Renovierung Schönheitsreparaturen und Schlussrenovierung im Mietrecht
Laut vielen Mietverträgen müssen Mieter anfallende Schönheitsreparaturen selbst durchführen oder auf eigene Kosten einen Fachbetrieb dafür engagieren. Dasselbe gilt für die Renovierung beim Auszug. Zuletzt jedoch hat der Bundesgerichtshof (BGH) immer wieder Urteilen die Mieterseite gestärkt und einige beliebte Klauseln in Mietverträgen für ungültig erklärt.
"Schönheitsreparaturen sind grundsätzlich Sache des Vermieters", bezieht sich Anne Kronzucker, Juristin bei der D.A.S. Rechtschutzversicherung, auf den Paragraphen 535 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, wo festgeschrieben ist, dass der Vermieter "die Mietsache ... in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und ... zu erhalten" hat. Nur wenn im Mietvertrag eine wirksame Schönheitsreparaturklausel vereinbart sei, müsse der Mieter renovieren, betont auch der Deutsche Mieterbund (DMB). Fast alle Mietverträge enthalten solche Klauseln, doch längst nicht alle sind zulässig und damit rechtlich wirksam.
Zu weit reichende Mieterpflichten machen ganze Klausel unwirksam
Mietern kommt zugute, dass der Bundesgerichtshof (BGH) in den letzten Jahren mehrere Grundsatzurteile zu Schönheitsreparaturen in der Mietwohnung gefällt hat, in denen die Rechte der Mieter deutlich gestärkt wurden. "Wenn die Regelung auch nur teilweise zu weit geht, ist sie insgesamt unwirksam", fasst die Stiftung Warentest die Rechtsauslegung des BGH zusammen. Die Unwirksamkeit einer einzigen Formulierung kann also die gesamte Klausel zu Schönheitsreparaturen nichtig werden lassen. Dann gilt die Regelung des BGB und der Vermieter muss renovieren.
Welche Renovierungsarbeiten gelten als Schönheitsreparaturen?
Beispielsweise dürfen dem Mieter keine zu weit reichenden Renovierungspflichten, sondern wirklich nur Schönheitsreparaturen auferlegt werden. "Uneinigkeit besteht bei der Frage, was zu den Schönheitsreparaturen zählt und was nicht", berichtet D.A.S.-Juristin Kronzucker. Eine gesetzliche Definition des Begriffes gäbe es nämlich nicht. "Die Gerichte verstehen unter Schönheitsreparaturen in der Regel alle Maßnahmen zur Beseitigung normaler Abnutzungserscheinungen", führt die Juristin weiter aus. "Das sind lediglich Tapezier-, Streich- und Lackierarbeiten sowie gegebenenfalls die Beseitigung kleiner Schrammen im Putz oder ähnlicher Nutzungsfolgen."
Die Renovierungspflicht erstreckt sich dabei aber nur aufs Innere der Wohnung. "Unzulässig ist es, dem Mieter zu weitgehende Renovierungspflichten durch Formularvertrag aufzuerlegen", heißt es beim Mieterverein zu Hamburg. Beispiele für unzulässige Renovierungspflichten seien das Streichen von Kellerwänden oder Balkonbrüstung, das Streichen der Außenseite von Fenster- oder Türrahmen sowie die Erneuerung oder Aufarbeitung von Fußbodenbelägen. Werden diese Pflichten im Vertrag dem Mieter übertragen, ist die gesamte Klausel unwirksam und der Vermieter ist für sämtliche Schönheitsreparaturen zuständig.
Viele Fristenregelungen für Renovierungen und Schönheitsreparaturen unwirksam
Auch allzu starre Fristenregelungen, in welchen Abständen der Mieter zu renovieren hat, sind nicht zulässig. "Mietvertragsklauseln, die bestimmen, dass der Mieter Küche, Bäder und Duschen alle drei Jahre, Wohn- und Schlafräume, Flure, Dielen und Toiletten alle fünf Jahre und andere Nebenräume alle sieben Jahre renovieren muss, sind nur wirksam, wenn sie nicht als starre und feste Fristen formuliert sind", informiert der DMB.
"Klauseln, die starre Fristen zur Renovierung oder für die Abgeltung von Renovierungskosten enthalten, sind generell ungültig", ergänzt D.A.S.-Expertin Kronzucker. Schreibe der Vertrag hingegen vor, dass die Renovierung der Räume "im Allgemeinen" oder "in der Regel" innerhalb bestimmter Fristen erfolgen soll, so sei die Klausel wirksam. Auch bei der Fristenregelung gilt: Eine einzige unwirksame Formulierung lässt sämtliche Passagen zu Schönheitsreparaturen im Mietvertrag nichtig werden und der Vermieter muss auf eigene Kosten renovieren.
Wann Mieter keine Schlussrenovierung durchführen müssen
In vielen Mietverträgen wird unabhängig davon, wann das letzte Mal renoviert wurde, verlangt, dass Mieter bei Auszug eine frisch renovierte Wohnung übergeben müssen. Dann gilt dasselbe wie bei starren Fristenreglungen während der Mietzeit: Die Klausel ist ungültig, weil sie die Pflicht zur Renovierung nicht vom Zustand der Wohnung abhängig macht.
Außerdem erklärte der BGH am 18. März 2015 Vertragsklauseln für unwirksam, die dem Mieter einer unrenoviert angemieteten Wohnung Schönheitsreparaturen auferlegt. Eine solche Klausel verpflichtet den Mieter zur Beseitigung sämtlicher Gebrauchsspuren des Vormieters und kann dazu führen, dass ein Mieter bei einer kurzen Mietzeit die Wohnung in einem besseren Zustand zurückgeben muss, als er sie selbst vom Vermieter erhalten hat. Dies bewerteten die Richter als unzulässige einseitige Benachteiligung des Mieters.
Quotenklauseln sind unwirksam
Auch Quotenklauseln stellen eine unangemessene Benachteiligung des Mieters dar, wie die BGH am selben Tag feststellte. Viele Mietverträge enthalten Vereinbarungen, wonach Mieter, die vor Ablauf der typischen Renovierungsintervalle ausziehen, anteilig mit Renovierungskosten belastet werden können. Weil der auf sie entfallende Kostenanteil aber nicht verlässlich ermittelt werden kann und beim Abschluss des Mietvertrages für sie nicht klar und verständlich ist, welche Belastungen gegebenenfalls auf sie zukommen, erklärten die Karlsruher Richter solche Klauseln für unwirksam. Das gilt unabhängig von der Frage, ob die Wohnung bei Beginn des Mietverhältnisses renoviert oder unrenoviert war.
Beide Parteien haben Anspruch auf "fachgerechte" Renovierung der Mietwohnung
Denn sowohl bei der Schlussrenovierung wie auch bei anfallenden Schönheitsreparaturen während der Mietzeit besteht lediglich ein berechtigter Anspruch auf fachgerechte Ausführung. Wie der BGH 2009 urteilte, haben Mieter sogar das Recht, die Arbeiten selbst zu übernehmen. Schreibt der Mietvertrag vor, dass die Schönheitsreparaturen von Fachfirmen erledigt werden müssen, ist die Klausel und mit ihr auch alle weiteren Regelungen zu Schönheitsreparaturen unwirksam (Az.: VIII ZR 294/09).
Anspruch auf fachgerechte Renovierung hat übriges nicht nur der Vermieter. Wenn Mieter vertraglich nicht verpflichtet werden, die Renovierungsarbeiten durchzuführen oder entsprechende Klauseln unwirksam sind, kann man den Vermieter in die Pflicht nehmen, eine renovierungsbedürftige Wohnung instandzuhalten und beispielsweise neu streichen zu lassen. Die Kosten dafür darf der Vermieter nicht auf die Monatsmiete umlegen oder einen "Schönheitsreparaturzuschlag" einfordern, wie der BGH 2011 entschied (Az.: VIII ZR 87/11).
Der zum DMB gehörende Mieterverein zu Hamburg rät seinen Mitgliedern allerdings, während der Mietzeit auch dann selbst zu renovieren, wenn die entsprechende Klausel im Vertrag eigentlich unwirksam ist. "Sie sollten während des laufenden Mietverhältnisses die Wohnung nach Ihrem Geschmack selbst renovieren und nicht etwa vom Vermieter verlangen, dass er es tut – womöglich nach seinem Geschmack!", empfehlen die Experten des Mietervereins. "Beim Auszug geben Sie die Wohnung in ordentlichem Zustand zurück, und das war's."
Mieter müssen Wände beim Auszug nicht weiß streichen
Aber auch wenn die vertraglichen Vereinbarungen wirksam sind und der Mieter renovieren muss, hat der Vermieter während des Mietverhältnisses gar kein Mitspracherecht, was die Farbwahl angeht. Der Mietvertrag darf die freie Farbwahl des Mieters auch nicht einschränken. Anders beim Auszug: Nach Auffassung des BGH entspricht nämlich nur ein "unauffälliger Einheitsanstrich" dem "Durchschnittsgeschmack" (Az. VIII ZR 344/08).
Da der Vermieter ein berechtigtes Interesse an einer möglichst zügigen und problemlosen Neuvermietung hat, muss der Mieter die Farbgestaltung so auswählen, dass sie von "möglichst vielen Mietinteressenten akzeptiert wird", wie der BGH urteilte (Az.: VIII ZR 224/07). So darf der Vermieter vertraglich festschreiben, dass seine Wohnung zum Ende des Mietverhältnisses in "hellen", in "neutralen" oder auch in "dezenten" Farben gestrichen übergeben werden muss.
Eine ganz bestimmte Farbe – zum Beispiel Weiß – darf er allerdings nicht diktieren. Tut er es doch, wird die ganze Klausel unwirksam. Allerdings kann man ausziehenden Mietern nur raten, die Freiheit der Farbwahl beim Auszug nicht zu überdehnen. Die vom BGH recht schwammig formulierte Forderung nach einem "unauffälligen Einheitsanstrich", der dem "Durchschnittsgeschmack" entsprechen muss, lässt viel Interpretationsspielraum. Rechtssicherheit sieht anders aus.
Lindgrün oder Hellblau etwa sind zwar dezente Farben, die jedoch nach BGH-Auffassung nicht als "neutral" zu werten sind, da sie nicht zu jedem Einrichtungsstil passen, was die Neuvermietung der Wohnung in unzulässiger Weise erschwere. Der ausziehende Mieter müsste die Wände überstreichen. Wer unsicher ist und ohnehin streichen muss, sollte daher sicherheitshalber zu einem Weiß greifen. Sehr helle Beige-Töne wären aber wohl nicht zu beanstanden.
Fachkundige Beratung einholen
Mieter, die glauben, bestimmte Klauseln in ihrem Vertrag seien unwirksam, sollten sich dennoch nicht ohne vorherige Beratung von fachkundiger Seite auf das Wagnis eines Rechtsstreits einlassen. Bei vielen Klauseln und Formulierung kann schon ein einziges Wort darüber entscheiden, ob der Vertragspassus nun rechtswirksam ist oder eben nicht. Im individuellen Einzelfall beraten können die örtlichen Mietervereine und natürlich auch Rechtanwälte.