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Gewohnheiten ändern: Therapeutin verrät effektive Strategien


Einblicke in die Psyche
Gewohnheiten ändern: Therapeutin Franca Cerutti verrät, wie es klappt


18.03.2025 - 07:20 UhrLesedauer: 5 Min.
Eine neue Morgenroutine etablieren: Das ist gar nicht so leicht.Vergrößern des Bildes
Morgendliche Meditation (Symbolbild): neue Routinen zu etablieren ist nicht leicht. (Quelle: Goodboy Picture Company/getty-images-bilder)
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Gewohnheiten bestimmen unseren Alltag, im Guten wie im Schlechten. Sie zu verändern, ist schwer. Psychotherapeutin Franka Cerutti gibt Tipps und Einblicke in unsere Psyche.

Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Routinen schleichen sich in den Alltag ein und laufen dann nahezu automatisch ab. Die eigenen Gewohnheiten zu ändern – etwa mit dem Rauchen aufzuhören oder sich im Alltag mehr zu bewegen – ist nicht leicht. Die Psychotherapeutin Franca Cerutti verrät, wieso Gewohnheiten so hartnäckig sind und mit welchen Tipps ein Wandel leichter fällt.

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t-online: Frau Cerutti, warum fällt es uns Menschen so schwer, alte Gewohnheiten abzulegen – ob es nun um das Essverhalten geht oder die Abhängigkeit vom Smartphone?

Franca Cerutti: Unsere Gewohnheiten sind in dem Bereich unseres Gehirns verankert, der für automatisierte Abläufe zuständig ist. Routinen sparen Energie, weil wir sie auf "Autopilot" ausführen können. Um eine alte Gewohnheit abzulegen, müssen wir also bewusst gegen diese automatischen Muster angehen. Das braucht Willenskraft und Zeit, denn diese Gewohnheitsmuster ziehen sich durch alle Lebensbereiche, wie etwa bei Ess- und Trinkgewohnheiten. Manchmal haben sich auch Muster gefestigt, die nicht besonders günstig sind. Dennoch fühlen sich gewohnte Handlungen erst einmal bequem und richtig an – nur eine aktive Entscheidung kann hier etwas ändern.

Gibt es denn Gewohnheiten, die sich leichter ändern lassen als andere?

Zum Glück sind nicht alle Verhaltensmuster gleich hartnäckig. Stark "emotional aufgeladene" oder tief eingebettete Gewohnheiten sind meist schwieriger zu ändern. Viel leichter fällt uns eine Veränderung immer dann, wenn wir den neuen Weg positiv erleben. Wir empfinden weniger negative Emotionen und zeigen wenig Widerstand, die Gewohnheit abzulegen.

Was passiert im Gehirn, wenn sich eine neue Gewohnheit entwickelt?

Am Anfang einer neuen Gewohnheit steht der präfrontale Kortex, also der Teil des Frontallappens in der Großhirnrinde, der die bewusste Planung und Entscheidung steuert. Durch wiederholtes Ausführen des neuen Verhaltens bilden sich stärkere neuronale Verknüpfungen. Das neue Verhalten wird allmählich automatisiert und erfordert immer weniger aktive Denkleistung. Dadurch wird es dann irgendwann das neue Normal.

Und wie lange dauert diese Veränderung?

Eine australische Studie ist zu dem Schluss gekommen, dass es im Durchschnitt etwa 66 Tage dauern kann, bis ein neues Verhalten zur Routine wird. Allerdings ist das wirklich nur eine Durchschnittszahl. Wie schnell ein altes Muster neu überschrieben wird, unterscheidet sich je nach Person und Veränderungsmotivation. In der Studie lag die Spanne zwischen 18 und 254 Tagen. Es gibt also keine verlässliche Faustregel. Wichtig ist, dranzubleiben und Rückschläge als Teil des Lernprozesses zu sehen.

Haben Sie konkrete Tipps, um den Prozess zu vereinfachen?

Kleine Schritte sind oft nachhaltiger, weil sie sich besser in den Alltag integrieren lassen. Dadurch sammeln wir häufiger Erfolgserlebnisse und steigern die Motivation. Es kann helfen, sich dafür konkrete Handlungsanweisungen zu überlegen. Als Beispiel: "Wenn ich Lust auf eine Zigarette bekomme, dann trinke ich zuerst ein Glas Wasser." Am besten formuliert man diese Anweisungen positiv. Sich selbst etwas zu verbieten, kann demotivieren.

Welche Rolle spielen äußere Faktoren?

Eine wichtige. Wer Versuchungen eliminiert, reduziert sein Rückfallrisiko. Sind die Benachrichtigungen am Handy ausgeschaltet, ist die Versuchung kleiner, ständig nach dem Smartphone zu greifen. Für einen langfristigen Erfolg sollte man sich außerdem die Konsequenzen bewusst machen. Oft richten wir unser Verhalten auf kurzfristige positive Effekte aus, obwohl es langfristig negative Konsequenzen haben könnte. Derer sollte man sich klar sein.

(Quelle: Franca Cerutti)

Zur Person

Franca Cerutti ist Psychotherapeutin, Autorin und betreibt den Psychologie-Podcast "Psychologie To Go!", der regelmäßig auf Platz 1 der beliebtesten Podcasts für mentale Gesundheit von Apple Podcasts landet. Hier spricht sie wöchentlich über psychologische Themen wie Narzissmus, Eifersucht und Depressionen. Ihr gleichnamiger Bestseller ist 2023 erschienen.

Um eine Gewohnheit abzulegen, ist es wichtig, sich nicht zu viel vorzunehmen. Wer von heute auf morgen alles anders machen möchte, riskiert Überforderung. Möchten Sie beispielsweise mehr pflanzliche Produkte in Ihre Ernährung einbauen, kann es helfen, mit Haferdrink statt Kuhmilch im morgendlichen Kaffee zu starten, anstatt sofort komplett auf eine vegane Ernährung umzusteigen. Automatisierte Verhaltensweisen "verlernen" wir nicht einfach über Nacht. Dafür braucht es Zeit und Geduld – und am besten ein klares Ziel. Ohne ein überzeugendes Motiv fällt eine Umstellung schwer.

Womit muss man dann rechnen?

Fehlt ein Ziel oder sind die neuen Routinen unklar formuliert, scheitern wir leichter. Anstatt zu sagen, "Ich möchte weniger Zucker essen", nimmt man sich besser vor, unter der Woche auf Süßigkeiten zu verzichten. Perfektionismus hilft dabei nicht. Einen Rückfall sollte man nicht als komplettes Scheitern ansehen, denn kleine Rückschritte gehören zum Prozess dazu.

Kleine Rückschritte sind das eine. Worauf kann man aber achten, wenn man einen kompletten Rückfall verhindern will?

Stress und starke Emotionen begünstigen häufig das Rückfallverhalten. Wenn wir unter Druck stehen, fallen wir gern in alte, vertraute Muster zurück, weil das Gehirn weniger Energie für Neues aufwenden will. Deshalb bietet es sich an, nachhaltige Gewohnheitsveränderungen eher in Phasen anzustoßen, in denen unser Leben in einem ruhigeren Fahrwasser läuft. Unter Stress haben wir weniger mentale Ressourcen, um bewusst neue Wege zu gehen. Strategien wie Achtsamkeitsübungen, Meditation oder das bewusste Einplanen von Pausen können helfen, der Stress-Spirale entgegenzuwirken.

Eine Gewohnheit, die besonders in der heutigen Zeit belastet, ist der ständige Griff zum Smartphone. Was würden Sie Menschen raten, die ihre Handynutzung reduzieren möchten?

Es gibt Tracking-Apps, die unsere Bildschirmzeit dokumentieren. Sie können ein Bewusstsein dafür schaffen, wie viel Zeit wir wirklich am Handy verbringen. Wenn man diese Zeit verringern möchte, sollte man Alternativen schaffen. Statt Social Media zur Entspannung zu nutzen, könnte man etwa ein Buch lesen oder einen kurzen Spaziergang machen. Zudem hilft es, handyfreie Zonen – zum Beispiel im Schlafzimmer oder Essbereich – einzurichten, in denen man das Smartphone nicht benutzt. Auch Zeitfenster mit eingeschaltetem "Flugmodus" können dazu dienen, den gewohnten Griff zum Handy abzutrainieren.

Ich empfehle außerdem, einzelne Funktionen des Smartphones zu ersetzen. Wir können uns zum Beispiel von einem Wecker wecken lassen, eine Armbanduhr tragen und einen Fotoapparat benutzen – so nehmen wir das Handy nicht für sämtliche Tätigkeiten in die Hand.

Ein letzter Tipp: Was raten Sie Personen, die ihre Gewohnheiten ändern wollen, aber immer wieder scheitern?

Für nachhaltige Veränderung benötigen wir – neben Motivation – vor allem Geduld und Selbstmitgefühl: Veränderung ist ein Prozess. Jeder kleine Schritt in die gewünschte Richtung zählt. Rückfälle sind normal und kein Zeichen von Versagen, sondern Hinweise darauf, wo man noch Feinjustierungen vornehmen kann.

Wer immer wieder scheitert, sollte sich Unterstützung suchen. Freunde, Familie oder auch eine professionelle Beratung können motivieren und helfen, wenn die eigene Kraft schwindet.

Frau Cerutti, vielen Dank für das Gespräch.

Verwendete Quellen
  • Interview mit Franca Cerutti
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