Leihmutterschaft Anerkennung von Leihmutterkindern gefordert
Standesbeamte müssen sich zunehmend damit auseinandersetzen, dass kinderlose Paare im Ausland eine Leihmutter beauftragen, für sie ein Kind auszutragen. Doch wie werden diese Kinder deutsche Staatsbürger? Die ausländischen Geburtsurkunden werden in deutschen Standesämtern nicht anerkannt. Rechtswissenschaftler fordern eine Liberalisierung.
Ungewollte Kinderlosigkeit ist ein weitverbreitetes Problem und eine künstliche Befruchtung oft die letzte Hoffnung. Hierzu dürfen in Deutschland allerdings nur Eizellen der Frau entnommen werden, die das Kind auch austrägt und dann tatsächlich Mutter im Familiensinne wird. "Klappt das aus medizinischen Gründen nicht, sind uns die Hände gebunden", erklärt Gynäkologe Marc Jonas Willi. Obwohl der Reproduktionsmediziner vom Kasseler Kinderwunschzentrum gerne weiterhelfen wollte und könnte, setzen ihm das deutsche Familienrecht sowie das Embryonenschutzgesetz eindeutige Schranken.
Deutschen Paaren bleibt nur der Weg ins Ausland
Umgangen werden kann das restriktive deutsche Recht teilweise im europäischen Ausland. Eizellenspenden sind beispielsweise in Belgien oder Spanien erlaubt. Indien, die Ukraine, Russland oder Teile der USA erlauben sogar kommerzielle Leihmutterschaften. Hier können Paare Leihmütter beauftragen, für sie ein Kind auszutragen. Für einige deutsche Paare zunächst ein scheinbarer Ausweg zum lange ersehnten Familienglück, doch spätestens bei den deutschen Behörden gibt es oft Probleme.
Nicht strafbar, aber verboten
Ausländische Geburtsurkunden werden in diesem Fall von deutschen Standesämtern nicht anerkannt. Der Bundesverband der Standesbeamten fordert wegen zunehmender Leihmutterschaften jetzt eine Reform des Familienrechts. "Es gibt Leihmutterschaften. Das lässt sich nicht wegdiskutieren", sagt Verbandspräsident Jürgen Rast. Der Gesetzgeber müsse sich Gedanken machen, wie damit umzugehen ist.
Die Österreicher machen es vor
"Wir werden das Gesetz liberalisieren müssen", betont der Gießener Rechtswissenschaftler Christoph Benicke. Wie, das hätten die Österreicher vorgemacht. Auch hier seien Leihmutterschaften verboten, aber die ausländischen Geburtsurkunden, in denen die Wunscheltern eingetragen sind, würden problemlos anerkannt. In Deutschland sei es hingegen inzwischen gängige Praxis, dass den Paaren die Möglichkeit zur Adoption des von einer Leihmutter ausgetragenen Kindes gegeben werde - mit bürokratischen Konsequenzen. Strafbar machten sie sich - trotz Verbots - jedenfalls nicht.
Einige hundert Paare in Deutschland suchen sich eine Leihmutter
Die Dunkelziffer der Leihmutterschaften sei hoch, sagen die Standesbeamten. Einige hundert deutsche Paare dürften ihr Kind Schätzungen zufolge pro Jahr im Bauch einer fremden Frau heranwachsen lassen. Der Bedarf nach Leihmüttern sei beträchtlich, es gebe jährlich rund 1500 Fälle in Deutschland, schätzen sie.
Leihmutterschaft ist mit Konflikten behaftet
Es sei unverständlich, warum Samenspenden in Deutschland erlaubt, Eizellenspenden hingegen verboten sind. "Ethisch geht es schließlich dabei um dieselbe Frage", meint Gynäkologe Marc Jonas Willi. Problematischer werde es hingegen bei Leihmutterschaften. Das sei mit vielen Konflikten behaftet. "Die Tragemutter hat das Kind im Bauch gespürt, die Geburt erlebt und muss sich dann von dem Kind lösen - wer will darüber entscheiden, dass sie das Kind abgeben muss?", hinterfragt er. Für Willi das Kernproblem des Themas.
Ethische Fragen den Talk-Shows überlassen
"Die Debatte, ob das gut ist oder schlecht, kann man den Talk-Shows überlassen", sagt Kulturwissenschaftler Andreas Bernard. Er forscht zu Familienbildern und welche Auswirkungen die moderne Reproduktionsmedizin darauf hat. Der politische Streit hierbei sei mit Jahrhunderte alten Wertevorstellungen von Familie aufgeladen, sagt er. Seine These: "Leihmutterschaften bedeuten nicht - wie das vielfach betont wird - den Tod der Familie, sondern stärken sie." Schließlich wünschten sich Paare, die diesen Schritt gehen, nichts mehr als das.
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.