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Zum journalistischen Leitbild von t-online."Noch nie dagewesene Probleme" Diese Süßigkeiten könnten bald teurer werden
Die Corona-Pandemie hat zu einem Mangel an Rohstoffen und Lieferengpässen geführt. Manche Produkte sind schon Mangelware. Trifft es nun auch die Süßwarenbranche? Müssen Verbraucher mit höheren Preisen für Schokolade und Kekse rechnen?
Material- und Lieferengpässe belasten derzeit den Handel. Seit Monaten sind für den Transport von Waren rund um den Globus deutlich weniger Container verfügbar, wodurch bereits gefertigte Waren nicht sofort verladen und transportiert werden können. Zudem streichen die Reedereien in unregelmäßigen Abständen Fahrten zwischen Asien und Europa, was zu weiteren Verschiebungen führt. Gestiegene Rohstoffpreise bringen den Firmen weitere Probleme.
Auch die Lebensmittelbranche bekommt die Corona-Krise nun vereinzelt zu spüren. Im Bereich Süßwaren können einige Produkte nur in geringeren Mengen produziert werden, für andere müssen Verbraucher künftig wohl tiefer in die Tasche greifen.
Weniger Bounty-Riegel produziert als bestellt
So ist etwa Mars Wrigley, Hersteller von M&Ms, Mars, Snickers und Co., laut eigenen Angaben derzeit von Engpässen in der Versorgung mit Rohstoffen betroffen. Das Unternehmen ist derzeit nicht in der Lage, die bestellten Mengen an Bounty-Schokoladenriegeln zu bedienen. Grund dafür sind "noch nie dagewesene Probleme bei der weltweiten Versorgung mit Rohkokosnüssen", sagt eine Sprecherin von Mars Wrigley t-online.
Es bestehen Produktionsengpässe und Verzögerungen in den Ursprungsländern aufgrund von Taifunen im Erzeugergebiet (Philippinen). Darüber hinaus seien die Frachtkapazitäten eingeschränkt, unter anderem durch die Auswirkungen der Covid-Pandemie und der Blockade des Suez-Kanals im Frühjahr 2021. Das Unternehmen versucht auszugleichen: Es habe seine Lieferantenbasis bereits um 30 Prozent erhöht, die Kapazitäten der Spediteure um 50 Prozent. Gleichzeitig wurden alternative Routen eingeführt, um Unterbrechungen in der Lieferkette abzumildern. "Wir gehen dennoch davon aus, dass diese Einschränkungen für Rohkokosnüsse und darüber hinaus noch einige Zeit anhalten werden."
Beim Süßwarenhersteller Ferrero könne es ebenfalls zu Lieferverzögerungen kommen, heißt es in einem Bericht der "Lebensmittel Zeitung". Dies liege aber auch an einer gestiegenen Nachfrage. Bei der CFP Brands Süßwarenhandelsgesellschaft, die unter anderem Mentos, Ricola und Chupa Chups vertreibt, verschärfe laut dem Bericht der Brexit bei Waren aus Großbritannien die Situation. Eine zeitweilige Einschränkung sei nicht ganz ausgeschlossen, steigende Kosten seien unumgänglich.
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Das Unternehmen Mondelez, das unter anderem die Produkte von Milka vertreibt, gibt ebenfalls an, mit "logistischen Herausforderungen konfrontiert" zu sein, die mit Einschränkungen in der Lieferkette zusammenhängen. "Wir arbeiten jedoch aktiv an Lösungen und denken, dass wir recht gut aufgestellt sind, um die Herausforderungen des Marktes zu meistern", sagt Sprecherin Livia Kolmitz t-online. Man werde die Situation weiterhin genau im Auge behalten, um sicherzustellen, dass ausreichend Produkte für die Kunden bereitgestellt werden.
Gebäck von Lambertz könnte 2022 teurer werden
Bei der Aachener Printen- und Schokoladenfabrik Henry Lambertz gibt es zurzeit keine Engpässe in der Produktion. Das liegt daran, dass die Hauptproduktion für die Herbst- und Weihnachtsgebäcke bereits im Juni begann und seit August abgeschlossen ist, so Unternehmenssprecher Martin Heinen. Man plane langfristig. Rohstoffe, Verpackungsmaterial, Schokolade und Ähnliches seien für die Saison 2021 im Wesentlichen bereits Ende 2020 beziehungsweise im Frühjahr 2021 bereitgestellt worden. "Die diesjährige Saisonware ist entsprechend von den Preissteigerungen der vergangenen Wochen und Monate sowie von partiellen Lieferengpässen nicht betroffen."
Große Probleme gebe es allerdings im Export. "Konkret liegen unsere Produkte in den amerikanischen Häfen und werden nicht entladen beziehungsweise nicht zu den großen Lebensmittelketten geliefert. Hier gibt es Mehrkosten, aber auch das Risiko von Umsatzausfällen."
Für die Saison 2022 müssen Verbraucher laut dem Sprecher auch hierzulande mit höheren Preisen rechnen, bedingt durch die massiven Preissteigerungen in fast allen Bereichen: bei den Rohstoffen, in der Logistik, beim Personal und auch im Bereich Energie. "In welcher Höhe dies stattfinden kann, lässt sich zurzeit noch nicht genau prognostizieren." Die letztendliche Preisgestaltung liege zentral in der Entscheidung und generellen Preispolitik des deutschen Lebensmitteleinzelhandels.
An Preiserhöhungen "führt kein Weg vorbei"
Solche Preissteigerungen sind auch bei Nestlé zu erwarten. "Nestlé ist stabil durch die Corona-Krise gekommen, aber gleichzeitig sind auch die Kosten nahezu aller Rohstoffe corona- und klimabedingt drastisch gestiegen", sagt Sprecherin Isabel Hörnle. So sei etwa der Preis für Kaffeebohnen aufgrund von Dürre- und Frostperioden, aber auch wegen des Lockdowns und Transportkosten um 44 Prozent gestiegen. Sonnenblumenöl habe sich um 55 Prozent verteuert, was an einer reduzierten Ernte 2020 und an einer hohen Nachfrage liege.
"An der Umsetzung von zeitnahen Preiserhöhungen über das gesamte Portfolio hinweg führt kein Weg vorbei", so die Sprecherin.
Supermärkte und Discounter fürchten keine Versorgungslücken
Trotz Einschränkungen und Preissteigerungen – eine Versorgungslücke ist in Deutschland nicht zu befürchten. Das machen auch Supermärkte und Discounter deutlich. "Wir sehen derzeit keine nennenswerten Auswirkungen auf die Versorgungslage in Deutschland", so ein Pressesprecher von Rewe auf Anfrage von t-online. "Mit Beginn der Corona-Pandemie haben wir über sämtliche Stufen hinweg die Warenbestände erhöht, sodass wir etwaige Verzögerungen in der Lieferung kompensieren könnten."
Ähnlich sieht das auch bei Aldi Süd aus. Eine Sprecherin erklärt, dass die Verfügbarkeit von Lebensmitteln generell gewährleistet sei: "Bei etwaigen Lieferengpässen oder erntebedingten Schwankungen weichen wir auf zusätzliche Lieferanten aus. Wir bestellen Waren frühzeitig und lagern diese zum Teil zwischen." Sind trotz aller Bemühungen einmal Waren zwischenzeitlich vergriffen, so handele es sich um eine "vorübergehende Ausnahmesituation".
Bei Aktionsartikeln könne es hingegen zu Terminverschiebungen kommen. "Unter anderem hatten die Blockade im Suez-Kanal sowie die zeitweisen Hafensperrungen in Yantian und Ningbo erhebliche Auswirkungen auf die Infrastruktur des gesamten internationalen Frachtverkehrs. Diese Auswirkungen sind weiterhin spürbar und es ist noch nicht absehbar, wie lange die Situation anhalten wird."
Auch Aldi Nord erklärt, dass es zurzeit zu Verzögerungen bei der Anlieferung einzelner Aktionsartikel aus dem Non-Food-Bereich kommen kann. "Lebensmittel und sogenannte Near-Food-Artikel aus unserem Sortiment sind davon jedoch nicht betroffen", sagt ein Pressesprecher.
In allen Bereichen Alternativartikel zur Auswahl
Gleichermaßen sieht die Lage auch beim Konkurrenten Lidl aus. "Die Verfügbarkeit von Lebensmitteln ist in unseren Filialen gegeben. Sollte ein Artikel kurzfristig nicht erhältlich sein, wird er schnellstmöglich nachgeliefert", sagt eine Sprecherin auf Anfrage. "Bei einzelnen Artikeln unseres Non-Food-Sortiments kommt es wegen des Rückstaus im Seefrachtverkehr weiterhin zu Lieferverzögerungen. Daher haben wir die entsprechenden Werbetermine angepasst."
Kaufland gibt an: "Aufgrund der aktuell schwierigen logistischen Situation am Weltmarkt, sind wir, ebenso wie viele andere Händler, temporär von Lieferengpässen betroffen." Bei Lebensmitteln und Produkten des alltäglichen Bedarfs sei die Warenverfügbarkeit aber sichergestellt. "Da wir unseren Kunden ein sehr großes Sortiment bieten, haben wir in allen Bereichen Alternativartikel zur Auswahl. Zudem sind in unseren großen Logistikzentren immer ausreichend Lagerbestände vorhanden."
- Eigene Recherche
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