Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Strombergs Nachschlag So gut kann Grillen sein
In Deutschland ist im Sommer kaum so etwas so beliebt wie Grillen. Unser Kolumnist Holger Stromberg hat Tipps.
Grillen – ein archaisches Erlebnis. Feuer machen, drumherum stehen und staunen. Der Grill ist eine "Küchenwerkbank", die nicht nach jedem Ma(h)l auf Hochglanz poliert werden muss. Der Reinigungsaufwand der modernen Küchen lässt oft unterbewusst viele Menschen zum Smartphone greifen, um beim Lieferdienst zu bestellen.
Der Grill dagegen, beziehungsweise die Outdoor-Küche, ist ein Ort, an dem der Männerdomäne meist noch ungestört gefrönt werden darf. Männer, Feuer, Equipment, das passt. Ach … und Fleisch, versteht sich von selbst. "Nose to tail", also von der Schnauze bis zum Schwanz, heißt das Ziel, das ganze Tier zu essen. Das treibt Grillmatadore Gott sei Dank mittlerweile auch um. Wenn wir ein Tier töten, um es zu essen, sollten wir auch alle Bestandteile nutzen.
Fleisch eignet sich seit der Steinzeit sehr gut zum Grillen
Fleisch eignet sich seit der Steinzeit sehr, sehr gut zum Grillen, um es für uns Menschen ohne Reißzähne wie beim Kochen auch verzehrbar zu machen.
In den vergangenen Jahren ist der Deutsche mit dem vorwiegend amerikanischen Ideal des Grillens zunehmend als Zielgruppe ins Visier der Equipmentausrüster geraten. Mit Erfolg. Was beim Lebensmitteleinkauf eher wieder als zu teuer ins Regal zurückgestellt wird, landet beim Equipmentkauf zielstrebig im Warenkorb und dann im Garten oder auf der noch so kleinsten Terrasse. Status quo: Wir Deutschen sind vorbereitet, getreu dem Motto des Hobbyheimwerkers: "Equipment ist alles!"
Zur Person
Holger Stromberg ist Weltmeister-Koch und Ernährungsexperte. Mit 23 Jahren erhielt er als jüngster Koch Deutschlands den Michelin-Stern. Von 2007 bis 2017 begleitete er im DFB-Betreuerstab die Deutsche Fußballnationalmannschaft als Ernährungscoach und Koch und kehrte 2014 als Koch der Weltmeister aus Rio de Janeiro zurück. Für t-online schreibt er über Genuss – und wie Essen und Trinken nicht nur zum persönlichen Wohlbefinden, sondern auch zur Erhaltung einer lebenswerten Umwelt beitragen.
Und nun: Wie ist es besser?
Und jetzt das: Ernährungsexperten wie ich und mittlerweile Mediziner raten vom überbordenden Fleischkonsum ab. Und selbst die Wurst als stark verarbeitetes Nahrungsmittel landet nach wie vor auf den Grills, soll aber deutlich weniger oft in den Mägen landen. Die mit Pökelsalz noch seltener.
Gemüse als Alternative? Eine Herausforderung! Aber mal ganz ehrlich, Grillen wird eh auch in Deutschland zu Barbecue. Der Begriff stammt vom spanischen Wort "barbacoa" und bezeichnet das Kochen über trockener Hitze, wie beispielsweise über Holzkohle. BBQ bedeutet demnach grenzenlose Vielfalt, und die habe ich persönlich schon Anfang der Neunzigerjahre auf einer Gastro-Tour durch die Weingüter Kaliforniens erleben dürfen.
Meine Empfehlung!
Bei einer Einladung auf ein Weingut wurden die Teilnehmer und ich zum BBQ gebeten. Hammer! Bis heute habe ich diesen Schlüsselmoment in meinem Leben nicht vergessen können. Diese Salate aus gegrillten Gemüsen und Kartoffeln, die Hülsenfrüchte, das Gemüse, der Mais, die Brote, die Zwiebeln vom Grill, Dips und Soßen und, und, und.
Es gab auch gegrillte Lammkeule, die fantastisch geschmeckt hat, aber diese bunten pflanzlichen Geschmacksexplosionen haben mich nicht mehr losgelassen. Ich wollte das auch so können und kaufte mir alle Kochbücher, die unter anderem in den Läden der Weingüter angeboten wurden. Zurück aus den USA, damals als junger Sternekoch in meiner Küche in Castrop-Rauxel, experimentierte ich sofort mit dem Grillen von Gemüsen.
Viele Jahre später und bis heute ist mir ein reich gedecktes Barbecue-Buffet mit vielen Dips, Salaten aus unter anderem gegrillten Gemüsen, Spargel, Zwiebeln, Pizza und Fladenbroten, Käse, lackierter Tempeh und Tofu vom Grill ein kulinarischer Feiertag, und ich möchte dafür begeistern. Bratwurst und Nacken vom Grill mit Senf und Curry-Ketchup ist dagegen eher ein kulinarischer Regentag an der Bushaltestelle, zu der kein Bus kommt. Okay, macht wenig Arbeit, aber sonst ist es ja langweilig.
Obwohl ich eigentlich nicht noch mehr Rezepte in die Welt setzen möchte, hier ausnahmsweise einige, die Lust auf mehr pflanzenbasierte BBQ-Leckereien machen:
Tofu-Bourbon-Hähnchenschaschlik mit Mais-Cashewdip (für vier Personen)
400 Gramm Tofu, 1 Süßkartoffel, 1 rote Paprika und 2 rote Zwiebeln in mundgerechte Stücke schneiden. Kartoffeln 8 Minuten in Salzwasser kochen. Zutaten abwechselnd auf Schaschlikspieße stecken. 100 ml Teriyakisoße mit 2 Esslöffeln Bourbon Whiskey verrühren, und dann Spieße aufspießen. Damit 30 Minuten marinieren und anschließend auf schwacher Hitzezone grillen.
Dann der Dip: 150 Gramm Mais, 3 Esslöffel Cashewkerne, 1 Teelöffel Misopaste und 80 ml Gemüsebrühe pürieren.
Mein Lieblingsgericht vom Grill: Portobello-Focaccia mit Erbsenpesto
Für das Pesto: 300 Gramm Erbsen gekocht und abgeschreckt mit 10 Minzblättern. Eine Chilischote, 4 Esslöffel blanchierte (abgekochte und enthäutete Mandeln), 2 Esslöffel Zitronensaft und 4 Esslöffel Olivenöl pürieren. Mit Salz, Pfeffer würzen.
4 entstielte Portobello-Pilze (große Champignons, werden in den meisten Supermärkten angeboten) mit Olivenöl einpinseln. Mit Salz, Pfeffer würzen. Portobello-Pilze und 4 Portionen Focaccia grillen. Focaccia mit 4 Esslöffeln Mangochutney bestreichen. Mit 2 Handvoll Rucola und 8 Tomatenscheiben belegen. Pesto darübergeben und die Portobellos daraufsetzen.
Nie war Grillen besser!
- Holger Stromberg