Für diesen Beitrag haben wir alle relevanten Fakten sorgfältig recherchiert. Eine Beeinflussung durch Dritte findet nicht statt.
Zum journalistischen Leitbild von t-online.Burgunder oder Merlot? Welcher Rotwein Lippen und Zähne nicht blau färbt
Blau umrandete Lippen, eine blaue Zunge: Das ist sicher jedem schon einmal passiert, der gerne Rotwein trinkt. Wie können Weinliebhaber dem Effekt vorbeugen?
Der Schock kommt, wenn die Party gerade am schönsten ist. Oder mitten beim Geschäftsessen: Der Blick in den Spiegel offenbart blau umrandete Lippen. Und auch Zunge und Zähne scheinen einem Tintenfass entsprungen.
Verdammt, wer hat mich in einen Clown verwandelt? "Anthocyane heißen die Bösewichte", sagt Ernst Büscher, Sprecher des Deutschen Weininstituts (DWI) in Bodenheim. Das seien Farbstoffe, die in der Haut von Trauben und auch in der Schale von anderen roten Beeren stecken.
"Der bei der Maischegärung entstehende Alkohol wirkt wie ein Lösungsmittel und entzieht die Farbstoffe aus der Beerenhaut", erklärt Büscher. Trifft der rote Wein nun mit seinem sauren pH-Wert auf den neutralen pH-Wert im Mund, verändert sich das Mundklima und die Zähne nehmen eine rot-violett-blaue Farbe an.
Diese Rotweine färben die Lippen blau
Dabei ist Rotwein nicht gleich Rotwein. "Da manche Beerensorten eine dickere Beerenhaut besitzen und damit mehr Farbe mitbringen, haben sie mehr Potenzial zum Blaumachen", sagt Büscher und zählt einige "gefährliche" Weine auf: Lemberger, den Österreicher als Blaufränkisch kennen, Merlot, Dornfelder, Tempranillo, Malbec, Cabernet-Sauvignon oder Sangiovese.
"Wer Wein dieser Trauben liebt, ist dem Effekt aber nicht gnadenlos ausgeliefert", macht Büscher Hoffnung. So würde ein Sprudelwasser zwischendurch die Blaufärbung vermindern. "Die Bläschen der Kohlensäure spülen Zähne und Schleimhäute wieder etwas frei." Auch Essen helfe. Der dadurch angeregte Speichelfluss verdünnt die Farbstoffe und lässt den Verfärbungseffekt geringer ausfallen.
Und Büscher bringt noch einen hilfreichen Entfärber ins Spiel: Weißwein. Die enthaltenen Schwefeldioxide und Fruchtsäuren hätten einen leicht bleichenden Effekt. Genuss-technisch sei Weiß auf Rot aber eine ganz andere Frage.
So vermeiden Sie die Blaufärbung
Auf das Prinzip Vorbeugen setzt Dietmar Oesterreich. "Wer die Blaufärbung vermeiden möchte, sollte eine halbe bis eine Stunde vor dem Rotwein-Genuss ausgiebige Mundhygiene betreiben", sagt der Vizepräsident der Bundeszahnärztekammer. Und zwar das volle Programm samt Zahnseide. "Es ist vor allem die Plaque auf der Zahnoberfläche, welche die Farbe annimmt." Seine Faustregel: Je mehr Beläge auf Zähnen und Schleimhäuten, desto kräftiger die Verfärbung.
Auch mit dem richtigen Jahrgang lässt sich der Blaustich minimieren. Rotwein wird mit zunehmendem Alter heller. "Weil sich die Farbstoffe mit der Zeit untereinander verbinden und sich irgendwann als Depot am Boden absetzen, neigen gereifte Rotweine weniger zum Färben", weiß Weinexperte Büscher. Allerdings müsste der Wein dann schon wenigstens fünf bis zehn Jahre alt sein. Büscher rät außerdem zu "den roten Burgundersorten, wie Spätburgunder, St. Laurent oder Schwarzriesling sowie Württemberger oder auch Portugieser." Sie sind weniger gefährliche Blaufärber.
- Tipps und Tricks: Dinge, die Sie noch nicht über Wein wussten
- Ober- und untergärig: Was ist der Unterschied?
- Bier und Wein: So viel Alkohol trinken die Deutschen im Jahr
Das rät eine Stil-Trainerin
Und was sollten Weintrinker tun, die vom eigenen Spiegelbild im Badezimmerspiegel überrascht wurden? Sich bei der Rückkehr an den Tisch tausendmal entschuldigen? Nur noch mit Hand vor dem Mund reden? Oder sich gleich diskret aus dem Staub machen? "Auf gar keinen Fall", sagt Susanne Helbach-Grosser, Stil-Trainerin aus Schwäbisch Gmünd.
"Wenn ich etwas nicht mehr ändern kann, sollte ich es thematisieren", schlägt die Stil-Expertin die Flucht nach vorne vor. Wenn man wieder an den Tisch zurückkehrt, könne man eine Story daraus machen. Die könnte so gehen: Schaut her, was passiert ist! Das macht der Dornfelder immer mit mir. Das erinnert mich ja so an meine Kindheit, wenn ich mit den Eltern Waldheidelbeeren gesammelt habe... "Ich wette, irgendwer am Tisch wird sich ebenfalls erinnern und sagen: "So war das bei uns auch. Das war immer so witzig"", so Helbach-Grosser.
- Nachrichtenagentur dpa