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Zum journalistischen Leitbild von t-online.90.000 Partikel pro Jahr Mikroplastik gelangt über Kontaktlinsen in unseren Körper
Die Zahl lässt Kontaktlinsenträger erschauern. So viele Mikroplastikpartikel werfen die Linsen jährlich in unser Auge ab.
Die meisten Deutschen sind auf irgendeine Art der Sehhilfe angewiesen. Der große Teil von ihnen greift zur Brille. Etwa 5,5 Millionen setzen auf Kontaktlinsen, wie der Zentralverband der Augenoptiker und Optometristen berichtet. Linsen sind dabei für viele praktischer und ästhetischer als Brillen. Außerdem werden gerade Tageslinsen, die nur einmalig getragen werden, als hygienisch empfunden.
Doch Kontaktlinsen aus Kunststoff bergen eine unsichtbare Gefahr: winzige Mikroplastikpartikel. So wollen Forscher der chinesischen Nanjing-Universität jetzt herausgefunden haben, dass Kunststofflinsen bis zu 90.000 Mikroplastikpartikel pro Jahr abwerfen sollen, wenn sie täglich zehn Stunden getragen werden. Diese Teilchen gelangten über das Auge in den Körper des Trägers, schreiben die Wissenschaftler in der Fachzeitschrift "Environmental Science & Technology" der American Chemical Society.
Sonnenlicht als Ursache
Das Wissensmagazin "National Geographic" zieht einen Vergleich zu einer früheren Studie der American Chemical Society (2019). Damals war ermittelt worden, dass Erwachsene und Kinder in den USA mit ihrer Nahrung und durch Luftverschmutzung jährlich zwischen 74.000 und 121.000 Mikroplastikpartikel aufnehmen sollen. Kontaktlinsen sind also mindestens ein genauso großer Mikroplastik-Ursprung wie das tägliche Essen.
Bei der aktuellen Analyse der chinesischen Forscher schnitten Kurzzeitlinsen besonders schlecht ab. Heißt: Tageslinsen entließen viel mehr Partikel als Monatslinsen. Das Freisetzen dieser Mikroplastikteilchen wird den Erkenntnissen zufolge durch Sonnenlicht verursacht. Lesen Sie auch: "Erstmals Mikroplastik in menschlichem Blut gefunden".
So gingen die Wissenschaftler vor
Das Forschungsteam um den Umweltwissenschaftler Bing Wu untersuchte sechs Kontaktlinsentypen verschiedener Hersteller und mit unterschiedlicher Lebensdauer. Die Wissenschaftler simulierten den täglichen Gebrauch, indem sie die Linsen in Wasser unter einer Sonnenlichtlampe lagerten und alle zehn Stunden mit Wasser abspülten. Nach 30 und 90 Tagen wurde das Wasser, in dem die Linsen gelagert waren, auf Mikroplastikpartikel untersucht.
In den Proben von Kontaktlinsen, die nicht mit einer Lampe bestrahlt wurden, wurden keine Partikel gefunden.
Die Studie der Chinesen soll eine Basis für zukünftige Forschungen bilden. Noch weiß niemand so richtig, wie gefährlich Mikroplastik für unseren Organismus ist. Auch ist unklar, ob die Aufnahme von Mikroplastik über die Augen die Gesundheit unserer Sehorgane beeinträchtigt.
- "Environmental Science & Technology" der American Chemical Society: "High-Content Screening Discovers Microplastics Released by Contact Lenses under Sunlight" (englisch)
- National Geographic: "Kontaktlinsen setzen winzige Partikel frei"
- Zentralverband der Augenoptiker und Optometristen: "Brillenstudie 2019"