Mehr Geld und mehr Stunden Flugbegleiter bei Ryanair erhalten erstmals Tarifvertrag
Nach monatelangen Verhandlungen haben sich ver.di und Ryanair auf einen Tarifvertrag für das Kabinenpersonal geeinigt. Dies ist allerdings nur ein Etappensieg – andere Konflikte bei der Airline sind längst nicht gelöst.
Beim Billigflieger Ryanair ist der erste Tarifvertrag für deutsche Beschäftigte unter Dach und Fach. Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di berichtet vom Tarifabschluss mit der irischen Gesellschaft für die rund 1.100 Flugbegleiter an den deutschen Basen der Fluggesellschaft.
Vereinbart wurden unter anderem ein 600 Euro höheres Monatsgrundgehalt, weitere monatliche Entgeltsteigerungen um bis zu 250 Euro und Sozialplanregeln. Im Falle von Stationsschließungen oder der Verlegung einzelner Flugzeuge seien erstmals in Europa Abfindungsregeln vereinbart worden. Auch werde den Beschäftigten eine jährliche Mindestzahl von 600 Stunden im Flugzeug garantiert. Der Vertrag gelte rückwirkend von November 2018 bis Ende März 2021. Ryanair äußerte sich zunächst nicht zu dem nun abgeschlossenen Tarifvertrag.
Verbesserte Arbeitsbedingungen für das Flugpersonal
Erstmals werde für die Beschäftigten deutsches Arbeits- und Sozialrecht angewendet, sagt ver.di-Vorstandsmitglied Christine Behle und spricht von einem "großen Etappensieg". Die Beschäftigten fielen nun unter den deutschen Kündigungsschutz und erhielten unter anderem Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. "Mit diesem Gesamtpaket konnten wir die extrem prekären Arbeitsbedingungen stoppen", sagt Behle. Die erreichten Regelungen gelten ver.di zufolge auch für die rund 700 Leiharbeitnehmer in der Ryanair-Kabine.
Dem Vertrag war nach einigen Streiks eine Einigung über Eckpunkte vorausgegangen, der die ver.di-Mitglieder mit großer Mehrheit zugestimmt hatten. Auch die Piloten von der Vereinigung Cockpit haben sich mit Ryanair bereits auf Eckpunkte geeinigt, unter anderem über höhere Fixgehälter. Von einem Abschluss hat die Gewerkschaft bislang aber noch nicht berichtet.
ver.di kritisiert die weiterhin ablehnende Haltung der Airline gegen einen Betriebsrat, dessen Gründung die Bundesregierung gerade erleichtert hatte. Ryanair versuche erneut, sich der Verantwortung zu entziehen, meint Behle. Das Unternehmen habe argumentiert, in Deutschland gar keinen eigenständigen Betrieb zu haben. Das sei für ver.di nicht akzeptabel.
Ryanair muss Verluste einstecken
Ryanair fliegt mehr als 200 Flughäfen in 37 Ländern in Europa und Nordafrika an. Das Unternehmen beschäftigt nach eigenen Angaben mehr als 14.000 Menschen – und steckt in einem tiefgreifenden Wandel, seit sich Piloten und Flugbegleiter zunehmend in Gewerkschaften organisiert und europaweit vernetzt haben. In mehreren Ländern hat sich das Unternehmen inzwischen mit Gewerkschaften geeinigt.
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Im laufenden Geschäftsjahr (bis Ende März 2019) rechnet Ryanair allerdings mit dem ersten Gewinnrückgang seit fünf Jahren. Erst im Januar strich Airline-Chef Michael O'Leary wegen eines Verfalls der Ticketpreise im Winter seine Gewinnprognose von 1,1 bis 1,2 Milliarden auf 1,0 bis 1,1 Milliarden Euro zusammen. Von der Summe gehen allerdings noch die Verluste der österreichischen Ryanair-Tochter Laudamotion ab, die sich nach der jüngsten Prognose auf etwa 140 Millionen Euro belaufen dürften.
- Nachrichtenagentur dpa