Mehr als 150 Journalistinnen und Journalisten berichten rund um die Uhr für Sie über das Geschehen in Deutschland und der Welt.
Zum journalistischen Leitbild von t-online.Foodwatch klagt an Verein wirft Dr. Oetker Verwendung von krebsverdächtigem Stoff vor
Die Verbraucherorganisation Foodwatch will in vier Produkten des Lebensmittelherstellers Stoffe gefunden haben, die potenziell krebserregend sind. In Frankreich ist der Aufheller ab 2020 verboten.
Ein krebsverdächtiger Stoff in Backmischungen: Das will Foodwatch in vier Produkten von Dr. Oetker nachgewiesen haben. Die Verbraucherorganisation ließ folgende vier Produkte auf Nano-Titandioxid überprüfen:
- Backmischung Streuselkuchen
- Lustige Zuckeraugen
- Fix & Fertig Zuckerguss Classic
- Dekor Kreation Rosa Mix
In allen vier Proben fand das beauftragte Labor Titandioxid. Zwischen 22 und 100 Prozent des Stoffes waren in den Produkten als Nanopartikel enthalten. Foodwatch argumentiert, dass es medizinische Studien gibt, die nahelegen, dass Nano-Titandioxid aufgrund seiner geringen Größe körperliche Schutzbarrieren durchdringen und Krebs auslösen könnte.
Foodwatch ruft in einer Petition Dr. Oetker dazu auf, auf Titandioxid in seinen Produkten zu verzichten. Laut Informationen der Verbraucherorganisation enthalten 15 weitere Produkte von Dr. Oetker Titandioxid:
- Prinzessin Lillifee Juwelen
- Dekorierset Meerjungfrau
- Fix und fertig Zuckgerguss weiss
- Viermal Gebäck Schmuck bunter Mix
- Streudekor Rosègold
- Zuckerschrift mit Schokoladengeschmack
- Dekor Sterne fünf Farben
- Zuckerschrift weiß
- Dekor Sterne mit Glitzer
- Glitzerschrift Gold
- Glitzerschrift Silber
- Glitzerschrift Rosègold
- Lebkuchenherz Set
- Perlen Mix Streudekor
- Glamour Mix Streudekor
Titandioxid ist in Frankreich verboten – zumindest für einen bestimmten Zeitraum. Im April 2019 hat das französische Umwelt- und Wirtschaftsministerium angekündigt, Lebensmittel, die Titandioxid enthalten, zwischen 1. Januar 2020 und 31. Dezember 2020 nicht zuzulassen, um gesundheitliche Folgen des Stoffes zu untersuchen.
Deutsche Behörden fordern mehr Forschung
Die European Chemicals Agency (ECHA) warnte bereits 2017 davor, dass Titandioxid krebserregend sein könnte – wenn der Stoff über die Atemwege aufgenommen wird. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) argumentiert hingegen, dass es noch nicht ausreichend Daten gibt, die auf eine Gesundheitsgefahr durch eine orale Aufnahme hinweisen. Die Behörde fordert deshalb mehr Forschung – vor allem, was den Einfluss von Titandioxid auf die Fortpflanzungsfähigkeit betrifft.
Auch das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) weist auf seiner Website darauf hin, dass der Stoff in Zukunft noch stärker untersucht werden müsse.
- "Goldener Windbeutel": Das ist die dreisteste Werbelüge des Jahres
- Geheime Kontrollberichte: Schimmel und Kakerlaken in Autobahnrestaurant
- Früherkennung: An Darmkrebs sterben jährlich über 25.000 Patienten
Wofür Titandioxid eingesetzt wird
Titandioxid ist ein Weißpigment und wird Lebensmitteln zugesetzt, um sie aufzuhellen. Unter der Bezeichnung E171 findet sich der Stoff deshalb etwa in dragierten Süßigkeiten, Desserts und Fertiggerichten. Doch auch in Kosmetikartikeln wie Sonnencreme und Zahnpasta ist der Stoff enthalten – dann jedoch unter dem Namen CI 77891.
Gegenüber Foodwatch sagt Dr. Oetker: "Für alle Dr. Oetker Produkte, die den Farbstoff Titandioxid derzeit noch enthalten, können wir Ihnen versichern, dass die Größe des verwendeten Titandioxids oberhalb der Nanogrenze liegt." Da das Unternehmen den Stoff aber nicht selbst herstelle, müsse sich Dr. Oetker auf Angaben von Vorlieferanten verlassen.
Bis zur Veröffentlichung dieses Artikels hat Dr. Oetker nicht auf eine Anfrage von t-online.de zur Verwendung von Titandioxid in seinen Produkten reagiert.
Nachtrag 29. August, 15:14: Dr. Oetker hat auf die Anfrage von t-online.de geantwortet. "Dr. Oetker hat nur wenige Produkte im Markt, die Titandioxid enthalten. Der Farbstoff wird eingesetzt, um Lebensmitteln eine reinweiße Farbe bzw. einen glitzernden Effekt zu verleihen. All unsere Lieferanten haben uns bestätigt, dass das verwendete Titandioxid keine Nanopartikel aufweist.", schreibt eine Sprecherin des Unternehmens. "Zudem verfolgen wir die wissenschaftliche Debatte um den Einsatz des Farbstoffes E171, Titandioxid, sehr aufmerksam und sind uns der öffentlichen Diskussion um die Substanz bewusst." Das Unternehmen arbeite an Alternativen zu Titandioxid bis Ende des ersten Quartals 2020.