Aktiv- & Skiurlaub Expedition zum Nanga Parbat bricht auf: Deutscher wagt gefährliche Winterbesteigung
Er wäre der erste Deutsche, der einen Achttausender im Winter besteigt: David Göttler bricht zum Nanga Parbat in Pakistan auf, um sich seiner bisher größten Herausforderung zu stellen. 17 Expeditionen haben das bislang versucht, keine erreichte den Gipfel. Sehen und erfahren Sie mehr auch in unserer Foto-Show zur Winterexpedition auf den Nanga Parbat.
Wenn Simone Moro bei David Göttler anruft
Eigentlich hatte Bergführer David Göttler für diesen Winter ein paar Skitouren in den Alpen geplant, vielleicht noch den einen oder anderen Eiskletter-Ausflug. Doch als im November der italienische Top-Bergsteiger Simone Moro anrief und fragte, ob er stattdessen auf den Nanga Parbat kraxeln wolle, den neunthöchsten Berg der Erde, zögerte der 35-Jährige aus Starnberg nicht lange mit seiner Zusage.
Am Freitag (20. Dezember) reisen die beiden zusammen mit dem Kameramann Emilio Previtali nach Pakistan, um sich einer der letzten großen Herausforderungen des Achttausender-Bergsteigens zu stellen. Denn nur zwei der 14 höchsten Berge der Erde sind im Winter noch unbestiegen: der K2 (8611 Meter) und der Nanga Parbat (8125 Meter). Beide gelten schon in der Klettersaison im Sommer als enorm gefährlich und anspruchsvoll.
Am Nanga Parbat ist noch jede Winterbesteigung gescheitert
17 Winterexpeditionen sind bislang am Nanga Parbat gescheitert, nur zwei von ihnen schafften es bis über 7000 Meter, auf den Gipfel kam niemand. Auch Moro musste im vergangenen Jahr einen Versuch abbrechen. "Unsere Chancen liegen realistisch bei 15 bis 20 Prozent", sagt David Göttler. Eine Schlüsselrolle spiele das Wetterglück, denn im Winter sind die Bedingungen selten länger als drei bis vier Tage gut.
Um dann auf den Punkt fit zu sein, bereitete sich Göttler in den vergangenen Wochen intensiv vor. "Ich habe Bergläufe gemacht und so viel Konditionstraining wie noch nie - aber die Kälte kann man nicht trainieren." Vor einigen Jahren bot er sich Moro als Mitstreiter an, falls der einmal eine Wintertour zum Nanga Parbat plane. Nun darf er tatsächlich mit zu dem Koloss, der als "Schicksalsberg der Deutschen" bekannt wurde.
Rund acht Wochen werden die drei Bergsteiger Temperaturen von bis zu minus 40 Grad ausgesetzt sein, dazu kommen zeitweise starke Winde. Das ist körperlich und mental eine Zerreißprobe: "Im Sommer kann man sich im Basecamp auch mal zwei Stunden in die Sonne setzen und Wärme tanken, das geht diesmal nicht", sagt Göttler. "Außerdem ist die Ausgesetztheit und Einsamkeit im Winter größer."
Beide Bergsteiger mit traumatischen Erlebnissen in Nepal
Göttler hat bislang vier Achttausender bestiegen. Zu einem traumatischen Erlebnis wurde im Herbst 2010 eine Besteigung der Ama Dablam in Nepal. An einem Grat geriet er mit seinem Kletterpartner Kazuya Hiraide in enorme Schneemassen, sie konnten weder vor noch zurück. Göttler setzte einen Notruf ab und wurde aus 6300 Meter Höhe von einem Rettungshubschrauber abgeholt. Als der erneut aufstieg, um Hiraide zu holen, berührte einer der Rotoren den Grat. Der Helikopter stürzte 1400 Meter in die Tiefe, beide Piloten kamen ums Leben. Hiraide konnte am nächsten Morgen von einem Ersatzflieger gerettet werden. Der Unfall beschäftigt Göttler bis heute, regelmäßig hat er Kontakt mit den Familien der Opfer. "Leider kann ich das nicht mehr ungeschehen machen", sagt er.
Mit Simone Moro hat er nun einen Expeditionspartner, der als bester Mann gilt, was Wintertouren in Himalaja und Karakorum angeht. Dem Italiener gelangen drei Winter-Erstbesteigungen von Achttausendern (Shisha Pangma, Makalu, Gasherbrum II), er gilt als extrem leidensfähig. Und als zuweilen aufbrausender Natur, nicht erst seit dem Zwischenfall am Mount Everest im Frühjahr, als es zu einer Schlägerei mit Sherpas kam.
Göttler und Moro beide für hitziges Temperament bekannt
Auch Göttler hat einmal in einem Interview über sich gesagt, er könne "richtig cholerisch" werden, wenn es am Berg nicht so klappt, wie er sich das vorstellt. Sind da Streitigkeiten programmiert? "Ich glaube, wir sind beide nicht nachtragend", sagt Göttler, der noch nie mit Moro unterwegs war, ihn aber von zahlreichen Begegnungen in Basecamps kennt. "Man muss am Berg versuchen, nicht persönlich zu werden, nachher lacht man über solche Dinge."
Auf vielen Expeditionen hat Göttler Erfahrungen als Kameramann gesammelt. Auch diesmal wird es seine Aufgabe sein, zusammen mit dem Italiener Emilio Previtali, den Besteigungsversuch in Bildern festzuhalten. Vorbild könnte der Kurzfilm "Cold" von Moros Gasherbrum-Besteigung sein, der in der Bergsteigerszene Furore machte. Unter anderem auch deswegen, weil er schonungslos die Todesangst des Kameramannes Cory Richards zeigt, nachdem er soeben fast von einer Lawine getötet worden wäre. "Den Film werde ich mir ab jetzt nicht jeden Abend anschauen, das wäre wohl keine gute Motivation", sagt Göttler.