Sensation im Tierreich Krokodil befruchtet sich selbst
Ein Krokodilweibchen lebt getrennt von den Männchen in einem Zoo. Dennoch bringt es ein Junges zur Welt. Wie geht das?
Als ein Krokodilweibchen im "Parque Reptilaria" in Costa Rica ein Ei legte, nahm kaum jemand Notiz davon. Als Pfleger in der Schale allerdings einen voll entwickelten – aber totgeborenen – Fötus fanden, war die Überraschung groß. Der Grund: Die 18 Jahre alte Krokodildame war ihr Leben lang getrennt von den Männchen gehalten worden.
Wie konnte das Weibchen befruchtet worden sein? Um das herauszufinden, kontaktierten die Costa Ricaner Warren Booth, weltweit führender Experte auf dem Gebiet der sogenannten jungfräulichen Geburt.
Booth und seine Kollegen vom Virginia Tech Institute haben die Ergebnisse ihrer Untersuchungen nun, mehr als fünf Jahre nach dem Vorfall im Januar 2018, in den sogenannten Biology Letters des "Royal Society Journal" veröffentlicht. Ihr Ergebnis: Laut DNA-Analyse war der Krokodilfötus zu 99,9 Prozent genetisch mit seiner Mutter identisch. Das Junge war ein Klon seiner Mutter. Damit liegt die weltweit erste dokumentierte Selbstbefruchtung bei einem amerikanischen Krokodil vor, so Booth.
Die Parthenogenese – so der Fachbegriff für die jungfräuliche Geburt – ist schon zuvor bei Haien, Vögeln, Schlangen und Eidechsen beobachtet worden. "Sie ist recht weit verbreitet, bei Krokodilen bislang aber noch nie bemerkt worden", sagte Booth der BBC.
Wie kommt es zu dem Phänomen?
Eine Theorie besagt, dass Parthenogenese dann auftritt, wenn die Anzahl der Tiere schwindet oder sie gar vom Aussterben bedroht sind. Bei dem biologischen Prozess übernehmen Zellen im Inneren des Eies die Rolle des Spermas. Sie verschmelzen mit der Eizelle, diese kann sich teilen und daraufhin entwickelt sich ein Embryo. Ein Überlebensmechanismus also, um die Art zu retten. Booth glaubt, dass schon Dinosaurier in der Lage waren, sich selbst zu befruchten, als sie im Begriff waren auszusterben.
Übrigens: Krokodilen fehlt das Chromosom zur "Herstellung" des Geschlechts ihrer ungeborenen Jungen. Stattdessen bestimmt die Temperatur, ob ein männliches oder weibliches Tier schlüpft. Eier, die bis zu 30 Grad Wärme ausgesetzt sind, produzieren Weibchen, ab 34 °C entstehen ausschließlich Männchen.
- Royal Society Journal, Biology Letters: "Discovery of facultative parthenogenesis in a new world crocodile" (englisch)
- BBC.co.uk: "Crocodile found to have made herself pregnant" (englisch)