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Kenia ist Pionier im Kampf gegen Plastikmüll: Internationale Verhandlungen


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Verhandlungen in Nairobi
Ein Pionier im Kampf gegen Plastikmüll

MeinungGastbeitrag von Miriam Siemes, Konrad-Adenauer-Stiftung

18.11.2023Lesedauer: 4 Min.
imago images 0313441711Vergrößern des Bildes
Gesammelter Plastikmüll in der kenianischen Stadt Nakuru: Das Land hat im Kampf gegen Plastikmüll in den vergangenen Jahren Fortschritte gemacht. (Quelle: James Wakibia/imago-images-bilder)

Mehr als 170 Staaten verhandeln in Kenia über ein internationales Abkommen zur Bekämpfung von Plastikmüll. Der Gastgeber ist wohl nicht zufällig gewählt.

Kurz nach dem Afrika-Klimagipfel ist Kenia einmal mehr das Zentrum der internationalen Klimadiplomatie. Auf dem Gelände der Vereinten Nationen in Kenias Hauptstadt Nairobi tagen diese Woche Vertreter aus mehr als 170 Staaten für die dritte Verhandlungsrunde des Plastikabkommens der Vereinten Nationen (UN). Der Verhandlungsort könnte nicht passender sein. Nairobi ist das Zuhause des UN-Umweltprogramms und Geburtsort der Resolution, die heute die Grundlage der Verhandlungen bildet.

(Quelle: Eidetic Studio/ Konrad-Adenauer-Stiftung)

Zur Person

Miriam Siemes arbeitet für die CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung in Nairobi, Kenia. Zuvor war sie für die Universität Bonn und die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) tätig. Als Fulbright-Stipendiatin erhielt sie einen M.A. von der Johns Hopkins University School of Advanced International Studies.

Ihr Ziel ist ambitioniert. Bis 2024 soll ein internationales Abkommen verhandelt werden, das Regeln und Maßnahmen für den gesamten Lebenszyklus von Plastik festlegt. Der Lebenszyklus von Plastik ist lang. Plastik wird entworfen, produziert, verwendet, wiederverwendet und im Idealfall ordentlich entsorgt. Dieser holistische Ansatz ist nötig, um die grenzüberschreitende, immer weiter zunehmende Plastikverschmutzung in den Griff zu bekommen. Dementsprechend groß war die Begeisterung im Verhandlungsraum, als der Hammerschlag am 2. März 2022 die Annahme der Resolution besiegelte.

Erdölreiche Länder verlangsamen Verhandlungen

Von der Begeisterung ist wenig geblieben. Wenn auch der Tagungsort mit guten Erinnerungen verbunden ist, bleibt abzuwarten, ob es in Nairobi zu einem Durchbruch bei den Verhandlungen kommt. Dieser ist nötig, da die ersten beiden Verhandlungsrunden in Uruguay und Frankreich wenig Ergebnisse brachten. Einen inhaltlichen Austausch hat es kaum gegeben. Anstelle dessen musste sich das für die Verhandlungen zuständige Komitee und dessen Vorsitzender, Botschafter Gustavo Meza-Cuadra, ein ums andere Mal mit taktischen Fragen zu den Verfahrensregeln auseinandersetzten.

Besonders die BRICS-Länder und einige mittelöstlichen Länder mit starken Erdölindustrien, aber auch die USA agierten entsprechend. Sie alle nutzten geschickt die Verfahrensregeln, um den Verhandlungsprozess zu verlangsamen, was zulasten der inhaltlichen Diskussionen ging. Die BRICS-Länder sowie die mittelöstlichen Länder forderten zudem ein Konsensabstimmungsverfahren für die Verhandlungen. In Paris gab es hierzu keine abschließende Einigung. Sollten die Staaten mit ihrer Forderung doch noch Erfolg haben, würde jedes abstimmende Land de facto ein Vetorecht über das Abkommen haben.

Dass sich einige Länder mit Erdölindustrien für ein Konsensabstimmungsverfahren einsetzen, legt die Vermutung nahe, dass sie ein möglichst schwaches Plastikabkommen begrüßen würden. Denn Einstimmigkeit mit so vielen Akteuren setzt weitreichende Kompromisse voraus. Es überrascht daher nicht, dass sich Saudi-Arabien bereits im Vorfeld der Verhandlungen in Nairobi dafür ausgesprochen hatte, den Umfang des Plastikabkommens stark einzugrenzen.

Pionier im Kampf gegen Plastikmüll

Saudi-Arabien distanzierte sich vor Beginn der Verhandlungen in Nairobi von dem Kernvorhaben der Resolution, den gesamten Lebenszyklus von Plastik im Abkommen zu regeln. Der erste Entwurf des Abkommens (ein sogenannter Zero-Draft) reflektiert das Kernvorhaben, weshalb Saudi-Arabien dem Entwurf sehr kritisch gegenübersteht. Aus Sicht des erdölreichen Landes gibt es lediglich Handlungsbedarf bei der Entsorgung von Kunststoffabfällen. Plastikproduzenten sollen hingegen nicht "unnötig" belastet werden. Unterstützung findet Saudi-Arabien hier bei China, dem Iran und Russland. Es bleibt abzuwarten, ob die Verhandlungen in Nairobi einen klaren Umfang für das Abkommen definieren werden.

Das Gastgeberland Kenia ist ein Pionier in der Bekämpfung von Plastikverschmutzung. In seiner Eröffnungsrede am 13. März 2023 in Nairobi ließ Präsident William Ruto keinen Zweifel daran, dass er die durch Plastik verursachte Umweltverschmutzung als eine existenzielle Lebensbedrohung betrachtet. Er erinnerte zudem an die Entscheidung der Delegierten auf der fünften UN-Umweltversammlung im März 2022, ein Abkommen vorzubereiten, das den gesamten Lebenszyklus von Plastik adressiert.

Der Klimawandel ist zu spüren

Kenias Engagement im Kampf gegen Plastikmüll rührt nicht zuletzt daher, dass das Land bereits schmerzlich die Folgen des Klimawandels spürt. Extreme Wettereignisse wie Dürren und Überflutungen zeigen, welch ernsthafte Bedrohung der Klimawandel für ein Entwicklungsland ist, dessen Wirtschaft stark landwirtschaftlich geprägt ist. Das ostafrikanische Land muss Entwicklungs- und Klimapolitik zusammen denken. Bereits kurz nach seinem Amtsantritt im September 2022 nannte Präsident William Ruto daher bei einer Rede in der UN- Vollversammlung den Kampf gegen den Klimawandel als politische Priorität.

Kenia ist dort seit Jahren Vorreiter. Das Land untersagte 2017 die Herstellung und Verwendung von Plastiktüten, 2020 folgte das Verbot von Einweg-Plastiktüten in Naturschutzgebieten und 2022 ein Gesetz über nachhaltige Abfallwirtschaft. Letzteres ordnet an, dass alle Produkte, einschließlich Kunststoffe, der erweiterten Herstellungsverantwortung unterworfen sind.

Bisher nur Grundsatzdiskussionen

Ein Kernpunkt bei internationalen Umweltverträgen ist stets die Frage, wer für die Umsetzung zahlt. Im Vorfeld zu den Verhandlungen in Nairobi haben Kenia und die Gruppe der afrikanischen Staaten schriftlich Stellung zu der Finanzierungsfrage genommen. Sie pochen darauf, sich im Rahmen des Vertrages auf einen Finanzierungsmechanismus zu einigen. Konkret fordert die Gruppe der afrikanischen Staaten einen zweckgebundenen multilateralen Fond. Der Fond soll es Entwicklungsländern ermöglichen, ihre vertraglichen Verpflichtungen zu erfüllen. Wie so oft bei Umwelt- und Klimafragen leiden afrikanische Länder bereits jetzt unter Folgen, die sie nicht primär verursacht haben.

Von Montag bis Sonntag wird in Nairobi noch verhandelt. Es ist also noch zu früh, über die Ergebnisse der dritten Verhandlungsrede zu reden. Positiv ist, dass inhaltliche Themen in Nairobi diskutiert werden. Bislang handelt es sich jedoch um Grundsatzdiskussionen. Solange es keine Einigkeit über diese gibt, wird die Finanzierungsfrage zweitrangig sein. Daher ist ein Durchbruch bei der Finanzierungsfrage in Nairobi nicht in Sicht.

Die in Gastbeiträgen geäußerten Ansichten geben die Meinung der Autorinnen und Autoren wieder und entsprechen nicht notwendigerweise denen der t-online-Redaktion.

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