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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Klima-Lexikon Permafrostböden – Die Kühltruhe der Welt
Permafrostböden sind einer der wichtigsten CO2-Speicher des Planeten. Durch den Klimawandel tauen die Böden weltweit schneller auf – eine unkalkulierbare Gefahr für das Weltklima.
Die letzte Eiszeit hat in vielen Regionen des Planeten ihre Spuren hinterlassen. Vor gut 20.000 Jahren waren große Teile der Nordhalbkugel von Eis bedeckt. Die Eisdecke wirkte dabei wie eine Wärmedecke für die darunter liegenden Böden, sie konnten nicht gefrieren. Überall dort, wo die schützende Eisdecke fehlte, – wie im Norden Sibiriens oder in Teilen Alaskas – konnte die Eiseskälte tief in den Erdboden ziehen.
Bis heute sind viele dieser Böden, die Permafrost- oder Dauerfrostböden genannt werden, nicht aufgetaut. Permafrost tritt vor allem auf der Nordhalbkugel in den Polarregionen oder in hohen Gebirgslagen auf. Sogar in Deutschland gibt es Permafrostböden, genauer gesagt auf der Zugspitze.
Der Klimawandel beschleunigt das Abtauen des Permafrosts
Durch die Erderwärmung tauen Permafrostböden jedoch weltweit schneller auf. Für die betroffenen Regionen und das Weltklima ist das ein unkalkulierbares Risiko. In den Polarregionen sind etwa Gebäude oder Infrastruktur wie Straßen oder Pipelines in Permafrostböden verankert. Durch das Abtauen werden die Böden weicher und ganze Ortschaften können regelrecht im Schlamm versinken.
In den Permafrostböden sind wie in einer gigantischen Kühltruhe abgestorbene Pflanzenreste gespeichert. Durch das Abtauen zersetzen sich die Pflanzen, Methan und Kohlenstoff werden freigesetzt. Dadurch verstärkt sich der Treibhauseffekt und die Erderwärmung wird vorangetrieben. Experten schätzen, dass heute knapp 1,7 Billionen Tonnen des extrem starken Treibhausgases Methan in den Permafrostböden lagern – das ist in etwa die doppelte Menge, die in der Atmosphäre gebunden ist.
Sollten große Mengen des Treibhausgases freigesetzt werden, werde es schwerer das Ziel zu erreichen, die weltweite Erderwärmung gering zu halten, prognostizieren etwa Forscher des Potsdamer Alfred-Wegener-Instituts. Helfen würde es, wenn die menschgemachten Emissionen durch Verkehr und Industrie gesenkt würden. Dadurch könne das Abtauen der Permafrostböden verlangsamt werden, so die Wissenschaftler.
Studie: Hitzewelle in Sibirien setzte große Mengen Methan frei
Welchen Effekt hohe Temperaturen auf die Permafrostböden haben, hat eine im August 2021 veröffentlichte Studie gezeigt: Wissenschaftler um den Bonner Geologie-Professor Nikolaus Froitzheim haben herausgefunden, dass durch die extreme Hitze in Russland in 2020 in einigen Permafrostgebieten des Landes große Mengen Methan freigesetzt wurden.
Die Forscher untersuchten die Konzentration von Methan in der Luft und betrachteten jeweils die Bodenbeschaffenheit vor Ort. Dabei stellten sie fest, dass in zwei Gebieten mit Kalkstein besonders viel Gas freigesetzt wurde. Die Untersuchung ist in dem Fachblatt "Proceedings of the National Academy of Sciences" (PNAS) veröffentlicht worden.
"Die Mengen von Erdgas, die im Untergrund Nordsibiriens vermutet werden, sind gewaltig", erläuterte Froitzheim. "Wenn Teile davon durch den tauenden Permafrost in die Atmosphäre gelangten, könnte das dramatische Auswirkungen auf das ohnehin schon überhitzte Klima der Erde haben."
Abtauen bringt sensationelle Funde zutage
Neben den negativen Effekten auf das Weltklima hat das Abtauen auch ganz andere Folgen: Immer wieder geben die abtauenden Böden Spuren urzeitlichen Lebens frei. So wurden in den letzten Jahren beispielsweise Überreste von Mammuts, Pferdefossilien oder prähistorische Welpen gefunden. Im Jahr 2013 gab der tauende Boden in Sibirien sogar ein Mammut samt Haaren, Muskelgewebe und flüssigem Blut frei. Für die paläontologische Wissenschaft sind solche Funde von immenser Bedeutung.
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
- Alfred-Wegener-Institut: "Permafrost – Eine Einführung"
- S. Rahmstorf, H.J. Schellnhuber: "Der Klimawandel"
- BR.de: "Weltweit erwärmen sich die Permafrostböden"