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Klimageld: Der Preisanstieg ist beabsichtigt


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Energie wird teurer
Einer mauert – alle zahlen

MeinungEine Kolumne von Sara Schurmann

Aktualisiert am 26.04.2024Lesedauer: 4 Min.
Lindner, Habeck und Scholz im Bundestag: Die Ampel hatte mit der Wahlrechtsreform den Bundestag verkleinern wollen.Vergrößern des Bildes
Lindner, Habeck und Scholz im Bundestag: Das Klimageld führt diese Bundesregierung wohl nicht mehr ein. (Quelle: Christoph Soeder/reuters)
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Die Preise steigen, auch Klimaschutzmaßnahmen tragen dazu bei. Dabei hätte die Politik dafür ein Instrument parat – doch es wird weiter verzögert.

In den vergangenen Jahren sind die Preise deutlich gestiegen, vor allem Strom, Heizen und Lebensmittel sind teurer geworden. Gründe dafür gibt es viele: Erst hatte die Coronakrise Lieferketten gestört, dann der Ukraine-Krieg eine Energiekrise nach sich gezogen. Auch Klimakrise und Klimaschutz tragen zur Preiserhöhung bei.

Ernteausfälle durch Dürren, Stürme, Starkregen, Hitze und andere Extremwetter haben schon heute messbaren Einfluss auf die Lebensmittelpreise. Der Europäische Emissionshandel wurde 2024 deutlich ausgeweitet, der nationale CO2-Preis erhöht. All das macht sich im Portemonnaie der Menschen bemerkbar, und auch bei der Stimmung. Die Inflationsrate sinkt inzwischen zwar deutlich, für Verbraucherinnen und Bürger aber bedeutet das vor allem, dass die Preise langsamer steigen – nicht, dass sie sinken.

Video | Dieses Lebensmittel ist besonders betroffen
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Quelle: t-online

65 Prozent der jungen Menschen machen sich Sorgen wegen der steigenden Preise. In der repräsentativen Studie "Jugend in Deutschland" liegt das Thema aktuell auf Platz eins, vor Krieg, teurem Wohnraum und der Spaltung der Gesellschaft. Die Klimakrise schaffte es auf Platz fünf.

Dass die Preise für klimaschädliche Produkte steigen, ist beabsichtigt und langfristig auch für alle gut. Der Europäische Emissionshandel und der 2021 eingeführte deutsche CO2-Preis machen klimaschädliche Entscheidungen unattraktiver, lassen klimafreundliches Verhalten finanziell attraktiver erscheinen und helfen so Emissionen einzusparen.

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Im Europäischen Emissionshandel müssen Industrie und Kraftwerke Zertifikate für den Ausstoß von Treibhausgasen kaufen. Die Idee dahinter: Die Zahl der Zertifikate – und damit der Emissionen – ist gedeckelt. Steigt die Nachfrage, steigen die Preise. Emissionen einzusparen oder auf klimafreundliche Alternativen umzusteigen, wird für Unternehmen dadurch wirtschaftlich interessanter.

Der CO2-Preis funktioniert ein bisschen anders: Die Regierung legt einen fixen Betrag pro ausgestoßener Tonne CO2 fest, und hebt ihn regelmäßig an. 2024 wurde der CO2-Preis für Heizen und Tanken in Deutschland von 30 auf 45 Euro pro Tonne CO2 erhöht. 2021 startete er mit 25 Euro pro Tonne, 2022 und 2023 lag er bei 30 Euro, 2025 soll er auf 55 Euro angehoben werden. Die Preise bezahlen Unternehmen im Bereich Wärmeerzeugung, Verkehr und Abfall und geben sie über steigende Preise an die Konsumierenden weiter. So werden etwa Heizöl, Gas und Benzin teurer.

Über die beiden Töpfe hat Deutschland 2023 mehr als 18 Milliarden Euro eingenommen. Die Abgaben werden genutzt, um den Umbau hin zur Klimaneutralität zu finanzieren. Sie gehen direkt in den Klima- und Transformationsfonds und sollen dafür verwendet werden, um etwa die Industrie zu dekarbonisieren, Gebäude energetisch zu sanieren und erneuerbare Energien und Elektromobilität auszubauen.

Auch wenn die Mechanismen grundsätzlich sinnvoll und hilfreich sind, kommt die so erzeugte Preissteigerung – nach vier Jahren Krise – noch mal zusätzlich als Belastung obendrauf. Die Kosten, die bei den Bürgerinnen und Bürgern ankommen, müssen daher schnellstmöglich abgefedert und sozial gerecht verteilt werden. Genau darauf hatte sich die Ampelregierung in ihrem Koalitionsvertrag auch geeinigt. Mit der Einführung des Klimageldes sollten Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit vereint werden, formulierten es die Grünen damals. Umgesetzt wurde es bisher nicht.

Dabei wäre das Klimageld nicht nur sozial gerecht. Es könnte auch ein wichtiges Instrument gegen die politische Polarisierung der Gesellschaft sein.

Sara Schurmann
(Quelle: Reinaldo Coddou H.)

Zur Person

Die Lage ist extrem ernst, aber nicht hoffnungslos. Nach diesem Motto erklärt die freie Journalistin Sara Schurmann die großen Zusammenhänge und kleinen Details der Klimakrise so, dass jede und jeder sie verstehen kann.
Etwa in ihrem Buch "Klartext Klima!" – und jetzt in ihrer Kolumne bei T-Online. Für ihre Arbeit wurde sie 2022 vom Medium Magazin zur Wissenschaftsjournalistin des Jahres gewählt.

Die Sorge vor dem Erstarken rechtsextremer Parteien ist auch unter jungen Menschen gestiegen, wie die Studie "Jugend in Deutschland" zeigt: von 35 auf 44 Prozent. Gleichzeitig ist aber auch die Zustimmung für die AfD unter jungen Menschen deutlich gewachsen. 22 Prozent der 14- bis 29-Jährigen würden demnach AfD wählen, 2022 hatte die Partei noch bei 9 Prozent gelegen. Wenn jetzt Bundestagswahl wäre, wäre die AfD unter jungen Wählenden stärkste Partei.

Das muss gar nicht unbedingt mit einer radikal anti-demokratischen Orientierung zu tun haben. Laut Jugend-Studie fühlen sich viele junge Menschen ohnmächtig, nicht gehört und sind pessimistischer denn je. In ihrem Buch "Klimarassismus. Der Kampf der Rechten gegen die ökologische Wende" erklären die Forscher und Rechtsextremismus-Experten Matthias Quent, Christoph Richter und Axel Salheiser, wie die AfD nicht nur den rechten Rand erreicht, sondern ganz unterschiedliche Gruppen, die sich Sorgen machen und abgehängt fühlen.

Die Frage, wie Klimaschutz sozial gerecht umgesetzt werden kann, sei entscheidend: "Die dringlichste Aufgabe der Politik besteht daher darin, der Rede von der 'sozialverträglichen Transformation' konkrete Maßnahmen folgen zu lassen, die im Alltag der Betroffenen unmittelbar erfahrbar sind."

Doch für Christian Lindner hat das Klimageld keine Priorität. Anfang des Jahres hatte er angekündigt, darüber nicht mehr in dieser Legislaturperiode entscheiden zu wollen. Anschließend war der Druck auf den Finanzminister zwar gestiegen.

Im März hatten Klimaschutzorganisationen und Sozialverbände gemeinsam eine Kampagne gestartet und symbolisch an 1.000 Bürgergeld-, Wohngeld- oder Grundsicherungsempfänger ein einmaliges Klimageld verlost, unter anderem Fridays for Future und der Paritätische Wohlfahrtsverband waren dabei. Ein Betrag von 139 Euro Klimageld stünde jeder Person in Deutschland gerade pro Jahr als Ausgleich für den CO2-Preis zu, eine vierköpfige Familie bekäme entsprechend 556 Euro.

"Wissenschaftliche Studien zeigen, dass Haushalte mit niedrigen Einkommen grundsätzlich deutlich stärker durch den CO2-Preis belastet werden als Wohlhabende", sagte Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), auf einer gemeinsamen Pressekonferenz. "Das Klimageld setzt hier gezielt an und kann für eine proportional stärkere Entlastung von niedrigen Einkommen sorgen." Der Ausgleich werde mit einem steigenden CO2-Preis daher immer wichtiger. Denn das Klimageld steigt mit dem CO2-Preis.

Einführung in dieser Legislaturperiode unwahrscheinlich

Auch der Deutsche Städtetag hat die Bundesregierung aufgefordert, das Klimageld bis zur nächsten Heizsaison auf den Weg zu bringen. Dafür müsse es jetzt technisch und rechtlich vorbereitet werden. Wenn das geklärt sei, könne sich der Städtetag sogar einen höheren CO2-Preis vorstellen, ein Anstieg bis zu 90 Euro pro Tonne CO2 für 2025 sei denkbar.

Das von der FDP geführte Bundesfinanzministerium hat aber offenbar noch immer keinen Zeitplan für die Einführung. Das ergab eine schriftliche Anfrage der CDU. Eine Einführung in dieser Legislaturperiode wird damit immer unwahrscheinlicher.

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