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Aktenzeichen XY Spezial: entführt, gestohlen, getötet - wo ist mein Kind?


Aktenzeichen XY Spezial
Entführt, verschleppt, getötet - wo ist mein Kind?

t-online, mmh

Aktualisiert am 06.06.2013Lesedauer: 6 Min.
Seit 31 Jahren ist Katrice Lee (damals zwei Jahre) verschwunden - ein einziger Moment veränderte das Leben der Familie.Vergrößern des Bildes
Seit 31 Jahren ist Katrice Lee (damals zwei Jahre) verschwunden - ein einziger Moment veränderte das Leben der Familie. (Quelle: ZDF)

Spurlos verschwundene Kinder und vermisste junge Leute - das war das Thema der gestrigen Spezial-Ausgabe des ZDF-Magazins "Aktenzeichen XY ... ungelöst". In der bewegenden Sendung "Wo ist mein Kind?" ging es auch um Kindesentzug. Studiogast war die Schauspielerin Christine Kaufmann (68). Die Schauspielerin erzählte von ihren eigenen Erfahrungen, als sie jahrelang von ihren Kindern getrennt war.

"Als ich sie an der Supermarktkasse auf den Boden setze, dachte ich, es wäre nur für ein paar Sekunden, aber es war für immer", so schildert Katrices Mutter den Moment, der vor 31 Jahren ihr Leben komplett veränderte. Weg - verschwunden, wie vom Erdboden verschluckt. Ertrunken, entführt, ermordet? Katrices Eltern sind überzeugt, dass sie lebt und in ihren Herzen ist ihr kleiner Lockenkopf immer noch eine Zweijährige.

Vermisste Kinder: Entführt, gestohlen, getötet

Der Fall wurde von der britischen und der deutschen Kriminalpolizei wieder aufgenommen. Die Briten sind involviert, da Katrices Vater als britischer Soldat in Paderborn stationiert war. Im Fokus der Ermittlungen sind unter anderen Pädophile und kinderlose Paare, die das Kind gestohlen und als ihr eigenes aufgezogen haben könnten.

Rund 2000 Kinder gelten in Deutschland als vermisst. "Aktenzeichen XY" widmet sich diesen Fällen seit einigen Jahren in Spezialsendungen "Wo ist mein Kind". Es sind prominente Fälle wie Natascha Kampusch, Al Bano und Romina Power oder ganz normale Familien wie die von Kim und Katrice.

In dieser Sendung gab Schauspielerin Christine Kauffmann den Betroffenen ihre Stimme. Ihre beiden Töchter aus der gescheiterten Ehe mit Filmstar Tony Curtis, Allegra und Alexandra , wurden von ihrem Vater entführt, von einem Urlaub 1972 ließ sie der Vater nicht mehr zurück. "Es ist eine Wunde, mit der man zu leben lernt", sagte der Filmstar über die Zeit zwischen 1972 und 1982. Zuvor pendelten die Kinder zwischen den Eltern, zwischen Deutschland und den USA. Die Mutter durfte ihre Töchter jeden Sommer sehen. Ein typischer Fall von Kindesentziehung durch einen Elternteil.

Es gibt Gefühle, die sie sich abgewöhnt hat, schildert Christine Kaufmann, "Sehnsucht". "Man darf die unsichtbaren Bande, die Liebe nicht abreißen lassen." Sie macht den anderen Betroffenen Mut - und schenkt Moderator Rudi Cerne ein reizendes Dankeschön: "Sie machen das sehr gut mit diesen heiklen Themen".

Aktueller "Fall Maria Henselmann"

Die 13jährige Maria Henselmann aus Freiburg - durchgebrannt aus Liebe oder entführt von einem wesentlich älteren Mann, einer Internet-Bekanntschaft. Ihr Fall beherrschte vor wenigen Wochen die Medien. Auch sie wird mit Hochdruck gesucht. Nachdrücklich weist Rudi Cerne auf die Gefahr hin, in der das Kind schwebt. Ihre Mutter appelliert eindringlich an ihren Peiniger, ihr Kind zurückzubringen.

Bewegender Appell der Mutter an die Tochter

Ihre Mutter richtete per Video einen bewegenden Appell an ihre Tochter: "Maria, sollte das noch immer freiwillig sein: Bitte melde dich! Du erinnerst dich sicher, wie wir über deinen Berufswunsch - du willst Berufssoldat werden - gesprochen haben. Ich hab dir damals gesagt, ich könnte die Angst niemals aushalten. Was ich jetzt aushalten muss, ist um einiges mehr. Bitte melde dich zu Haus."

Sie hofft auf das Klingeln des Telefons, darauf, die Stimme ihrer Tochter zu hören und sie wieder in die Arme schließen zu können.

Alte Fälle mit neuen Methoden und Hinweisen aufgerollt

Immer wieder werden alte Fälle neu aufgerollt, da neu entwickelte Methoden weitere Ermittlungen sinnvoll machen. In Katrices Fall nutzt die Polizei Aging-Methoden, um sie zu finden: Bildmontagen, wie Katrice Lee mit elf, 18 oder 30 Jahren ausgesehen haben könnte.

Was steckt hinter Kims Verschwinden?

"Sie hat immer einen Platz in meinem Herzen", sagt Kims Mutter. Kim verschwand unter obskuren Umständen vor 15 Monaten und ließ Mann und Tochter Lisa zurück. Die 23-Jährige aus Köln hatte sich zuletzt verändert, sich isoliert, mit ihrem Mann abgekapselt. Enormer Stress lastetet auf der jungen Frau: Verlust der Arbeitsstelle, Privatschulden, Krankheit des Ehemannes, Insolvenz seines Betriebs und die Geburt des Kindes. Obwohl sie erwachsen ist, gilt die junge Frau als vermisstes Kind.

Kims kleine Tochter - ein Abbild ihrer Mutter - wächst jetzt bei ihrer Urgroßmutter auf. Alle wünschen sich nur ein Lebenszeichen von Kim. Die Sendung schaffte Raum für einen Appell der Mutter an ihr vermisstes Kind.

Fall Joachim: Polizei nimmt Traum-Spur auf

Warum verschwindet der pfiffige, sportliche, zuverlässige 17jährige Joachim im Oktober 1984? Ist es die Sorge um den schwer kranken Opa, der Streit mit der Mutter? Ein Albtraum für die ganze Familie. Die Polizei ging sogar Spuren aus den Träumen von Joachims Tante nach, selbst makabren Gerüchten. Doch Joachim bleibt seit 28 Jahren spurlos verschwunden. "Es fehlt etwas in dieser Familie", sagt die Tante. Die Schwester hat sein Verschwinden auch geprägt: "Ich bin eine Glucke, ich passe auf meine drei Kinder auf".

Joachim war fast volljährig, das bedeutet, die Person kann frei über den Aufenthaltsort bestimmen und muss die Angehörigen auch nicht über diesen informieren. Freiwilliges Verschwinden ist "erlaubt". Ermitteln kann die Polizei nur, wenn der Verdacht auf ein Verbrechen vorliegt. Selbstmord oder Mord, das sind die Optionen, die die Polizei in solchen Fällen sieht.

Komplizierter Spezialfall: Kindesentziehung im Ausland

Milena ist ein Spezialfall im Feld Kindesentziehung. Von ihrem Vater 2011 in dessen Heimatland Algerien gebracht, kam die Neunjährige nie mehr zurück. Es sollte nur ein Urlaub sein. Zunächst gab es keine Spur von den beiden. Mohammed tauchte mit seiner Tochter Milena unter. Doch die Polizei konnte nicht weiterhelfen, sie hat keine Handhabe in Algerien, ein internationaler Haftbefehl wäre wirkungslos. Und plötzlich bekam ihre Mutter Michaela einen Anruf von Milena, die sagte "ich hasse dich". Das waren die letzten Worte, die sie von ihrer Tochter hörte.

Was ist passiert? Für Michaela steht fest: Ich werde Milena holen, ich fahre nach Algerien. Michaela fährt mit ihrer zweiten Tochter Lenka hin, die selbst zuvor schon zweimal dort war. Sie finden das Haus, die Schule, auch das Kind. Sie ist fest entschlossen, nicht ohne Milena zurück zu kommen. Als Mohammed sie angreift und mit einem Stein auf das Auto, in dem Mutter und Tochter sitzen, einschlägt, bricht alle Hoffnung zusammen. Panikartig flüchten die beiden.

Wechselbad der Gefühle

Michaela erwirkt von den algerischen Behörden ein Besuchsrecht, doch der Vater lässt sie ihr Kind trotzdem nicht sehen. Ein Wechselbad der Gefühle. In Algerien wird sie wie Schmutz behandelt. Sie ist überzeugt, dass ihr Kind intensiv von seinem Vater manipuliert wird. Die Botschaft der verzweifelten Mutter im Fernsehen: "Dass ich sie liebe und dass ich nie wollte, dass sie uns verlässt."

Anwältin: "Man ist so hilflos"

Edda Steinmetz, Michaelas Anwältin, sagt: "Ich würde so einen Fall nicht mehr annehmen. Der Fall hat mich sehr mitgenommen, man ist so hilflos." Ein komplexer Fall, selbst für die Experten des Auswärtigen Amtes. Zudem besteht zwischen Algerien und Deutschland kein Abkommen, das solche Fälle regelt.

Ein Kindesentzug ist eine Sorgerechtsverletzung, die vor allem bei häufig bei binationalen Elternpaaren auftritt. Sie liegt dann vor, "wenn ein Elternteil, der nicht im Besitz der alleinigen elterlichen Sorge oder des Aufenthaltsbestimmungsrechtes ist, das gemeinsame Kind gegen den Willen des anderen Elternteils aus dessen Einflussbereich oder häufig auch ins Ausland bringt", so beschreibt der Verein "Vermisste Kinder" die Problematik. Gemeinsam sorgeberechtigte Elternteile müssen gemeinsam über den Aufenthaltsort des Kindes entscheiden, so schreibt es das Gesetz vor, das bedeutet, dass ein Elternteil der zwar im Besitz der elterlichen Sorge ist - aber eben gemeinsam mit dem anderen Elternteil - nicht das Recht hat, mit dem Kind seinen Aufenthaltsort ins Ausland zu verlegen, selbst wenn das Kind normalerweise bei ihm oder ihr lebt.

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Richtig reagieren bei Kindesentziehung

Wichtige Tipps für Kindesentführungen ins Ausland gibt ISD, der Internationale Sozialdienst auf seiner Homepage. So sollten Betroffene im Notfall reagieren, falls ein Kind von einem Ausflug, nach einem Wochenende oder Urlaub bei dem anderen Elternteil nicht zurückkehrt und die elterliche Sorge bei beiden Eltern gemeinsam oder dem verlassenen Elternteil liegt:

  • Vor allem keine Alleingänge, das kann die rechtliche Lage verschlechtern und komplizierter machen, als sie ohnehin schon ist.
  • bei der Polizei unter 110 oder bei jeder Polizeidienststelle Anzeige erstatten, damit die Polizei Fahndungsmaßnahmen ergreifen kann.

Hilfreich ist es, wenn diejenigen, die die Anzeige erstatten, folgende Informationen parat haben:

  • Name, Geburtsdatum und Staatsangehörigkeit des vermissten Kindes und des anderen Elternteils
  • Beschreibung des Aussehens (Haarfarbe, Augenfarbe und Größe) und am besten ein aktuelles Foto
  • Beschreibung der Bekleidung des vermissten Kindes
  • besondere körperliche Merkmale
  • Besonderheiten wie zum Beispiel: Ohrringe, Zahnspange, Narben, Muttermale oder Brille
  • entsprechende Beschreibung des anderen Elternteils

Eine weitere Anlaufstelle ist die Organisation Vermisste Kinder, zu erreichen unter der Telefonnummer 116000. Diese Organisation kann eventuell öffentlichkeitswirksam die Suche nach dem Kind initiieren. Der Verein nutzt alle Kanäle zur Suche nach vermissten Kindern, beispielsweise die Handy-App "Vermisst".

Ein weiterer Schritt der Spurensuche kann die Ausschreibung einer Grenzfahndung beim zuständigen Familiengericht sein. Diese kann unter bestimmten Umständen für das Hoheitsgebiet der sogenannten Schengen-Staaten (Belgien, Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Island, Italien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Malta, Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Schweden, Schweiz, Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechien, Ungarn) beantragt werden.

Der Antrag auf Grenzsperre kann beim zuständigen Amtsgericht (Familiengericht), also. bei dem Gericht eingereicht werden, an dem der Wohnsitz besteht, und das dann die Grenzsperre veranlasst.

Das Bundespolizeipräsidium kann dann die Ausschreibung des entführenden Elternteils und des Kindes im Schengen-Informationssystem (SIS) veranlassen, so dass Fahndungsmaßnahmen eingeleitet werden können.

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