Aktiv- & Skiurlaub Eiszapft’is: Einführung ins Eisklettern
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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Kein Sport für Sonnenanbeter, Wasserscheue und Verfrorene: Eiskletterer findet man in schattigen Schluchten und feuchten Gletscherspalten. Eisklettern ist gefährlich, aber faszinierend: Die extrem schnell wechselnden Bedingungen im Natureis von Wasserfällen oder an Gletschern machen den Sport spannend und abwechslungsreich. „Eisklettern wird mir nie langweilig werden“, sagt die vierfache Weltmeisterin Ines Papert. Wir zeigen Ihnen den Einstieg - auch in unserer Foto-Show: Faszination Eisklettern.
Eisklettern: Was bedeutet das überhaupt?
Eisklettern als Disziplin ist eine neuzeitliche Idee. Das Überwinden von Eispassagen war früher für die Bergsteiger ein notwendiges Übel auf dem Weg zu vielen Gipfeln. Heute machen verbessertes Material und Infrastruktur das Eisklettern zu einer eigenen Sportart.
Der Begriff „Eisklettern“ umfasst mehrere Spielarten des Kletterns mit Eisgeräten und Steigeisen. Vom klassischen Eisklettern an Eisformationen, an Flüssen/Wasserfällen, Gletschern oder künstlichen Eistürmen - auch in der Speed-Variante - über das „mixed“-Klettern zwischen Fels und Eis oder das „Dry-Tooling“, das Klettern mit Eisgeräten am Fels: der junge Sport bietet eine große Bandbreite. Für Adrenalin-Junkies ist das instabile Element genau das Richtige.
Eisklettern ist nichts für Anfänger
Wenn sie mit dem Gedanken spielen, sich auch einmal mit Eisäxten, Schrauben und Steigeisen zu bewaffnen, sollten sie allerdings alle Sicherungs- und Klettertechniken bereits im Schlaf beherrschen. Eisklettern ist nichts für absolute Kletteranfänger. Den Einstieg erleichtern Bergschulen und -führer sowie einige größere Sektionen des DAV: Hier werden sowohl Anfängerkurse als auch Aufbauseminare für Fortgeschrittene angeboten.
Die besten Gebiete zum Eisklettern in den Alpen
Beliebte Eiskletter-Gebiete liegen zum Beispiel rund um Berchtesgaden und den Watzmann – der Heimat der deutschen Eis-Queen Ines Papert. Eine weltweit einzigartige Kulisse bietet die „Eisarena“ im österreichischen Pitztal, wo fast 30 gefrorene Wasserfälle auf fast 3000 Metern Höhe in die Tiefe stürzen. Hier ist für jeden Schwierigkeitsgrad etwas dabei. Das Eiskletter-Zentrum der europäischen Alpen ist das Schweizer Örtchen Kandersteg, wo jedes Jahr im Januar ein dreitägiges Eiskletterfestival stattfindet. Dieses Jahr feierten dort über 100 Spitzenathleten und 600 Zuschauer ihren Sport.
Welche Ausrüstung wird zum Eisklettern benötigt?
Der Eiskletterer an sich braucht eine Menge „Eisenwaren“: Eisgeräte (speziell geformte, sehr leichte Eispickel mit kürzerem, gebogenen Schaft), Steigeisen beziehungsweise für das Speedklettern spezielle Schuhe, Eisschrauben, Expressschlingen, Karabiner und auch Klemmkeile für die Felspassagen. Spezielle Eisklettergurte bieten Iceclipper-Aufnahmen und Platz für die Sicherungsausrüstung.
Ein Helm ist ebenso unerlässlich wie robuste Handschuhe (eventuell auch wasserdichte), die genug Fingerspitzengefühl für die Sicherung bieten. Wasserdichte Bekleidung oder funktionelle Softshelljacken und Hosen mit sehr hoher Bewegungsfreiheit gehören ebenfalls zur Grundausstattung. So ausgerüstet, steht dem eisigen Vergnügen grundsätzlich nichts mehr im Wege – professionelle Anleitung vorausgesetzt.
Dabei sollte die Gefährlichkeit des Sports in keinem Fall unterschätzt werden. Auch erfahrene Eiskletterer werden Opfer von kollabierenden Eisfällen, -höhlen oder abgehenden Lawinen. Auch die beim Felsklettern gelernten Zwischensicherungen sind im Eis je nach Luftfeuchtigkeit und Temperatur mehr oder weniger zuverlässig. Irgendwann (im Jahr) kollabiert jedes Eis, und die eingedrehten Eisschrauben erwärmen sich unter der Belastung. Riesige Eiszapfen wiegen etliche Tonnen und können den Kletterern zum Verhängnis werden. Die tödlichen Unfälle von sehr erfahrenen Top-Athleten wie Harald Berger, Guy Lacelle oder Pau Escalé sprechen eine deutliche Sprache.
Ei(n)s obendrauf – Eisklettern in der Tiefe
Wem selbst die Kraxeleien an künstlich vereisten Klettertürmen oder gefrorenen Wasserfällen nicht genügend Thrill bieten, dem ist eine Reise nach Grönland zu empfehlen. Dort „oben“, hoch im Norden, warten im Herbst unterirdisch eisige Parallelwelten, die paradiesische Spielplätze für Eiskletterer beheimaten: Ab etwa Ende August, wenn die Schmelzwasserströme durch die Gletscherzungen langsam versiegen, lassen sich lange Tunnel und Schächte im Eis betreten, die das abfließende Wasser ausgewaschen hat. Eisige Grotten, ja ganze Hallen, tun sich dort unten auf und je weiter man hinabsteigt, desto weiter bewegt man sich in der Geschichte unseres Planeten zurück.
Glasklare Eisschichten zeugen vom immensen Druck, der auf den über Jahrhunderte alten Schichten lastet – und sehr stabile Eisverhältnisse für Eiskletterer verspricht. Der tiefste bislang von einem Eiskletterer erreichte Punkt liegt im Übrigen bei 203 Metern unter der Oberfläche. Und wenn man unter hunderten Tonnen von Eis steht – die Geräusche des sich bewegenden Gletschers über und um einen herum – erkennt man, wie klein und hilflos man der Macht der Natur gegenübersteht. Das verdeutlicht das reale Risiko dieser Eiskletter-Spielart unmissverständlich!
Weitere Informationen:
Eiskletterkurse:
http://www.alpinewelten.com/alpenwinter/eisklettern/eiskletterkurs-einsteiger.php
Eisklettern beim Deutschen Alpenverein:
http://www.davplus.de/home/kletter/eisklettern
Eiskletter-Literatur:
http://www.panico.de/de/panico_buecher/lehrbuecher/eisklettern.php