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Krebs: Unfruchtbar durch Chemotherapie und doch ein eigenes Baby. Eine Mutter erzählt


Medizinerfolg
Isabel ist ein Wunschbaby trotz Brustkrebs und Chemo

Von t-online, dpa
14.09.2012Lesedauer: 4 Min.
Eierstockgewebe retransplantiert: Sandra G. wurde glückliche Mutter trotz Unfruchtbarkeit nach Brustkrebstherapie.Vergrößern des Bildes
Eierstockgewebe retransplantiert: Sandra G. wurde glückliche Mutter trotz Unfruchtbarkeit nach Brustkrebstherapie. (Quelle: Uni-Klinikum Erlangen, M. Rabenstein)

Es könnte eine Hoffnung für viele krebskranke Frauen sein. An der Frauenklinik in Erlangen gelang es, Eierstockgewebe einzufrieren und nach der Chemotherapie wieder zu transplantieren. Sandra G. (32) brachte ein gesundes Kind zur Welt. So erlebte die Familie den Diagnose-Schock, die Therapie und die glückliche Geburt.

Die Nürnbergerin Sandra G. (32) freut sich über die Geburt ihrer Tochter Isabel - weltweit konnten vor der frischgebackenen Mutter nur 13 Frauen, die durch eine Krebstherapie unfruchtbar geworden waren, auf natürlichem Weg ein Kind bekommen. Sandra G. ist die erste Frau in Deutschland, der die Reproduktionsmediziner an einem Ort mit der Entnahme und der Retransplantation von kryokonserviertem Eierstockgewebe eine Schwangerschaft ermöglichen konnten.

Ein Sonntagskind: großer Erfolg für die Erlanger Mediziner

Sandra G. erkrankte im Juli 2008 an Brustkrebs. Vor ihrer Behandlung ließ sie sich Eierstockgewebe im Universitätsklinikum Erlangen entnehmen und einfrieren (Kryokonservierung). Durch die anschließende Chemotherapie wurde sie unfruchtbar und entschied sich später für die Retransplantation des Gewebes. Mit Erfolg: Die Hormonproduktion setzte wieder ein und Sandra G. wurde schwanger. Am 26. August 2012 wurde ihr Kind im Uni-Klinikum Erlangen geboren. Isabel kam mit einem Geburtsgewicht von 3070 Gramm und einer Größe von 50 Zentimetern auf natürlichem Weg zur Welt.

Hoffnung für krebskranke Frauen

In Deutschland ist es das erste Mal, dass dieses Verfahren bei einer Brustkrebspatientin Erfolg hatte und dass alle Therapieschritte an einem Ort durchgeführt wurden. Im Oktober 2011 gelang das Verfahren erstmals in Deutschland bei einer 33-jährigen Lymphdrüsenkrebs-Patientin aus Radebeul in Kooperation zwischen den Uni-Kliniken Bonn, Erlangen und Dresden. In Deutschland erkranken pro Jahr rund 17.000 Frauen im Alter zwischen 15 und 45 Jahren an Krebs. Moderne Behandlungsmethoden bei bösartigen Krebserkrankungen haben die Überlebensrateder Krebspatientinnen deutlich erhöht, führen aber oft zur Unfruchtbarkeit.

So wird das Eierstockgewebe gerettet

Eine vielversprechende Möglichkeit für krebskranke Frauen mit Kinderwunsch ist nach Ansicht der Erlanger Forscher die sogenannte Kryokonservierung von Eierstockgewebe (Ovarialgewebe). 2008 wendeten die Erlanger Reproduktionsmediziner erstmals das Verfahren bei einer jungen Patientin aus Franken an und konnten nach der Therapie das Eierstockgewebe voll funktionsfähig retransplantieren.

"Diese Option war für mich in dieser schweren Zeit ein Strohhalm"

Dieses Verfahren gelang jetzt auch bei der 32-jährigen Nürnbergerin. "Vor der ersten Chemotherapie erklärte mir mein Arzt, dass es ein experimentelles Verfahren gäbe, durch das ich mir die Chance auf eigene Kinder erhalten kann", sagt Sandra G. "Diese Option war für mich in dieser schweren Zeit ein Strohhalm, an dem ich mich mit Blick auf die Zukunft festhalten konnte."

Per Bauchspiegelung entnahmen die Spezialisten der Frauenklinik des Uni-Klinikums Erlangen der Patientin Eierstockgewebe. Anschließend wurde es schonend eingefroren und in flüssigem Stickstoffbei -196° C gelagert (Kryokonservierung). Das Eierstockgewebe befindet sich bei so niedrigen Temperaturen in einer Ruhephase, ohne zu altern. Rund drei Jahre später - nach Abschluss der Krebstherapie - wurde das Gewebe langsam aufgetaut und Sandra G. laparoskopisch in die Beckenwand retransplantiert. "Das Gewebe wurde wieder hormonell aktiv und es konnte ein regelrechtes Follikelwachstum mittels Ultraschall festgestellt werden", sagt der Biologe Professor Ralf Dittrich, wissenschaftlicher Leiter der Reproduktionsmedizin am Uni-Klinikums Erlangen.

Normales Leben und Schwangerschaft ohne Komplikationen

Sandra G. war froh, dass sie nach der Krebstherapie langsam wieder in ihr normales Leben zurückkehren konnte. "Als dann der Arzt zu mir sagte, ich sollte das nächste Wochenende für mich nutzen, waren mein Mann und ich uns schnell einig“, sagt Sandra G. Wenige Wochen später stellte der Arzt ihre Schwangerschaft fest. Die nächsten neun Monate verliefen ohne Komplikationen.

Baby-Chancen nach Retransplantation

"Die Chancen unserer Patientinnen, nach einer erfolgreichen Retransplantation von Eierstockgewebe schwanger zu werden, stehen genauso gut oder schlecht wie bei jeder gesunden Frau", sagt Professor Matthias W. Beckmann, Direktor der Frauenklinik des Uni-Klinikums Erlangen. Die Mediziner der Erlanger Frauenklinik forschen seit rund zehn Jahren an der Methode. "Unsere Forschungserfolge zeigen klar, dass es möglich ist, die Eierstockfunktion von Krebspatientinnen wiederherzustellen. Das ist ein Hoffnungszeichen für zahlreiche Frauen: Ihnen kann die Möglichkeit der Hormonproduktion und des Kinderkriegens zurück gegeben werden." Beckmann fordert: "Krebskranke Frauen im gebärfähigen Alter müssen vor Therapiebeginn auf die neue Möglichkeit, ihre Fruchtbarkeit zu erhalten, hingewiesen werden.“ Während die gut etablierte Methode der Kryokonservierung von Samenzellen in Deutschland flächendeckend von zahlreichen reproduktionsmedizinisch tätigen Zentren angeboten wird, ist die Durchführung fruchtbarkeitserhaltender (fertilitätsprotektiver) Maßnahmen bei der Frau wesentlich komplexer und wird überwiegend in nur wenigen universitären Zentren angeboten, obwohl der Bedarf groß ist.

Eierstockgewebe kann sich auch von selbst erholen

Der ehemalige Direktor der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe des Universitätsklinikum in Lübeck, Klaus Diedrich, mahnte hingegen zur Vorsicht. Es komme auch vor, dass sich Eierstockgewebe nach einer Krebstherapie auf natürlichem Wege erhole. Wenn die Angaben aus Erlangen stimmten, sei das eine gute medizinische Leistung, betonte Diedrich, der auch Präsident der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) war. Allerdings stünden die Chancen "50 zu 50", dass der Erfolg mit Hilfe von Gewebe entstanden sei, das sich nach der Chemotherapie regeneriert habe. Nachweisbar sei das aber nicht. Falls die Methode tatsächlich erfolgreich gewesen sei, könne sie künftig auch beim "social freezing" angewendet werden. Dabei werde Frauen Gewebe entnommen, die später noch ein Kind bekommen wollen. So können sie sich eigene Eizellen wieder einpflanzen lassen, wenn die Fruchtbarkeit in späteren Jahren nachlässt.

>> So erlebte Sandra G. (32)

Weitere Infos über das Universitäts-Fortpflanzungszentrum Franken am Uni-Klinikum Erlangen unter: www.kind-nach-krebs.de oder telefonisch unter 0913185-44043.

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
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