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Medikamentenabhängigkeit: So gelingt der Weg aus der Sucht


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Wege aus der Sucht
Welche Medikamente besonders schnell abhängig machen


Aktualisiert am 21.11.2023Lesedauer: 4 Min.
Ein Entzug ist ein langer Prozess, der unter ärztlicher Aufsicht erfolgen sollte.Vergrößern des Bildes
Ein Entzug ist ein langer Prozess, der unter ärztlicher Aufsicht erfolgen sollte. (Quelle: FatCamera/getty-images-bilder)
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Bestimmte Medikamente bergen ein Abhängigkeitspotenzial, vor allem Schlaf- und Beruhigungsmittel sowie Schmerzmittel.

Auch bei sachgerechtem Gebrauch bergen bestimmte Medikamente eine Suchtgefahr. t-online hat bei einem Suchtexperten nachgefragt, wann Schmerz- und Beruhigungsmittel abhängig machen können und wie bei einer Abhängigkeit der Weg aus der Medikamentensucht gelingen kann.

Medikamentenabhängigkeit in Deutschland

Etwa vier bis fünf Prozent aller verordneten Medikamente besitzen ein Missbrauchs- oder Abhängigkeitspotenzial. Angaben der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen e. V. (DHS) zufolge gibt es mit geschätzten 1,4 bis 1,5 Millionen Menschen in Deutschland fast ebenso viele Medikamenten- wie Alkoholabhängige. Während etwa 26 Prozent der Frauen mindestens einmal wöchentlich ein Medikament mit Suchtpotenzial zu sich nehmen, sind es bei Männern etwa 20 Prozent.

Welche Medikamente machen abhängig?

Hauptrisikosubstanzen für die Entwicklung einer Abhängigkeit sind die Schlaf- und Beruhigungsmittel aus der Gruppe der sogenannten Benzodiazepine (zum Beispiel Lorazepam, Oxazepam, Diazepam, Bromazepam) und der sogenannten Z Substanzen (Zolpidem, Zopiclon).

Die zweitgrößte Gruppe stellen Schmerzmittel dar, hier insbesondere Opiate beziehungsweise Opioide, die nur mit speziellem Betäubungsmittelrezept abgegeben werden dürfen. Bereits nach einer zweiwöchigen Einnahme beginnt der Körper, sich an das Medikament zu gewöhnen. Bereits nach drei bis vier Wochen kann sich bei unsachgemäßer Anwendung eine Abhängigkeit einstellen.

"Bei sachgerechter Verordnung und Anwendung nach der 4-K-Regel der Bundesärztekammer – konkrete Diagnose, kleinste Dosis, kurzfristige Einnahme, kein abruptes Absetzen – ist das Risiko eines Missbrauchs oder einer Abhängigkeitsentwicklung als gering einzustufen", sagt Dr. med. Rüdiger Holzbach, Chefarzt der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik am Klinikum Hochsauerland und Experte der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen e. V. (DHS).

"Doch selbst im Rahmen einer Behandlung durch fachkundige Ärztinnen und Ärzte sind unerwünschte Wirkungen wie eine Suchterkrankung nicht auszuschließen. Daher sollten die Patienten über die Abhängigkeitsgefahr aufgeklärt werden."

Medikamente mit Suchtrisiko – nehmen oder verzichten?

Ein mögliches Abhängigkeitsrisiko sollte nicht dazu führen, dass Patientinnen und Patienten auf eine therapeutische Behandlung verzichten, betont der Experte: "Der Ansatz darf weder in einer Verteufelung dieser Präparate bestehen, da sie wertvolle und unverzichtbar Medikamente darstellen, noch in einer Verharmlosung des Risikos.

Entscheidend ist eine sachgerechte Verordnung, Einnahme und Therapiebegleitung", so Holzbach. Benzodiazepine beispielsweise seien gute und unverzichtbare Medikamente für akute Krisensituationen, da sie dämpfend, schlaffördernd, angstlösend, muskelentspannend und gegen epileptische Anfälle wirken.

Auch eine akute oder chronische Schmerzbehandlung mit Opiaten oder Opioiden unter kontrollierten therapeutischen Bedingungen könne bei vielen Betroffenen den Weg aus der Schmerzspirale ebnen und die Lebensqualität erheblich verbessern. Wichtig ist laut Holzbach, dass sich Patienten nicht nur einseitig auf die Wirkung der Medikamente verlassen, sondern auch die eigene Mitarbeit zur Bewältigung von Krisen und Krankheiten ernst nehmen.

Welche Symptome deuten auf eine Medikamentensucht hin?

Da eine Medikamentenabhängigkeit nicht vollständig ausgeschlossen werden kann, ist der regelmäßige Austausch zwischen Arzt und Patient unverzichtbar. Ein Hinweis auf eine Medikamentenabhängigkeit ist eine nachlassende Wirksamkeit des Präparats. Auffällig ist es auch, wenn sich die Gedanken zunehmend um das Medikament drehen und der Patient das Gefühl hat, "mehr zu brauchen". Keinesfalls sollten Patienten bei dem Gefühl einer Toleranzentwicklung die Dosierung ohne Rücksprache mit dem behandelnden Arzt erhöhen, da dadurch das Missbrauchs- und Suchtrisiko steigt.

Ein weiteres Warnzeichen ist, wenn das Medikament zunehmend nicht mehr gegen die ursprünglichen Beschwerden eingenommen wird, sondern um das Wohlbefinden zu steigern, etwa um von einer dämpfenden Wirkung Gebrauch zu machen. Auch körperliche Beschwerden können ein Hinweis auf eine Abhängigkeit sein, etwa Gedächtnisstörungen, Konzentrationsstörungen, Gleichgewichts- und Bewegungsstörungen, psychische Veränderungen wie Unruhe und Gereiztheit, Stimmungsschwankungen, Persönlichkeitsveränderungen oder Schlafstörungen. Da diese Beschwerden auch Nebenwirkungen sein können, wird ebenfalls das Gespräch mit dem behandelnden Arzt empfohlen.

Medikamentensucht wird oft erst spät erkannt

Je länger bestimmte Medikamente eingenommen werden, desto größer ist das Risiko, eine Medikamentenabhängigkeit zu entwickeln. Dennoch dauert es oft Jahre, bis die Betroffenen merken, dass sich eine Medikamentensucht entwickelt hat. Oftmals treten die Symptome einer Abhängigkeit erst dann auf, wenn der Betroffene die Dosis reduziert oder das Medikament absetzen möchte, etwa weil es ihm gesundheitlich besser geht. Doch wie kann eine Medikamentensucht behandelt werden, wenn eine Abhängigkeit bemerkt wird?

(Quelle: Privat)

Dr. med. Rüdiger Holzbach ist Chefarzt der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik am Klinikum Hochsauerland und Experte der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen e. V. (DHS).

Wege aus der Medikamentenabhängigkeit

Liegt eine Abhängigkeit vor, sollte diese stationär im Rahmen eines professionellen Medikamentenentzugs behandelt werden. Das Wichtigste ist dem Suchtexperten zufolge, dass abhängig machende Mittel nicht schlagartig abgesetzt werden. Das schrittweise Abdosieren sollte möglichst mit einem Präparat erfolgen, das nicht zu schnell im Körper abgebaut wird, da ein schneller Abfall des Wirkstoffspiegels im Blut Entzugserscheinungen verursacht. "Zudem sollte die zu nehmende Dosis möglichst über den Tag verteilt werden, um Schwankungen im Wirkstoffspiegel zu vermeiden", erklärt Holzbach.

Bestehen parallel eine psychische Erkrankung oder weiter Schmerzen, so muss im individuellen Fall entschieden werden, ob diese vor dem Entzug, parallel zum Entzug oder erst nach Absetzen der Präparate behandelt werden sollen. Wichtig ist auch, dass der Nachsorge genügend Raum zur Verfügung steht.

Das Ziel ist, einen Rückfall zu verhindern. "Fachgerecht durchgeführt ist der Entzug von Medikamenten für die Mehrzahl der Betroffenen ambulant möglich und ohne große Schwierigkeiten durchführbar. Medikamentenabhängige haben die beste Prognose von allen Suchtpatienten", so der Suchtexperte.

Was tun, wenn das Medikament medizinisch unverzichtbar ist

Nicht ganz einfach ist die Situation, wenn der Patient das Medikament braucht, aber Symptome einer Abhängigkeit zeigt. "Wie bei jeder Therapie geht es darum, die Vor- und Nachteile einer Behandlung gegeneinander abzuwägen", sagt Holzbach.

"Am Beispiel Langzeitgebrauch von Schlaf- und Beruhigungsmitteln kann der sogenannte Lippstädter-Benzo-Check helfen, die Situation einzuschätzen. Der Test führt Betroffenen und Behandlern mögliche Nebenwirkung der Langzeitbehandlung vor Augen und hilft, eine Entscheidung über die Fortführung der Behandlung oder ein Ausschleichen der Präparate zu treffen."

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
Verwendete Quellen
  • klinikum-hochsauerland.de: "Langzeitfolgen. Welche Risiken haben Schlaf- und Beruhigungsmittel?". Flyer (PDF) des Klinikums Hochsauerland. (Stand: Aufgerufen am 20. Juli 2023)
  • klinikum-hochsauerland.de: "Lippstädter Benzo-Check". Online-Angebot (PDF) des Klinikums Hochsauerland. (Stand: Aufgerufen am 20. Juli 2023)
  • dhs.de: "Medikamente". Online-Information der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen e. V. (Stand: Aufgerufen am 20. Juli 2023)
  • dhs.de: "Medikamente. Zahlen, Daten, Fakten". Online-Information der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen e. V. (Stand: Aufgerufen am 20. Juli 2023)
  • dhs.de: "Schmerzmittel". Online-Information der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen e. V. (Stand: Aufgerufen am 20. Juli 2023)
  • dhs.de: "Schlaf- und Beruhigungsmittel". Online-Information der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen e. V. (Stand: Aufgerufen am 20. Juli 2023)
  • dhs.de: "Medikamentenabhängigkeit". Suchtmedizinische Reihe, Band 5. Online-Broschüre (PDF) der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen e. V. (DHS). (Stand: Juni 2020)
  • medikamente-und-sucht.de: "Medikamente und Sucht". Online-Information der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen e. V. (Stand: Aufgerufen am 20. Juli 2023)
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