Umstrittene Reform beschlossen Schlappe für italienische Strandbäder
Hohe Preise für Liegen, Spottpreise für Konzessionen: Der EU sind italienische Strandbäder schon lange verdächtig. Jetzt hat sie sich durchgesetzt.
Italienische Strandbäder müssen nach Druck der EU ihre Konzessionen neu ausschreiben. Das sieht ein Erlass des Ministerrates vor. Vorausgegangen war ein Streit zwischen Rom und Brüssel. Gegen die geplante Reform hatte es an Adria und Mittelmeer zuletzt heftige Proteste gegeben, mit einem Streik der Pächter Anfang August.
Nach der nun beschlossenen Regelung bleiben die gegenwärtigen Konzessionen allerdings noch bis zum 30. September 2027 gültig. Die neuen Ausschreibungen müssen im Juni desselben Jahres eingeleitet werden. In Einzelfällen ist ein Aufschub bis 31. März 2028 möglich. Die neuen Konzessionen haben eine Dauer von mindestens 5 und höchstens 20 Jahren, um den neuen Konzessionären eine Amortisierung ihrer Investitionen zu ermöglichen. Die neuen Betreiber müssen ihren Vorgängern Abstandszahlungen für übernommenes Inventar leisten.
Furcht vor ausländischen Investoren
Hintergrund ist eine EU-Richtlinie, die Italien schon seit 2006 hätte umsetzen müssen. Die italienischen Strände gehören dem Staat, aber mehr als die Hälfte ist an Privatleute verpachtet, oft schon seit Jahrzehnten und zu Spottpreisen. Ein Kritikpunkt lautet, dass die Konzessionen mit durchschnittlich 8.200 Euro pro Jahr viel zu billig vergeben werden, und die Branche so riesige Profite einstreicht. Das Centrum für Europäische Politik (CEP) ermittelte zuletzt einen Jahresumsatz von durchschnittlich 260.000 Euro pro Bad.
Andere Schätzungen reichen weit darüber hinaus – zumal vermutlich einiges von dem Strandgeld an der Steuer vorbeigeschleust wird. Die Zeitung "Corriere della Sera" schätzt den Jahresumsatz der gesamten Branche auf bis zu 30 Milliarden Euro. Dagegen fürchten die Betreiber, dass künftig am Strand statt italienischer Familien ausländische Konzerne das Sagen haben.
Opposition kritisiert lange Übergangszeit
Die Konzessionen für die Strandbäder in dem Land liegen in vielen Fällen schon seit Generationen in den Händen von Familienbetrieben. Viele Pachtverträge verlängern sich automatisch. Schätzungen zufolge kassiert der Staat dabei 115 Millionen Euro pro Jahr. Tausende Pächter stellen eine Vielzahl von Dienstleistungen zur Verfügung, von den Sonnenschirmen und Liegen über Duschen bis zu Bars und Restaurants – häufig zu sehr hohen Preisen.
"DIe Zusammenarbeit zwischen Rom und Brüssel hat es erlaubt, ein Gleichgewicht zu finden zwischen der Notwendigkeit, den Markt der Konzessionen zu öffnen und der Gelegenheit, die legitimen Erwartungen der aktuellen Pächter zu achten", heißt es in einer Mitteilung des Palazzo Chigi, des Sitzes von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni. Der Text der Verordnung war bereits am Mittwochmittag in Rom bekanntgeworden und hatte auch gleich Kritik ausgelöst. Die oppositionelle Fünf-Sterne-Bewegung bezeichnete den Zeitraum von drei Jahren als viel zu lang und sprach von einer "Narrenposse der Regierung Meloni" und einer Verhöhnung Brüssels.
- Nachrichtenagenturen dpa und AFP