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Zum journalistischen Leitbild von t-online."Es ist eigentlich eine Schande" "Bares für Rares"-Experte ärgert sich über eigene Expertise
Ein Vater-Tochter-Gespann aus Nordrhein-Westfalen bringt eine massive Rarität zu "Bares für Rares". Während sie sich als wahrer "Lottogewinn" entpuppt, ist Kunstexperte Maier mit sich selbst unzufrieden.
"Oh, Albert, pass auf. Das sieht sehr schwer aus. Ist das eine Bronze?", fragt "Bares für Rares"-Moderator Horst Lichter, als er sieht, wie Kunstexperte Albert Maier eine massive Skulptur genauer unter die Lupe nimmt. "Das ist eine Bronze. Sie ist sehr schwer – in jeder Beziehung", gibt ihm der 72-Jährige recht.
"Ja, ich sehe es: Auch von der Thematik her ist das keine leichte Kost. Das ist Kunst", sinniert Lichter und begrüßt Sven Müller und seine kleine Tochter Annika, die aus Rheinberg kommen und die Bronze zu Barem machen möchten. Doch zunächst möchte Lichter wissen, wie Müller an das Objekt gekommen ist.
"Das habe ich bei einer Haushaltsauflösung gefunden. Ich fand es irgendwie ausdrucksstark. Es hat bei meiner Gattin aber nicht den Anklang gefunden, den ich mir so erhofft hatte", gesteht der Vater aus Nordrhein-Westfalen. "Verstehe ich auf der einen Seite. Das ist wirklich schwere Kunst. Diese Dame leidet", pflichtet ihm der Moderator bei und auch Maier kann diesen Eindruck nur bestätigen.
"Bares für Rares"-Experte ist überfragt
"Diese Dame trägt ein schweres Gewicht auf ihren Schultern. Symbolisch gesagt, sind es wahrscheinlich die Bürden des Ersten Weltkrieges", vermutet der Experte und stellt fest, dass die Bronze in München im Dezember 1922 gefertigt wurde.
"Es gibt auch noch einen Gießereistempel 'JTM'. Das 'M' steht vermutlich für München, wofür das 'JT' steht, kann ich Ihnen leider nicht sagen", gibt Maier zu und möchte wissen, was Müller damals für diese Bronze bezahlt hat. "80 Euro", antwortet er.
"Also ich kann Ihnen sagen: Bis hierher haben Sie alles richtig gemacht. Sehr gut gekauft", freut sich Maier und hebt hervor, dass die Bronze handwerklich sehr gut ausgeführt wurde. "Auf den ersten Blick habe ich gedacht, Sie bringen eine Bronzeskulptur von Käthe Kollwitz mit – aber ich kann hier den Meister nicht erkennen", bedauert der Experte. Das verwundert auch Lichter. "Du weißt nicht, wer es gemacht hat?", fragt er.
"Das ist wie ein Lottogewinn"
"Nein, das weiß man nicht. Es gibt aber so gut wie keine Beschädigungen. Die Bronze ist sehr gut erhalten", sagt Maier. Als es um den Wunschpreis geht, ist Müller ganz pragmatisch. "Alles, was mehr als 80 Euro bringt, wäre schon schön", findet er. Diese Vorstellung kann der Kunstexperte leicht erfüllen. "Künstlerisch, ausdrucksstark, tolle Arbeit. Mindestpreis bei mir wäre 1.000 bis 1.200 Euro", verkündet Maier.
"Das hört sich doch sehr gut an, mein Gott!", ruft Müller aus. Dagegen hadert Maier weiter mit sich. "Diese Skulptur gibt es auf dem Markt. Ich hab die auch schon gesehen, aber ich kann den Künstler nirgends erkennen", ärgert er sich. "Irgendwann, irgendwo, kommt irgendwer und der sagt dir, wer es war", versucht Lichter ihn zu beruhigen.
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Die Freude über den Schätzpreis ist auch bei Müllers Tochter groß. "Da hat Papa ja echt ein Schnäppchen gemacht!", freut sie sich. "Das ist kein Schnäppchen, das ist wie ein Lottogewinn!", korrigiert Lichter sie fröhlich. Nur Maier ist unzufrieden. "Ich ärgere mich, weil ich den Künstler nicht kenne", wiederholt er frustriert.
Zwei Händler überschreiten ihre Schmerzgrenze
Im Händlerraum interessiert dieses Detail auch direkt die Händler. "Ist ein Künstler bekannt, irgendetwas über den Gießer?", möchte Antiquitätenhändler Thorsden Schlößner wissen. "Der Albert sagte, es ist eigentlich eine Schande, aber er konnte es tatsächlich nicht auflösen", antwortet Müller.
"So etwas siehst du ja nicht jeden Tag und deswegen fange ich auch schon mal direkt mit 480 Euro an", sagt Antiquitätenhändler Walter "Waldi" Lehnertz und startet damit das Bietergefecht. Denn auch Kunsthändler Christian Vechtel ist an der Bronze interessiert. Schnell sind sie im vierstelligen Bereich. "Kommen wir klar mit 1.000 Euro?", fragt Lehnertz. Doch Vechtel überbietet ihn um weitere 50 Euro.
"Sag mal, wie bist du denn drauf?", fragt Lehnertz seinen Kollegen ärgerlich. "1.000 war meine Schmerzgrenze – es ist ja auch nicht gerade eine Schönheit. Aber es reizt mich trotzdem: 1.100 Euro. Ich finde, irgendwie hat sie was", sagt der Antiquitätenhändler und sticht damit seinen Kontrahenten aus.
"Ich hatte gerade so ein Gefühl: Ja, jetzt hab ich sie. Aber ich sage Ihnen ganz ehrlich: 1.000 Euro war auch meine Schmerzgrenze. Für 1.100 Euro kann Waldi sie gerne haben, wenn Sie verkaufen möchten", entgegnet Vechtel und gibt sich damit geschlagen. "Ja, das machen wir", sagt Müller und seine Tochter jubelt: "Juhu!"
Beim Bezahlen kann sich Lehnertz einen Seitenhieb gegen Vechtel nicht verkneifen. "Du kriegst sie nicht", stichelt er. Verkäufer Müller freut sich hingegen über das Bietergefecht. "Sensationell, damit hätte ich nun wirklich gar nicht gerechnet. Ich war ja schon bei der Expertise baff, aber dass sie quasi nahezu erreicht wurde, damit hätte ich nun wirklich nicht gerechnet. Sensationell!"
- "Bares für Rares" vom 19. Januar 2022