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37 Grad: Jungs unter Strom - Mit Volldampf durch die Pubertät


Schulkind & Jugendliche
"Jungs unter Strom" - eindrucksvoller Film über die Dramen der Pubertät

t-online, rev

31.10.2012Lesedauer: 5 Min.
Dennis geht aus der chaotischen Zeit der Pubertät überraschend gestärkt hervor.Vergrößern des Bildes
Dennis geht aus der chaotischen Zeit der Pubertät überraschend gestärkt hervor. (Quelle: ZDF/ Dieter Stürmer)
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Etwa ab der siebten oder achten Klasse geht es los - ein Absturz, der ganz eng mit jener Phase verknüpft ist, die nicht nur das Leben jedes Teenagers auf den Kopf stellt, sondern meistens auch das seiner Eltern gleich mit: die Pubertät. In dieser chaotischen Zeit werden Jungs schnell zu Verlierern, die es besonders in der Schule oft schwerer haben als die zielorientierten Mädchen. In vielen Fällen bestimmen nun schlechte Noten, der dazugehörige Streit mit Eltern und Lehrern sowie Zukunftsängste den Alltag - aber auch erstaunliche Erfolgsgeschichten spielen sich manchmal sich in der Pubertät ab.

Vier solcher "Exemplare" hat die ZDF-Reihe "37 Grad" für eine zweiteilige Langzeitdokumentation über zwei Jahre lang begleitet. Spannend, einfühlsam und auch humorvoll zeigt der entstandene Film "Jungs unter Strom - Mit Volldampf durch die Pubertät" junge Menschen, die sich gehen lassen, abrutschen, mit sich hadern, Erfolge feiern und schließlich mehr und mehr erwachsen werden.

"In meinem Kopf hat´s Klick gemacht!" Dennis überrascht alle

Einer dieser Jungs ist Dennis. Zu Beginn der Dreharbeiten ist er 13 Jahre alt, schüchtern und wortkarg. Seine Erfolgsgeschichte, deren Zeuge man im Laufe des Films wird, lässt sich noch nicht erahnen. Im Gegenteil: "Ich bin eher schwächer und nicht so beliebt", so drückt es Dennis selbst aus. Tatsächlich hat er kaum Freunde und wird von Mitschülern gemobbt. Jeden Morgen geht er mit Magenschmerzen zur Schule und entsprechend schlecht sind seine Noten. Von Selbstbewusstsein gibt es keine Spur, und Unterstützung erhält er hauptsächlich von seinem arbeitslosen Vater, der sich zwar so gut wie er kann, um Dennis kümmert, doch das reicht nicht aus.

Wie soll ein solcher Junge durch die Pubertät kommen? Gibt es überhaupt eine Zukunftsperspektive für ihn? Wer daran zweifelt, wird im Laufe des Films von Dennis selbst eines Besseren belehrt. Welches Potenzial in dem Jungen steckt, wird erstmals deutlich, als er im Rahmen des "Boys' Day" einen Praktikumstag in einer Kindertagesstätte verbringt und dort in seiner Rolle als "Erzieher" frei von Notendruck und den abfälligen Blicken der Klassenkameraden aufblüht.

Als Dennis sich später mit seinen getrennt lebenden Eltern einem Motorrad-Club anschließt, geht es weiter bergauf. In der "Biker-Gemeinschaft" stößt er endlich auf das, was ihm bisher in der Schule verwehrt geblieben ist: Akzeptanz, Hilfsbereitschaft und vor allem Anerkennung für seine Leistungen. Als Konsequenz wächst sein Selbstvertrauen, das Mobbing lässt nach und ein enormer Ehrgeiz erwacht in Dennis: "In meinem Kopf hat´s Klick gemacht!" Seine Noten werden immer besser. Während er vor einem Jahr nur mit Hängen und Würgen den Sprung in die neunte Klasse schaffte, hat Dennis am Ende der Dreharbeiten die Chance, sich sogar für das Abitur zu qualifizieren. Der inzwischen 14-jährige Dennis hat alle überrascht - er kam nicht nur durch die Pubertät, er ging sogar stärker als jemals zuvor aus ihr heraus.

Steffen nutzt seine Chance und wird erwachsen

Ähnlich positiv ergeht es Steffen. Er ist 16, lebt zusammen mit seiner Mutter, seinem Stiefvater und seinem Bruder und befindet sich gerade auf dem steinigen Weg zur mittleren Reife. Das Problem: Statt für die Schule zu lernen und Bewerbungen zu schreiben, trifft sich Dennis viel lieber mit seinen Freunden. Zu Hause hält er es kaum aus: "Ich weiß nicht, was ich hier anfangen soll. Den ganzen Tag Langeweile!" Viel lieber verabredet er sich mit seinen ersten Freundinnen oder seinem Kumpel Kai, mit dem er viel Mist anstellt. Es sind die Momente des Nervenkitzels, die ihn vom lästigen Schulalltag, aber auch von seinen eigenen Zukunftsängsten ablenken. Denn er gibt zu, dass er nicht wüsste, was er tun solle, bekäme er keine Arbeitsstelle.

Die Stimmung zwischen Steffen und seinen Eltern ist in dieser Zeit angespannt. Immer wieder kommt es zu heftigem Streit, weil seine Eltern Steffens Antriebslosigkeit gerade in diesem entscheidenden Lebensabschnitt nur schwer nachvollziehen können. "Du hast auch Zeit, 50 SMS am Tag zu schreiben - doch was deine Zukunft angeht, dafür hast du nie Zeit", wirft Steffens Mutter ihrem weinenden Sohn vor. Gleichzeitig ist sie sich seiner komplizierten Situation bewusst: "Jeder hat Angst vor Ablehnung. Und in der Pubertät ist es wahrscheinlich noch schwieriger."

Mitten in dieser stressigen Zeit erhält Steffen dann die Chance auf seinen Traumjob: Er wird zu einem Auswahltest für eine Stelle als Mechatroniker bei der Bundeswehr eingeladen. Er bekommt den Ausbildungsplatz. Große Freude bricht aus im Haus. "Mit einem Schlag fühlt sich das Leben fast schwerelos an - endlich Erfolg, endlich das Gefühl von Anerkennung", beschreiben es die Reporter von "37 Grad". Es ist dieses Gefühl, das Steffen künftig zu Bestleistungen antreibt: Mit unerwartet guten Noten erlangt er die mittlere Reife und kann anschließend auch seine Ausbilder von seinen Fähigkeiten überzeugen. Steffen ist inzwischen ruhiger geworden, fast könnte man meinen: Er ist erwachsen geworden.

Tim findet seine erste große Liebe

Damit hat Steffens Mutter die "Hölle" der Pubertät noch lange nicht überstanden. Denn es gibt ja noch Tim, den kleinen Bruder von Steffen. Tim verbringt einen Großteil seiner Jugend vor dem Computer und mit dem Schreiben von SMS. Pro Tag sind es "etwa 400 SMS", die er bekommt und verschickt. Dass dabei keine Zeit für die Schule bleibt, ist naheliegend. Und auf die hat Tim natürlich auch gar keine Lust.

Noch einmal muss seine Mutter das volle Pubertätsprogramm durchleben - inklusive Sitzenbleiben, unzähligen vergeblichen Diskussionen und Strafarbeiten in der Schule. Doch am Beispiel Tim sehen wir auch, dass nicht alles schlecht ist in der Pubertät: Tim kommt mit Christina, seiner ersten großen Liebe, zusammen und steckt all die Mühe, die er bei Schulangelegenheiten vermissen lässt, in die Beziehung zu ihr. Am Ende sehen wir Tim bei einem Betriebspraktikum in einem Altersheim. Er leistet hervorragende Arbeit im Umgang mit den Senioren und erhält dafür das Lob, was er sonst bisher nirgendwo bekam. Ob diese Erfahrung bei ihm ein ähnliches Umdenken auslöst wie beispielsweise bei Dennis, bleibt offen.

Max treibt seine Eltern in die Verzweiflung

Eine ganz andere Entwicklung nimmt Max während der Dreharbeiten. Der Zuschauer lernt ihn als aufgeweckten und cleveren Gymnasiasten kennen, der bisher ohne Probleme durch seine Schulzeit ging und auch immer noch genug Zeit zum Üben am Klavier fand. Das ändert sich in der Pubertät - zum Entsetzen seiner Eltern, die betonen, dass ihr Sohn einmal beste Startbedingungen für das Berufsleben haben soll und sie deshalb großen Wert auf gute Noten legen.

Eine Hiobsbotschaft nach der anderen treibt die Eltern zur Verzweiflung. Max' Noten verschlechtern sich und er stört häufig im Unterricht. Aus dem "manchmal etwas lebhaften" Max ist inzwischen ein verhaltensauffälliger Junge geworden, der als einziger in seiner Klasse ein Führungsheft hat, in dem die Lehrer Anmerkungen zu seinem Betragen notieren und das regelmäßig von den Eltern kontrolliert wird. Max selbst ist sich seiner Probleme bewusst und will auch bessere Noten für seine Zukunft haben, gleichzeitig sieht er aber einfach keinen Sinn in der Schularbeit. Er beginnt seine Eltern zu belügen, sein Verhalten schwankt zwischen Auflehnung und Gleichgültigkeit. Anders ausgedrückt: Am Ende des Films befindet sich Max noch mitten in der Pubertät.

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Was Jungs in der Pubertät brauchen

Wie auch immer die Zukunft von Max aussehen wird, die Geschichten von Dennis, Steffen, Tim und Max zeigen, dass Jugendliche in dieser schweren und gleichzeitig so wichtigen Phase ihres Lebens viel mehr als Vorschriften und Schulnoten brauchen: nämlich Lob und Anerkennung. Auf diese Weise können sie sich ihrer Stärken, ihres Potenzials, ihrer eigenen Persönlichkeit bewusst werden und damit einen wesentlichen Schritt in Richtung Erwachsensein gehen. Dass der Weg dorthin oft holprig verläuft und sich bis dahin oft zahlreiche kleine und größere Dramen abspielen, zeigt der ZDF-Film "Jungs unter Strom" eindrucksvoll.

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