Social Freezing Social Freezing: Den Kinderwunsch auf Eis gelegt
Seit Jahren schieben Frauen den Zeitpunkt, um ein Kind zu bekommen immer weiter nach hinten. Mit zunehmendem Alter der Frau steigen aber die Schwierigkeiten, überhaupt schwanger zu werden. Neben der künstlichen Befruchtung zeichnet sich jetzt ein neuer Trend ab, der es ermöglicht, auch in reiferen Jahren den Kinderwunsch zu erfüllen: das sogenannte Social Freezing. Wir klären auf, was dahinter steckt.
Beim Social Freezing werden unbefruchtete Eizellen eingefroren, um mit ihnen zu einem späteren Zeitpunkt eine Schwangerschaft zu ermöglichen. Das Verfahren hat seinen Ursprung in der Krebstherapie. Da die Behandlungen wie Chemotherapie oder Bestrahlung oft zu Unfruchtbarkeit führen, können sich junge Frauen vor der Behandlung vorsorglich Eizellen entnehmen und einfrieren lassen. Auch das Einfrieren und nachträgliche Einsetzen von Eierstockgewebe ist möglich und hat schon zu gesunden Kindern geführt.
Später schwanger werden dank Social Freezing
Neu beim Social Freezing ist, dass für die Frauen kein medizinischer Grund besteht, ihre Eizellen entnehmen und einfrieren zu lassen. Es ist vielmehr eine Absicherung für den Zeitpunkt, wenn die eigene natürliche Fruchtbarkeit nachlässt. Frauen können so theoretisch das Zeitfenster, in dem sie schwanger werden können, vergrößern.
Die Möglichkeit, befruchtete Eizellen einzufrieren, gibt es schon länger. Bei unbefruchteten Eizellen gelingt dies erst seit wenigen Jahren. Aufgrund ihrer Größe und des damit verbundenen hohen Wasseranteils bilden sich beim "normalen" Einfrieren unerwünschte Kristalle. Durch Schockgefrieren in flüssigem Stickstoff (Vitrifikation) bleibt diese Kristallisation aus und circa 80 bis 90 Prozent der Eizellen "überleben" später den Auftauvorgang.
Nachlassende Qualität der Eizellen
Wenn weibliche Babys auf die Welt kommen, sind sie bereits mit einem Vorrat an Eizellen ausgestattet. Dieser nimmt im Verlauf des Lebens dann kontinuierlich ab. Das größte Problem für ältere Frauen, die schwanger werden wollen, ist aber nicht ihre geringe Anzahl von Eizellen, sondern deren nachlassende Qualität. Ab etwa einem Alter von 35 erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass die Eizellen zu viele oder zu wenige Chromosomen enthalten. Viele dieser veränderten Eizellen sind nicht mehr befruchtungsfähig oder nisten sich nicht in der Gebärmutter ein.
Social Freezing auch in Deutschland möglich
Social freezing ist auch hierzulande erlaubt. Die biologisch gesehen beste Zeit dafür ist das Alter zwischen 20 und 30, weil in diesem Zeitraum auch die natürliche Fruchtbarkeit am höchsten ist. Die Kosten für die Behandlungen werden allerdings von der Krankenkasse nicht übernommen.
So funktioniert Social Freezing
Der Ablauf ist ähnlich wie bei einer Kinderwunschbehandlung: Die Patientin wird zunächst hormonell so stimuliert, dass innerhalb eines Zyklus mehrere Eizellen heranreifen. Die Eizellen werden dann unter Vollnarkose entnommen und eingefroren. Die Behandlung ist jedoch nicht frei von Nebenwirkungen. Übelkeit, Stimmungsschwankungen und Gewichtszunahme können auftreten. Unter Umständen muss die Stimulation über mehrere Zyklen erfolgen. Auch die Gefahr einer hormonellen Überstimulation besteht. Zusätzlich fallen für die Lagerung der eingefrorenen Eizellen weitere Kosten an - rund 300 bis 400 Euro pro Jahr.
Sollen die Eizellen dann später zum Einsatz kommen, wird wie bei einer regulären künstlichen Befruchtung verfahren. Die Eizellen werden aufgetaut, im Reagenzglas künstlich befruchtet und in die Gebärmutter der Frau eingesetzt.
Die Risiken von Social Freezing
Auch wenn es mit Hilfe der aufgetauten Eizellen gelungen ist, schwanger zu werden, bleiben dennoch die Risiken, die sich allein durch das Alter der Frau ergeben. So ist beispielsweise das Risiko, eine Fehlgeburt zu erleiden, deutlich größer als bei jüngeren Schwangeren. Auch die Wahrscheinlichkeit für Schwangerschaftsdiabetes oder Bluthochdruck ist erhöht.
Das Dilemma der Frauen
Frauen stecken in einem Dilemma: sollen sie in ihren Zwanzigern ein Kind bekommen, wenn ihre Fruchtbarkeit am größten ist, dafür aber die Karriere oder auch die Partnerschaft möglicherweise noch nicht gefestigt ist? Oder sollen sie sich zuerst im Beruf etablieren und dann an die Familienplanung denken?
Immer mehr Frauen scheinen sich für die zweite Variante zu entscheiden. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes betrug 2010 das Durchschnittsalter der Mütter bei der Geburt ihres ersten Kindes 29 Jahre. 1980 waren Frauen beim ersten Kind durchschnittlich erst 25 Jahre alt. Damit war nicht nur die Wahrscheinlichkeit höher, überhaupt schwanger zu werden, auch die Chance, mehr als ein Kind zu bekommen, war deutlich größer.
35 gilt als kritische Grenze
Frauen fühlen sich heute auch mit 35 oder noch 40 jung - und sehen häufig auch so aus. Umso bitterer muss die Erkenntnis sein, dass der Köper bereits in den "Alterungsmodus" umgeschaltet hat. Reproduktionsmediziner sehen ein Alter von 35 Jahren als kritische Grenze an. Die Wahrscheinlichkeit, schwanger zu werden liegt pro Zyklus dann nur noch bei etwa zehn Prozent. Auch die Erfolgsaussichten einer Kinderwunschbehandlung sinken ab 35.
Erfolgsaussichten von künstlicher Befruchtung
Ob eine Kinderwunschbehandlung Erfolg hat, hängt von vielen Faktoren ab, nicht nur vom Alter der Frau. Die Wahrscheinlichkeit, mit Hilfe künstlicher Befruchtung schwanger zu werden, beträgt für 35- bis 40-jährige Frauen rund 30 Prozent. Allerdings ist die Wahrscheinlichkeit, eine Fehlgeburt zu erleiden, ebenfalls hoch, sie liegt bei 25 Prozent. Auch die körperlichen und seelischen Strapazen, die eine solche Behandlung mit sich bringen, sollten nicht unterschätzt werden.
Adoption: sieben Bewerber auf ein Kind
Frauen, die das nicht auf sich nehmen wollen oder bei denen die Behandlung nicht anschlägt, bleiben nicht viele Optionen. Eine Möglichkeit neben dem Social freezing ist die Adoption. Dieser Weg ist jedoch ebenfalls langwierig und unsicher. Aktuelle Zahlen zeigen, dass auf ein Kind rund sieben Bewerber kommen. 2011 wurden 1690 Kinder an neue Eltern vermittelt.
In Deutschland verboten: Eizellspende und Leihmutterschaft
Immer mehr Paare greifen auf Methoden zurück, die in Deutschland verboten sind, etwa die Eizellspende oder die Leihmutterschaft. Ein Paar, das per Eizellspende ein Kind bekommen will, bräuchte dazu die gespendete Eizelle einer fremden Frau, die dann im Labor mit dem Samen des Mannes künstlich befruchtet werden würde. Das Embryonenschutzgesetz verbietet diese Möglichkeit jedoch ausdrücklich. Manche Frauen lassen sich davon jedoch nicht abschrecken und suchen den Weg ins Ausland, etwa nach Tschechien oder Spanien.
Auch die Anzahl der Kinder, die von Leihmüttern ausgetragen werden, nimmt zu. In Indien haben sich zahlreiche Reproduktions-Kliniken darauf spezialisiert, kinderlosen Paaren aus aller Welt mit Hilfe von Leihmüttern ihren Kinderwunsch zu erfüllen. Schätzungsweise 1500 Kinder, die von einer Leihmutter ausgetragen werden, gibt es jährlich in Deutschland. Standesbeamte fordern inzwischen eine Reform des Familienrechts, da sie zunehmend mit ausländischen Geburtsurkunden konfrontiert sind, in denen die genetischen Eltern eingetragen sind, die die Standesbeamten aber aus juristischen Gründen nicht anerkennen dürfen. Immerhin wird diesen Paaren die Möglichkeit gegeben, ihre von einer Leihmutter ausgetragenen Kinder zu adoptieren.
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.