Bass, Gitarrenriffs und jede Menge Dezibel Auf Festivals und Konzerten: Das Gehör richtig schützen
Festivalsommer, Konzerte und Clubs: Feiern kann ganz schön auf die Ohren gehen. Wie Sie Ihr Gehör am besten schützen, erklärt ein Mediziner.
Manchmal merkt man es erst, wenn die Musik aus ist: den Pfeifton nach einem lauten Konzert. Das Klingeln im Kopf nach einem Clubbesuch. Der Druck im Ohr nach einer langen Partynacht – alles klingt danach dumpf. In den meisten Fällen lassen die Symptome schnell wieder nach. Doch das Problem kommt immer wieder: eine zu laute Dauerbeschallung.
Gerade zum Festivalsommer zieht es wieder Zehntausende Menschen vor die Konzertbühnen der Republik. An diesem Freitag starten die Festival-Schwestern "Southside" in Neuhausen ob Eck (Baden-Württemberg) und "Hurricane" in Scheeßel (Niedersachsen). Sie zählen zu den größten Musik-Festivals Deutschlands. Das Line-up mit Namen wie Peter Fox, Clueso und Die Ärzte kann sich sehen lassen. Doch wie wirken sich die Festivaltage auf die Ohren aus?
Laute Konzerte: "Draußen ist besser als drinnen"
Mediziner Bernhard Junge-Hülsing vom Deutschen Bundesverband der Hals-Nasen-Ohrenärzte fängt mit der guten Nachricht an. Laute Konzerte im Freien seien für die Ohren deutlich besser als Clubbesuche und Partynächte in geschlossenen Räumen, sagt der in Bayern niedergelassene Ohrenarzt. "Draußen ist besser als drinnen", lautet seine Maxime. "Die Festivalmusik ist völlig okay."
Die Lautsprecher bei den Festivals seien in der Regel relativ weit oben an der Bühne angebracht. "So, dass man sich gar nicht direkt davor stellen kann", erklärt der 58-Jährige. "Dann ist es gar nicht so schlimm." Er rate grundsätzlich davon ab, sich vor Lautsprecherboxen zu stellen.
"Wenn es piepst, sollte man sich sowieso aus der unmittelbaren Beschallung zurückziehen und seinen Ohren eine Lärmpause gönnen", sagt der Experte. Menschen mit empfindlichen Ohren und jenen, die schon Probleme hatten, empfiehlt der Mediziner einen Schallschutz etwa in Form von schalldämpfenden Ohrstöpseln vom Akustiker.
Musikveranstalter müssen Hörschäden verhindern
Auch die Veranstalter von "Southside" und "Hurricane" haben Gehörschutz auf dem Schirm. Auf ihren Festivals verteilen sie teils Gratis-Ohrstöpsel, wie ein Sprecher auf Anfrage mitteilte. Musikveranstalter sind auch gesetzlich dazu verpflichtet, Hörschäden zu verhindern. Ihre Sorgfaltspflicht hat der Bundesgerichtshof in Karlsruhe in einem Urteil 2001 festgehalten.
Festgehalten sind Regeln für Veranstalter auch in einer DIN-Norm. Laut der DIN 15905-5 sind sie für Maßnahmen verantwortlich, um eine Gehörgefährdung des Publikums zu verhindern – etwa durch die Messung und Bewertung der Beschallungstechnik.
Die Regelungen würden selbstverständlich an allen Bühnen und somit in allen Publikumsbereichen eingehalten, so FKP Scorpio, der das "Southside" und das "Hurricane" veranstaltet. "Entsprechende Schallpegelmesser werden hierfür im Publikumsbereich installiert." Die Messwerte im Veranstaltungsbetrieb würden dauerhaft von entsprechenden Fachkräften kontrolliert und dokumentiert. Den Gästen empfiehlt der Veranstalter das Tragen von Gehörschutz.
Regelmäßig Lärmpausen machen
So richtig gefährlich wird Lärm laut Medizinern ab einer Dauerbeschallung von mehr als 85 Dezibel täglich. Der Schall gelangt demnach über den Gehörgang, das Trommelfell und die Gehörknöchelchen in die Innenohrschnecke. Dort wird er von sogenannten Haarzellen in Nervenimpulse umgewandelt. Bei einem Rockkonzert prasseln Experten nach im Schnitt 100 bis 120 Dezibel auf die Ohren. "Wenn es sehr laut ist, werden die empfindlichen Gehörzellen ausgeknockt", so Mediziner Junge-Hülsing.
Gebe man ihnen eine Lärmpause, könnten sie sich wieder erholen. "Wenn sie schon vorgeschädigt sind oder man keine gute Durchblutung hat, weil man gleichzeitig ganz viel geraucht und ganz wenig geschlafen hat, erholen sie sich vielleicht nicht so gut." Deshalb sei es wirklich wichtig, sich in dem Augenblick, in dem es piepst oder man nicht mehr richtig hört, zurückzuziehen und für eine gute Durchblutung ausreichend Wasser zu trinken.
- Nachrichtenagentur dpa