Für die Erziehungsberechtigten: Unterschrift."
Ein weiterer Fallstrick für Familien: Hat der Fahrschüler zum Zeitpunkt der letzten Fahrstunden und der Fahrprüfung das 18. Lebensjahr vollendet, ist der Vertrag laut dem Fahrlehrerverband Baden-Württemberg sogar ohne elterliche Zustimmung rechtswirksam. Die Fahrschule könnten sich dann auf eine stillschweigende Genehmigung durch die Eltern berufen, heißt es.
Streitfälle klärt das Familiengericht
Was jedoch, wenn die Vorstellungen der Eltern so stark auseinanderklaffen, dass eine einvernehmliche Abzeichnen eines Dokuments ausgeschlossen ist? Wer sich gegen den Willen des anderen Elternteils durchsetzen will, muss beim Familiengericht eine Entscheidungsbefugnis für das konkrete Anliegen beantragen.
Eine Alternative ist ein Antrag auf Übertragung des alleinigen Sorgerechts oder eines Teilbereichs des Sorgerechts. Die Richter beurteilen dann die individuelle Situation der Familie – natürlich in Hinblick auf das Wohl des Kindes.
Große Entfernung zum Kind ist kein Grund für Alleingänge
Doch Achtung: Nur weil ein Sorgeberechtigter in erheblicher Distanz zur Familie lebt und nicht schnell greifbar ist, sind Solo-Entscheidungen des anderen und der Verzicht auf eine zweite Unterschrift nicht erlaubt.
Betroffene Mütter oder Väter können beim Familiengericht das Ruhen der Sorge eines Elternteils verlangen, sagt Anwältin Schmitt. Das setze voraus, dass das Hindernis, das den Kontakt einschränkt, über einen längeren Zeitraum hinaus bestehe. Ein wenige Wochen dauernder Auslandsaufenthalt zählt nicht als Hürde für elterliche Absprachen und das Einholen einer zweiten Signatur – sofern es möglich ist, etwa per Brief, Skype oder Facetime Verbindung aufzunehmen.
Selbst wenn ein Elternteil hinter Gittern sitzt, muss das den Austausch nicht komplett blockieren. Könne der Häftling die elterliche Sorge ausüben sowie Unterschriften leisten, und seien Gespräche möglich, müsse der andere Elternteil versuchen, gemeinsame Abreden herbeizuführen, sagt Schmitt.
Sonderregelung in Notfällen
Keine Regel ohne Ausnahme: Bei Gefahr für das Kindeswohl ist ein Elternteil trotz gemeinsamen Sorgerechts auf der sicheren Seite, wenn er in "Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung" alleine unterschreibt. Zum Beispiel wenn das Kind rasch operiert werden muss.
Gemeinsames oder alleiniges Sorgerecht:
Die "Ausübung der elterlichen Sorge" definiert § 1627 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Sind die Eltern verheiratet, haben beide grundsätzlich das gemeinsame Sorgerecht. Bei ehelich geborenen Kindern gilt diese Regelung auch nach einer Trennung oder Scheidung. Dann kann jedoch das gemeinsame Sorgerecht – oder ein Teilbereich –- aufgehoben und einem Elternteil übertragen werden. Mütter ohne Trauschein besitzen automatisch das alleinige Sorgerecht für ihr Kind. Nicht verheiratete Eltern können aber beim Jugendamt eine gemeinsame Sorgerechtserklärung abgeben. Zudem können Väter nicht ehelich geborener Kinder vor dem Familiengericht das Sorgerecht einklagen.