Keine Ruten, dafür Tiger Ostern in der Corona-Zeit: So ändern sich Bräuche weltweit
Bestimmte Osterbräuche bleiben in diesem Jahr auf der Strecke, um weitere Ansteckungen zu vermeiden. Dafür stehen Mitgefühl und Hilfe vermehrt im Vordergrund. Auch eine neue Serie sorgt für Begeisterung.
Solche Osterfeiertage gab es noch nie. Die Ostereiersuche bei den Großeltern muss ausfallen. Aber viele Menschen werden trotzdem draußen sein, vermutet ein Spaziergangsforscher. Auch andere Bräuche ändern sich dieses Jahr – und manche Entwicklung macht Hoffnung.
Tschechien: Keine Schläge mit der Lebensrute
Die tschechische Regierung warnt angesichts der Coronavirus-Pandemie vor einem uralten Osterbrauch. Vor allem auf dem Land ist das Schlagen mit der Lebensrute, die auf Tschechisch "pomlazka" heißt, am Ostermontag weit verbreitet. Dabei versetzen junge Burschen den Mädchen mit einer geflochtenen Rute aus Weidenzweigen einen – meist liebevollen – Hieb aufs Hinterteil.
"Das Schlagen mit der Rute sollten die Leute unterlassen, denn es ist gefährlich", sagt Innenminister Jan Hamacek. Es sei zu befürchten, dass man sich dabei mit dem neuartigen Coronavirus anstecken könne. Er kündigt Kontrollen an, warnt aber, dass die Polizei die Einhaltung der Distanzregeln nicht in jedem Dorf kontrollieren könne. Der Brauch war früher auch in Schlesien und Ostpreußen verbreitet.
Unbekannte Stadtteile erkunden
Spaziergangsforscher Bertram Weisshaar rechnet gerade an Ostern mit vollen Spazierwegen in Parks. "Dann ist es reizvoll, mal am Stadtrand oder in unbekannten Stadtgebieten herumzustrolchen", empfiehlt er. "Die Schönheit darf mal zweitrangig sein. Die Neugierde kann uns zeigen, wie die Stadt und die Umgebung wirklich sind", so der Buchautor, der geführte Wanderungen gestaltet.
Der Leipziger Spaziergangsforscher hofft, dass Gehwege auch in der Kommunalpolitik einen größeren Stellenwert bekommen – und sich die Verantwortlichen stärker für größere Parks und breitere Fußwege einsetzen.
Ansprechen statt Polizei rufen
Grillen im Park, Sport in der Gruppe – Polizei und Ordnungsamt erhalten zahlreiche Hinweise auf vermeintliche Verstöße gegen die Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen. Nicht immer halten Menschen sich an die eigenen moralischen Regeln, selbst wenn sie einsehen, dass diese richtig sind, erklärt Stefan Gosepath, Professor für Sozialphilosophie an der Freien Universität Berlin. "Wir brauchen auch immer Unterstützung durch andere, die uns daran erinnern, dass wir hier gerade ein Fehlverhalten zeigen."
Er empfiehlt dennoch, erst das Gespräch zu suchen. "Ich glaube, denjenigen, die ermahnt werden, dass sie sich nicht an die Regeln halten, wird das peinlich genug sein." Und: "Es könnte ja gute Entschuldigungsgründe geben."
Hilfe online anbieten
Facebook hat seine Funktion "Community Help", über die Nutzer des Online-Netzwerks um Hilfe bitten oder anderen ihre Unterstützung anbieten können, in der Coronavirus-Krise auch in Deutschland eingeführt. In der aktuellen Situation gibt es auf der Plattform unter anderem viele Angebote, für ältere Menschen einkaufen zu gehen.
Die Funktion ist über das Coronavirus-Informationszentrum verfügbar, das den Nutzern am oberen Ende der Timeline eingeblendet wird. Zuvor gab es "Community Help" unter anderem in den USA, Großbritannien und Frankreich.
"Eine Revolution des Mitgefühls"
Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Heinrich Bedford-Strohm, hofft darauf, dass die Gesellschaft gestärkt aus der Corona-Krise hervorgehen wird. "Die Menschen sind achtsamer geworden aufeinander, die Menschen helfen sich, die Menschen stehen einander bei", sagte Bedford-Strohm im ZDF-"Morgenmagazin". "Es ist fast so etwas wie eine Revolution des Mitgefühls im Alltag im Moment zu spüren." Vergleichbar sei das nur mit der Situation im Jahr 2015, sagt der Theologe. Damals hatten viele Menschen ankommende Flüchtlinge unterstützt.
Bar verteilt Geld an Mitarbeiter
Um ihren derzeit arbeitslosen Mitarbeitern zu helfen, hat die Besitzerin einer Kneipe im US-Bundesstaat Georgia Geldscheine ablösen lassen, die über Jahre an einer Wand der Bar befestigt waren. Das Geld verteilte Jennifer Knox anschließend an ihre Mitarbeiter.
Dabei sei eine Summe von umgerechnet rund 3.400 Euro zusammengekommen, Gäste hätten dies dann durch Spenden auf etwa 3.700 Euro aufgestockt. Knapp 15 Jahre lang hatten Gäste dort auf Dollarscheine geschrieben und diese an die Wände und Decken geheftet. "Wir saßen dort hinter verschlossenen Türen und ich dachte, oh mein Gott, da ist Geld an den Wänden und wir haben Zeit", sagt sie. Fünf Freiwillige brauchten dreieinhalb Tage, um die Scheine abzumachen.
Kaum Tiere vermittelt
Vielen Tierheimen in Deutschland drohe wegen der Corona-Krise der finanzielle Ruin, sagt der Präsident des Tierschutzbundes, Thomas Schröder. "Es werden zwar weiter Tiere aufgenommen, aber fast keine mehr vermittelt." So stiegen die Kosten bei gleichzeitig sinkenden Spenden.
In vielen Tierheimen fehlten zudem ehrenamtliche Helfer – etwa zum Gassigehen mit Hunden. Das Personal müsse dadurch immer mehr Aufgaben bewältigen, und Kurzarbeit sei in der Tierpflege keine Option. Schröder fordert finanzielle Hilfen für Tierheime und vergleichbare Einrichtungen in Deutschland.
Verrückt nach Tiger King
Innerhalb kürzester Zeit hat sich die Serie "Tiger King: Murder, Mayhem and Madness" über exzentrische Großkatzen-Liebhaber bei Netflix zu einem Riesenhit entwickelt. Laut Branchenangaben soll es eine der derzeit am meisten gestreamten Serien weltweit sein. Der Hype in den sozialen Netzwerken ist enorm.
Den Rahmen der True-Crime-Miniserie bildet die Geschichte, wie Joe Exotic, der Besitzer eines privaten Zoos im US-Bundesstaat Oklahoma, wegen versuchten Mordes vor Gericht landete. Doch jede der sieben Episoden überrascht und lässt die Zuschauer sprachlos auf dem Sofa sitzen – in so manchem Haushalt wohl auch am Osterwochenende.
- Nachrichtenagentur dpa