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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Erziehung Schwanger und alleine - wo Frauen Unterstützung finden
Rund 2,2 Millionen Frauen in Deutschland sind alleinerziehend. Man geht davon aus, dass jede fünfte bereits die Schwangerschaft ohne Partner erleben muss. Diese Frauen sind in einer Situation alleine, in der andere die Gemeinsamkeit besonders genießen. Ihr Mut, sich trotz aller Widrigkeiten für das Kind zu entscheiden, wird vom Umfeld nur selten honoriert - Verzweiflung und Zukunftsangst sind da oft an der Tagesordnung.
Nicht immer ist eine Schwangerschaft ein Grund zur Freude. Vor allem, wenn der Partner das Kind auf keinen Fall will und die werdende Mutter im Stich lässt. Oder wenn das Baby aus einer Beziehung heraus entstanden ist, die keine Basis für die Zukunft hatte. "Der Stand von Single-Mamis ist in unserer Gesellschaft immer noch ein schwerer. Es passiert nicht selten, dass die Frauen von der Familie des Ex oder der Umwelt angegriffen werden, sie würden dem armen Mann das Kind anhängen beziehungsweise die Männer nur abzocken wollen." Gabriele Degelmann, die sich bei dem Verein "Umstaendehalber" engagiert, kennt viele solcher Fälle. "Wir sind immer wieder fassungslos, dass das Gros der Bevölkerung immer noch nicht begriffen hat, dass eine Schwangerschaft ausschließlich durch zwei Personen entstehen kann." Der gemeinnützige Verein setzt sich für alleinstehende Mütter ein.
Mutter und Kind brauchen Unterstützung
Zahlreiche wissenschaftliche Veröffentlichungen über pränatale Psychologie zeigen, dass das, was der Embryo während der Schwangerschaft erfährt, Auswirkungen auf sein späteres Leben haben kann. Die Ängste der Mutter gehen am Baby nicht spurlos vorüber. Negative Gefühle wie Stress und Existenzangst beeinflussen es und häufig sind so genannte "Schreibabys" die Folge. Für die Frauen, die sich schon an sich schlecht genug fühlen, ist der Gedanke, sie seien verantwortlich dafür, dass es ihrem Baby nicht gut geht, oft unerträglich.
In dieser Lage können Freunde und Familie viel abfangen, für die Frau da sein, sie in ihrer Entscheidung bestärken, sie nicht alleine lassen in psychisch schwierigen Situationen wie der Geburtsvorbereitung und sie begleiten beim Einkauf von Erstlingssachen. "Man sollte ihr aber auch Mut machen, die zustehenden Unterhaltszahlungen einzufordern und sich nicht einschüchtern oder bedrohen zu lassen", ergänzt Degelmann. "Ist das Kind erst einmal geboren, so braucht die Mutter jemanden, der sich mit ihr freut, dass dieses kleine Wesen nun auf der Erde ist - es ist unglaublich schwer, wenn solche Mamis sehen, wie sehr sich andere Väter über ihren Nachwuchs freuen und der eigene Ex-Partner will das gemeinsame Kind nicht einmal sehen." Frauen in einer solchen Situation brauchen auch jemanden, der ihnen das Baby gelegentlich abnimmt, damit sie wieder Kraft tanken können.
Allein aber nicht einsam
Kinder allein zu erziehen ist heutzutage keine Schande mehr und die Betroffenen finden in organisierten Gruppen vor Ort oder im Internet Hilfe und Beratung. Für die Frauen, die aber bereits in der Schwangerschaft alleine sind und sich damit in einer psychischen Ausnahmesituation befinden, ist das Angebot lang nicht so vielfältig. Die Mitglieder des Vereins "Umstaendehalber" haben es sich daher zur Aufgabe gemacht, diese Lücke zu schließen. "Wir wollen den betroffenen Frauen unbürokratische, schnelle Hilfestellung geben und bieten neben allen wichtigen Informationen aus den Bereichen Behörden, Recht und Finanzielles ein Forum zum Austausch sowie ein Sorgen- und Beratungstelefon, das man auch anonym nutzen kann. Interessanterweise hatten übrigens fast alle Frauen, die uns kontaktieren - und das sind rund 3000 im Monat - mit dem Vater des Kindes eine Beziehung, viele waren mit ihm auch verheiratet."
Die Lebensfreude zurückgewinnen
Trauer und Wut bestimmen häufig das Gefühlsleben von Schwangeren, die in dieser Situation von ihren Männern verlassen wurden oder gezwungen waren, diese zu verlassen. Viele Frauen mobilisieren dann ungeahnte Kräfte, kämpfen für sich und ihr Kind. Andere aber sind so tief in ihre Probleme verstrickt, fragen sich, wie sie ihr Kind durchbringen sollen und plagen sich mit Schuldgefühlen gegenüber dem ungeborenen Wesen, dass es durchaus ratsam sein kann, sich in therapeutische Behandlung zu begeben. Hier entsteht Raum für die emotionale Ebene, ist jemand da, der zuhört und nicht wertet. Das hilft dabei, das innere Chaos zu sortieren und Bewältigungsstrategien und Lösungsperspektiven zu erkennen. Die oft nicht geplante Schwangerschaft, die vielleicht im Nachhinein angezweifelte Entscheidung gegen eine Abtreibung, das Gefühl des völligen Alleinseins und der daraus resultierende Stress können mithilfe eines Therapeuten abgebaut werden. Frauen, die schwanger und alleine sind, sollten sich nicht scheuen, Hilfe in Anspruch zu nehmen. So kann es der werdenden Mutter gelingen, Wege aus der Krise zu finden, die Situation anzunehmen und sich trotz aller Widrigkeiten auf das Baby zu freuen.
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