Kinofilm "Eltern" "Am Ende übernehmen wieder die Frauen die Verantwortung"
Kommt ein Kind auf die Welt, haben viele Eltern große Vorsätze. Beide wollen sich kümmern und partnerschaftlich Aufgaben übernehmen. Und tatsächlich geht inzwischen jeder vierte Vater in Deutschland in Elternzeit. Aber übernehmen damit Mütter und Väter wirklich in gleichem Maße Verantwortung für Familie und Kindererziehung? Filmregisseur Robert Thalheim hat Zweifel: Nach und nach schleiche sich in vielen Familien die traditionelle Rollenteilung ein, glaubt er. "Dem neuen Vätergerede und Elternzeitgehabe zum Trotz kippt der Trend doch wieder ins Konservative", sagt er im Interview anlässlich des Starts seines Kinofilms "Eltern".
Frage: Wie kam es, dass Sie sich filmisch mit dem Thema Kinder und Familie auseinandergesetzt haben?
Thalheim: Es hatte schon was damit zu tun, dass ich selber Vater geworden bin und in meinem Umfeld bei immer mehr Leuten Familie Thema wurde. Ich habe mich gefragt, kann man etwas erzählen übers Elternsein. Ich habe mich damit beschäftigt, wie geht das weiter.
Frage: Sie haben dafür die gängigen Verhältnisse umgedreht. Die Mutter macht Karriere, der Vater bleibt zu Hause. Das ist in Deutschland immer noch eher selten. Warum haben Sie sich dafür entschieden?
Thalheim: Ich habe es nicht umgedreht, um zu sagen, die Männer werden die neuen weichen Frauen und die Frauen die harten Väter. Es gibt zwar einige Beispiele. Aber dem neuen Vätergerede und Elternzeitgehabe zum Trotz kippt der Trend doch wieder ins Konservative. Am Ende sind es doch wieder die Frauen, die eher die Verantwortung zu Hause übernehmen. Man macht Elternzeit, aber die Elternzeit des Vaters ist dann auch schon wieder etwas besonderes. Da fährt man dann nach Thailand und macht einen Hype darum. Oder er schreibt noch ein Buch darüber oder entwickelt einen Film, so wie ich. Wenn es hart auf hart kommt, wenn die wichtigen Karrierejahre Ende 30 anstehen, machen die wichtigen Karriereschritte dann doch häufig wieder die Jungs. Für die Frauen ist es dann sehr schwer, auf dem gleichen Level zurückzukehren. Ich wollte diese Situation augenfälliger machen, indem ich alles umdrehe.
Frage: Viele Eltern haben enorm hohe Ansprüche - im Beruf, aber auch privat. Wie bekommt man das als Paar alles unter einen Hut?
Thalheim: Man muss sich eingestehen, dass es schwer ist. Dass wir nicht alles auf einmal haben können. Wir können nicht beide zur gleichen Zeit absolut top im Beruf stehen, die sensibelsten Eltern sein und dann noch eine aufregende Beziehung führen. Das geht nicht alles gleichzeitig. Man muss alles immer wieder offen aushandeln und sich von diesem Anspruch nicht kaputt machen lassen. Natürlich muss man das ernst nehmen und auf der anderen Seite auch vertrauen. Die Kinder werden auch so groß. Sie haben eine eigene Kraft, auch wenn wir nicht hundert Prozent immer für sie da sind.
Frage: Welche Rolle spielt Familie heute in unserer Gesellschaft?
Thalheim: Der Blick ist wieder mehr auf diese Kleingruppe gerichtet. Die Familie steht mehr im Zentrum, als vor 20 oder 30 Jahren, als man alles durchbrechen wollte. Damals war die Selbstverwirklichung das Maß der Dinge und es galt fast als Schwächezeichen, wenn man mit Familie kam. Heute ist das anders. Das dritte Kind ist das neue zweite, sagen alle in meinem Umfeld. Die kriegen alle dritte oder vierte Kinder. Die Generation, die zehn Jahre älter ist, hat ja teilweise gar keine Kinder oder nur eins.
Der Film "Eltern" von Robert Thalheim mit Christiane Paul und Charly Hübner kommt am 14. November 2013 in die Kinos.