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Alarm: "Der größte Lehrermangel der letzten 60 Jahre"


Experten schlagen Alarm
"Der größte Lehrermangel der letzten 60 Jahre"

dpa, Jörg Ratzsch

Aktualisiert am 08.09.2019Lesedauer: 3 Min.
Kinder melden sich im Klassenraum: Das neue Schuljahr beginnt, doch die Wiedersehensfreude währt nur kurz.Vergrößern des Bildes
Kinder melden sich im Klassenraum: Das neue Schuljahr beginnt, doch die Wiedersehensfreude währt nur kurz. (Quelle: seb_ra/getty-images-bilder)
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Die Ferien sind vorbei, die Baustellen sind geblieben – von fehlenden Lehrern bis zum bröckelnden Putz in der Turnhalle. Experten sprechen von einer Katastrophe.

Bayern und Baden-Württemberg sind die letzten im Bunde: Am Dienstag und Mittwoch gehen auch im Süden die Sommerferien zu Ende. Dann ist ganz Deutschland wieder im Schulmodus – die großen Themen und Probleme sind im neuen Schuljahr die gleichen wie im alten.

Dauerthema Lehrermangel

Der Geburtenanstieg der vergangenen Jahre und die Zuwanderung haben die Schülerzahlen ansteigen lassen und von den Hochschulen kommen auf absehbare Zeit nicht genügend Absolventen nach, um den Bedarf an Lehrern zu decken, wie Bildungsforscher sagen. Der Präsident des Deutschen Lehrerverbands, Heinz-Peter Meidinger, ist überzeugt: "Wir haben es mit dem größten Lehrermangel der letzten 60 Jahre zu tun." Er schätzt, dass in diesem Schuljahr deutschlandweit 15.000 Stellen nicht besetzt werden können.

Besonders dramatisch ist die Lage an einigen Grundschulen. Die Vorsitzende des Grundschulverbands, Maresi Lassek, warnt vor einer "Katastrophe, wenn sich Bund, Länder und Gemeinden nicht zu einem gemeinsamen Notprogramm aufraffen". Der Verband fordert, dass schnell mehr Lehrer ausgebildet werden und dass denen, die in Teilzeit arbeiten, zum Beispiel jungen Müttern, attraktive Angebote gemacht werden, damit sie mit ihren Stunden wieder hochgehen. Die Bundesländer versuchen den Bedarf im Moment zunehmend mit Quereinsteigern und reaktivierten Pensionären zu decken.

Der Präsident der Kultusministerkonferenz (KMK) und hessische Kultusminister Alexander Lorz (CDU), sagt der Deutschen Presse-Agentur: "Die Lage in den einzelnen Ländern stellt sich nach wie vor aber sehr unterschiedlich dar." Voll ausgebildete Lehrkräfte fehlten nicht überall in gleichem Maße und der Lehrerbedarf unterscheide sich nach Schulformen und Fächern. Weil in den ersten Schulwochen immer noch Stellen nachbesetzt werden, dürfte sich frühestens in den Herbstferien ein klares Bild ergeben.

Schuldigitalisierung im Antragsdschungel

Die ersten Schulen wollen im neuen Schuljahr kräftig in Tablets, Beamer und Smartboards investieren und ihr Schulnetz aufpeppen. Dafür stehen seit Mai diesen Jahres Milliardensummen des Bundes aus dem "Digitalpakt Schule" bereit. Großflächig losgehen mit der Modernisierung wird es aber wahrscheinlich erst im nächsten Schuljahr, schätzt Lehrerpräsident Meidinger. Der Grund: Die Schulen müssen das Geld erst einmal beantragen und dafür schlüssige Konzepte vorlegen. Und das geht erst, wenn die Länder sogenannte Förderrichtlinien erstellt haben – also Regeln dafür, wie und unter welchen Voraussetzungen Geld aus dem Digitalpakt an die Schulen vergeben wird. Diese Richtlinien fehlen in einigen Bundesländern noch. Mancherorts wird es also noch dauern, bis die Kreidetafel Konkurrenz vom Smartboard bekommt.

Die Nase vorn bei dem Thema hat offensichtlich Sachsen, dort ist nach Kenntnis der KMK am 8. August 2019 der erste Bewilligungsbescheid in Höhe von 3,6 Millionen Euro an den Landkreis Zwickau übergeben worden.

Bröckelnder Putz, marode Turnhallen, kaputte Schulklos

Auch das ist ein Dauerthema: Die aktuellste Befragung der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) unter den Kommunen – das KfW-Kommunalpanel – hatte im Juni gezeigt, dass der Investitionsrückstand bei den Schulen bundesweit im vergangenen Jahr bei 42,8 Milliarden Euro lag. Viele Gebäude stammten aus den 1970er-Jahren und seien sanierungsbedürftig. Lehrerpräsident Meidinger bestätigt teils schlimme Zustände: "Natürlich gibt es die Schulen, wo tatsächlich der Putz bröckelt." Eine moderne technische Ausstattung nütze nichts, "wenn's hinter dem PC schimmelt".

Vor zwei Jahren hatte die damalige große Koalition ein Programm für Schulsanierungen aufgelegt: 3,5 Milliarden Euro für Schulgebäude in finanzschwachen Kommunen. Rund ein Drittel dieser Gelder ist nach letztem Informationsstand noch gar nicht abgerufen. Das Bundesfinanzministerium hatte nach Rückmeldungen aus den Ländern mitgeteilt, dass 2,4 der 3,5 Milliarden Euro beantragt, bewilligt oder verbaut wurden (Stand 31. März 2019).


Endgültig bei den Schulen angekommen seien nur 70 Millionen Euro, hatte die "Bild am Sonntag" im August unter Berufung auf die zuständigen Ministerien der Länder berichtet. Laut KfW-Kommunalpanel liegt das am anhaltenden Bauboom – Handwerks- und Baufirmen kommen mit den Aufträgen kaum noch hinterher – und auch an fehlendem Personal in den Kommunalverwaltungen, was die Auftragsvergabe verlangsamt.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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