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Asbest: Unterschätzte Gefahr steckt in tausenden Häusern


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Asbest noch immer weit verbreitet

Das einst als Wunderwerkstoff gepriesene, aber hochgradig krebserregende Mineral Asbest ist in der EU seit 2005 verboten. In Deutschland gab es in den Neunzigern eine großangelegte Sanierungswelle. In der Folge ist der Baustoff aus der öffentlichen Wahrnehmung nahezu verschwunden. Zu unrecht, denn noch immer ist Asbest weit verbreitet.

Aktualisiert am 07.01.2016|Lesedauer: 3 Min.
dpa-tmn, rw
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"In Häusern, die zwischen 1960 und 1990 gebaut wurden, ist mit fast hundertprozentiger Wahrscheinlichkeit Asbest zu finden", sagt Torsten Mußdorf, Geschäftsführer des Norddeutschen Asbestsanierungsverbandes (NAV). In den meisten Fällen befindet er sich in Platten aus Asbestzement, die in Dächern, Fassaden oder Luftschächten verbaut wurden. Auch Car-Ports wurden gern mit diesen Platten errichtet.

Asbest nur von Profis entfernen lassen.Vergrößern des Bildes
Asbest nur von Profis entfernen lassen. (Quelle: dpa-bilder)

Asbest findet sich noch in vielen Gebäuden

"Wir müssen unterscheiden zwischen festgebundenen Asbestprodukten – auch Hartasbest oder Asbestzement genannt – und schwach gebundenen Asbestprodukten", sagt Torsten Mußdorf.

"Festgebundener Asbest kann ruhig im Haus bleiben, es gibt keine Verpflichtung, ihn zu entfernen", erklärt der Fachmann. "Auch gesundheitlich sind solche Asbestprodukte für Bewohner älterer Gebäude in der Regel kein Risiko", betont Rolf Packroff von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) in Dortmund. Voraussetzung ist allerdings, dass sie in Ruhe gelassen werden. "Gefährlich wird es, wenn Asbestprodukte nicht erkannt und ohne ausreichende Schutzmaßnahmen bearbeitet werden."

Asbest ist eine unsichtbare Bedrohung

Neben dem festgebundenen Asbest kann sich auch noch jede Menge schwach gebundener Werkstoff im Haus befinden. "Der ist gefährlicher als der festgebundene, weil er dazu neigt, Fasern abzugeben", erklärt Mußdorf.

Für Heimwerker und alle beruflich am Bau Tätigen bedeutet das bei vielen Umbau- und Renovierungsarbeiten eine große Gefahr. "Asbestverwendungen können an unterschiedlichsten Stellen auftauchen", warnt Mußdorf. Dacheindeckungen, Fassaden, Fensterbänke, Rohrleitungen oder auch Lüftungsschächte enthalten demnach häufig Asbest. "Dazu kommen Fußbodenkleber, Farbe, Spachtelmassen und zahlreiche andere Verwendungsformen." Der Experte schätzt, dass Asbest in 3000 bis 5000 unterschiedlichen Produkten eingesetzt wurde.

Bei der Renovierung eines 70er-Jahre-Badezimmers könnten Heimwerker beispielsweise durch belasteten Fliesenkleber oder bei der Demontage alter Lüftungsrohre in Kontakt mit den krebserzeugenden Fasern kommen. Das Tückische: Asbest ist praktisch unsichtbar. "Gleich aussehende Produkte können einmal Asbest enthalten und einmal nicht", erklärt Mußdorf. Klarheit schaffe erst die Laboranalyse einer Materialprobe.

Werde darin Asbest nachgewiesen, müsse unbedingt eine Fachfirma mit der Sanierung beauftragt werden. Heimwerker lassen von solchen Arbeiten lieber die Finger. Zum einen könnten sie sich selbst gefährden, zum anderen das Problem verschärfen. "Es besteht die große Wahrscheinlichkeit, dass beim Herausreißen asbestbelasteter Materialien die übrige Wohnung kontaminiert wird", macht Mußdorf das Problem deutlich.

Sicheres Vorgehen bei der Renovierung

Asbest wurde vor allem zwischen 1960 und 1990 intensiv verbaut. Immer dann also, wenn Räume renoviert werden, die in dieser Zeit eingerichtet wurden, ist Vorsicht geboten. Fußböden, Fliesenkleber, Dacheindeckung – in all diesen Baustoffen kann Asbest stecken.

Die einzige wirklich sichere Methode ist es, vor Beginn der Arbeiten eine Materialprobe entnehmen zu lassen und diese im Labor auf Asbest untersuchen zu lassen. "Die Probe für eine Analyse sollte auf keinen Fall selbst entnommen werden", rät die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen.

Wird Asbest nachgewiesen, muss das Gebäude von einer Fachfirma nach Vorgaben der Gefahrstoffverordnung saniert werden. Eine solche Sanierung ist wegen der besonderen Anforderungen an Arbeitssicherheit, Entsorgung und Hygiene um ein Vielfaches aufwändiger und teurer als eine gewöhnliche Renovierung. Wohl auch deshalb schreckt so mancher Hausbesitzer davor zurück, vor Arbeitsbeginn eine Probe entnehmen zu lassen.

Doch dieses Versäumnis kann Schadenersatzforderungen nach sich ziehen. "Der Bauherr ist verantwortlich für sein Haus", stellt Jörg Wohlgemuth, Sachverständiger für Schadstoffe in Innenräumen der IHK Offenbach am Main, klar. "Er muss die beauftragten Firmen informieren, dass Asbest verbaut wurde und möglichst auch, wo."

Asbest ist eine tödliche Bedrohung

Asbest kann Lungenkrebs erzeugen und eine Lungenkrankheit mit dem bezeichnenden Namen Asbestose auslösen, die bis zur Invalidität führen kann. In Deutschland gibt es deshalb seit 1993 ein generelles Asbest-Verbot, das 2005 auf die gesamte EU ausgeweitet wurde. Seitdem dürfen keine asbesthaltigen Materialien mehr eingesetzt werden.

Experten schätzen, dass jährlich etwa 1500 Menschen in Deutschland an den Spätfolgen ihrer Arbeit mit asbesthaltigen Materialien sterben. Etwa 200.000 Menschen leiden an asbestbedingten Krankheiten. Besonders stark betroffen sind Personen, die beruflich häufig asbesthaltigen Materialien ausgesetzt waren. Doch schon das einmalige Einatmen kann in 20 bis 30 Jahren Krankheiten auslösen. Wegen der langen Zeit zwischen Asbestkontakt und Krankheitsausbruch, steigen die jährlichen Opferzahlen noch immer.

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