Für diesen Beitrag haben wir alle relevanten Fakten sorgfältig recherchiert. Eine Beeinflussung durch Dritte findet nicht statt.
Zum journalistischen Leitbild von t-online.Kräuter und Salat ziehen Das können Pflanzsysteme fürs Haus
Berlin (dpa/tmn) - Sie heißen Smart- oder Indoor-Garten, passen aber so recht in keine Kategorie: Pflanzsysteme fürs Haus mit speziellen Lampen, die für Gemüse und Kräuter das Tageslicht ersetzen, sollen die Ernte auch im Winter möglich machen. Der dpa-Themendienst hat drei Systeme angeschaut und ausprobiert.
Die Geräte: Zweimal Luxus, einmal DIY-Feeling
Einige der Pflanzen wurden in zwei Systemen mit Wasserversorgung über einen integrierten Tank und Zeitschaltuhr gezogen: dem GerätSmart Grow6von Bosch und demSmart Garden Click & Growvon Emsa.
Der Namensbeisatz "smart" bei den Vollautomaten ist kein Hinweis auf eine Smart-Home-Anwendung: Die Geräte sind nicht mit dem Internet verbunden und auch nicht übers Smartphone steuerbar. Dazugehörige Apps dienen lediglich der Information.
Als drittes Modell wurde die LampeVäxervon Ikea ausprobiert, die sich in eine Halterung integrieren oder alleine verwenden lässt. Da ein passender Kasten nicht zur Verfügung stand, war Improvisation nötig. Wir haben die Lampe an einem Überbau montiert.
Die Kosten: 35 bis 250 Euro
Das Bosch-Gerät ist mit 149,99 Euro für das System mit drei Pflanznischen und mit 249,99 Euro für das Sechser-Modell das teuerste. Emsas Modell mit drei Pflanzstellen kostet 99 Euro, das Neuner-Modell 199,99 Euro. Die Leuchten von Ikea gibt es für 35,00 Euro. Im Baumarkt findet man ähnlich preisgünstige Modelle.
Während man hier Saatgut aus dem Handel nimmt und es in einen Kasten mit Erde steckt, sind für die vollautomatischen Systeme spezielle Pflanzkapseln nötig. Die Kosten bei Emsa und Bosch belaufen sich auf 9,99 Euro für je drei Kapseln einer Pflanzenart. Dafür braucht man weder Substrat noch ein extra Gefäß.
Die Pflanzenpflege
Bei den automatischen Pflanzsystemen erhalten die Sämlinge Wasser über einen Tank, der anfangs wochenlang nicht nachgefüllt werden muss, weil die Pflanzen noch ganz klein sind. Später muss man alle paar Tage auffüllen. Nährstoffe erhalten die Pflanzen bei Emsa über Zusatzstoffe in den Kapseln, bei Bosch kommt ein Granulat ins Wasser.
Die Pflanzlampen in den beiden Geräten arbeiten in einem Rhythmus von 16 Stunden Beleuchtung und 8 Stunden Pause. Dieser lässt sich an den üblichen Tag-Nacht-Rhythmus anpassen, bei Bosch ist auch ein Urlaubsmodus für verringertes Wachstum möglich.
Dagegen liefert die Ikea-Lampe nur das Licht. Damit man einen zu den Vollautomaten vergleichbaren Tag-Nacht-Rhythmus hinbekommt, kann man eine Zeitschaltuhr zwischenschalten.
Was gefällt: Kaum Pflege, gutes Ergebnis
Schon nach wenigen Wochen ließen sich bei allen Geräten frische und aromatische Kräuter ernten. Bei Bosch und Emsa überzeugt die nahezu automatische Pflege. Man muss kaum etwas selbst tun, auch das Vereinzeln und Umsetzen der Sämlinge entfällt.
Aber auch die einfachere Anzuchtvariante mit der Ikea-Lampe über Töpfen funktioniert schnell, nur muss man die Jungpflanzen aufgrund der Leuchte häufiger gießen als üblich. Die weitere Pflege entsprach der Pflege eines normalen Gemüsebeets oder Balkonkastens.
Was stört: Die Disco-Beleuchtung
Tagsüber fallen die Geräte kaum auf, es sei denn, man sitzt direkt daneben - dann blendet die intensive Beleuchtung auf Sitzhöhe. Wird es dunkel, was im Testzeitraum aufgrund der kurzen Wintertage meist schon ab Spätnachmittag der Fall war, fällt die Beleuchtung extrem auf - und stört. Besonders war dies der Fall im offenen Wohnraum.
Der Rat: Die Geräte am besten in Räumen aufstellen, die man weniger nutzt oder wo der Lichtschein weniger stört - zum Beispiel in einer Nische oder Abstellkammer. Danach gefragt, hat auch der Hersteller Emsa einen Tipp: Über den integrierten Timer könne der Beleuchtungszyklus den persönlichen Präferenzen angepasst werden.
Was uns noch störte: Der Erntedruck
Die Pflanzsysteme funktionieren so gut, dass die Kräuter regelmäßig geerntet werden müssen - die Tester allerdings brauchten gar nicht so viele Kräuter im Alltag.
Die Folge: Die Pflanzen wuchsen zu hoch und holten sich an den Leuchten Sonnenbrand. Bosch rät, so oft zu ernten, dass zwischen den Pflanzen und den Lampen rund fünf Zentimeter Abstand bleibt. Emsa empfiehlt fünf bis zehn Zentimeter.
Unser Ergebnis: Pflanzsysteme erfüllen ihren Zweck
Ein Kräutergarten in der Küche mit einer Ernte das ganze Jahr über - dieses Werbeversprechen der Anbieter klingt gut. Und es erfüllt sich. Alle Pflanzleuchten lieferten gute Ergebnisse und leckeres Grün. Und man weiß, woher das Grün stammt und dass es frei von Chemie ist.
Trotzdem sollte man sich die Frage stellen: Braucht man die Pflanzsysteme und -leuchten wirklich?
Für die frische Ernte von Kräutern lassen sich viel kostengünstiger erntereife Küchenkräuter im Topf kaufen, die den Winter an der Fensterbank aushalten. Ihr Zuwachs hält sich zwar aufgrund des Lichtmangels in Grenzen, aber sie reichen für den Grundbedarf aus. Große Erwartungen an die Ernte von Salaten darf man nicht haben. Die Selbstversorgung lässt sich nicht bewältigen.
"Salate sind weniger als volle Mahlzeit für eine fünfköpfige Familie anzusehen, aber blattweise abgeerntet für Sandwich & Co. genau die passende Menge, ohne dass Reste weggeworfen werden müssen", erklärt Hersteller Emsa dazu. Bosch betont, die Geräte seien eine Lösung für alle, die nicht den passenden Ort für Blumentöpfe oder Beete haben - beispielsweise in der Stadt ohne Balkon oder Garten - und trotzdem ganzjährig frische Kräuter anbauen möchten.
Fazit: Die Geräte sind in der Tat eine Zusatzlösung für Menschen, die sich bestmöglich von Selbstproduziertem ernähren wollen. Zumindest ihren Kräuterbedarf decken sie so an den dunkelsten Wintertagen selbst ab. Aber davon wird man natürlich noch nicht satt. Und drei Blätter pro Woche machen noch keinen leckeren Salat.