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Dehnen: Wie sinnvoll ist das eigentlich vor dem Training?


Vor oder nach dem Sport
Ist Dehnen vor dem Training sinnvoll?

dpa-tmn, t-online, Karin Willen/Julia Zentik

Aktualisiert am 18.08.2022Lesedauer: 4 Min.
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Nackenverspannungen: Mit diesen simplen Übungen lösen Sie die Beschwerden von Zuhause aus. (Quelle: t-online)
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Dehnen und Dehnübungen machen viele Sportler ratlos: Soll überhaupt gedehnt werden? Und wenn ja, besser vor oder nach dem Sport? Oder beides? Und mittendrin? Das raten Sportexperten.

"Ein Dehnen, das den Namen auch verdient, sollte am besten erst nach einer kurzen Aufwärmphase und dann nach dem Training erfolgen", sagt Sportmediziner Prof. Hans-Georg Predel von der Sporthochschule Köln.

Kalte Muskeln niemals dehnen

Wer sich bereits vor dem eigentlichen Training ausgiebig dehnt, vergrößert dabei die Gelenkreichweite. Einige verletzen sich dadurch nur noch schneller, weil die Spannung in Muskeln und Sehnen fehlt. Dieser Verlust kann sogar die sportliche Leistung mindern, wenn es zum Beispiel um Disziplinen mit Kraft oder Schnelligkeit geht.

Generell sollte man nie den kalten Muskel dehnen. Nach einem kurzen Aufwärmprogramm sind ein paar Dehnübungen vor dem Training aber okay. Nach dem Sport, wenn die Muskeln richtig aufgewärmt sind, darf es dann ruhig ein ausgiebiges Dehnprogramm sein. Das sorgt für eine bessere Durchblutung der Muskeln und macht den gesamten Körper beweglicher.

Video | Mit diesen einfachen Übungen bleibt Ihre Hüfte beweglich
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Quelle: t-online

Nicht bei allen Sportarten macht Dehnen Sinn

"Es gibt Sportarten, bei denen das Dehnen vorher sogar kontraproduktiv sein kann", sagt Ingo Froböse, Professor am Institut für Bewegungstherapie und bewegungsorientierte Prävention und Rehabilitation der Deutschen Sporthochschule Köln. Etwa bei Fußball oder anderen Aktivitäten, bei denen Schnellkraft gefragt ist. Auch bei Maximalbelastungen wie Gewichtheben sieht Froböse den gedehnten Muskel eher geschwächt.

Wo Aufwärmen wichtig ist

Egal ob Joggen, Fußball, Tennis oder Kraftsport: Vor dem Sport ist Aufwärmen wichtiger. Dazu genügt es meist, die sportarttypische Bewegung langsam und mit geringer Intensität auszuführen. "Wenn Sie also Joggen wollen, laufen Sie die ersten fünf Minuten einfach ruhiger. Das reicht schon als Verletzungsschutz", so Froböse.

Jürgen Freiwald, der den Arbeitsbereich Bewegungswissenschaft an der Universität Wuppertal leitet, sieht das etwas gelassener. Freizeitsportler, die sich nach dem Dehnen besser fühlen, sollten ruhig dehnen. "Mit Dehnen vor dem Sport büße ich zwei bis fünf Prozent meiner maximalen Leistung ein. Dieser Leistungsbereich ist für Freizeitsportler irrelevant." Gerade älteren Menschen und Stressgeplagten legt er das Dehnen ans Herz: "Dehnen kann beweglicher machen oder die Beweglichkeit erhalten".

Welche Sportler sich dehnen sollten

Die Sportwissenschaftler bevorzugen das flexible, dynamische Dehnen als Vorbereitung auf den Sport im Rahmen des Aufwärmens. Nach einem harten Arbeitstag sei aber auch das statische Dehnen, das sogenannte Stretching, sinnvoll, sagt Freiwald. Der Kopf steuert die Muskeln und die Muskeln den Kopf, was man bei Entspannungsübungen wie zum Beispiel bei Yoga spüren kann.

Nur für Leistungssportler, die auf die Maximalkraft angewiesen sind, und für Überbewegliche sieht Freiwald das Dehnen nach wie vor kritisch: "Bereits überbewegliche Sportler werden damit anfälliger für Verletzungen", erklärt er. Wer beim Gehen öfter umknickt und vielleicht noch leichte X-Beine hat, sollte nicht unbedingt dehnen.

Wann Dehnen angebracht ist

Fürs Krafttraining empfiehlt Freiwald, zum Aufwärmen die Bewegung ohne Gewichte oder mit kleiner Last auszuführen. "Die Knorpel, die Muskel-Sehnen und die Sehnen-Muskelübergänge machen meistens die Probleme, damit werden sie geschmeidig gemacht und sind dann gut vorbereitet."

Anders sieht es bei Sportarten aus, die eine maximale Beweglichkeit erfordern. Für Turnen, Hürdenlauf, Delfinschwimmen oder Rhythmische Sportgymnastik halten die Sportwissenschaftler Dehnen im Rahmen des Aufwärmens für angebracht. Das gilt auch für Kampfsport wie Karate und Taekwondo und für Hürdenlauf oder Ballett.

Kein Schutz vor Muskelkater

Der Muskelkaterschutz durch Dehnen ist allerdings endgültig vom Tisch: "Es gibt keine gesicherten Untersuchungen, die einen präventiven Effekt des Dehnens gegen Intensität oder Dauer eines Muskelkaters belegen", sagt Hans-Joachim Appell Coriolano, Professor am Institut für Physiologie und Anatomie der Deutschen Sporthochschule Köln.

Dehnübungen gegen Krämpfe

Dehnübungen bleiben ein relevanter Teil des Sporttreibens und sind von Bedeutung für die Muskelhygiene: "Nach dem Sport sollte Dehnen die Muskelentspannung unterstützen, und während des Sports ist Dehnen dann gezielt sinnvoll, wenn sich ein Krampf ankündigt", sagt Appell. Das Dehnen verhindert in diesem Falle aber nur kurzfristig den Krampf. Langfristig verbessert Dehnen vor allem die Beweglichkeit der Gelenke und ihrer umgebenden Strukturen. Es kann kurzfristig dazu beitragen, muskuläre Dysbalancen zu beheben, indem es verkürzte Muskeln in die Länge zieht und ihre Spannung reduziert. Und es hilft Stressgeplagten, lockerer zu werden und zu entspannen.

"Nachher dehnen ist wichtiger als vorher"

Neuere Forschungen, so Freiwald, nehmen nicht mehr so sehr die Muskulatur selber, sondern das Bindegewebe in der Muskulatur sowie deren Umhüllung, die so genannten Faszien, in den Fokus: "Mit der Aufklärung der Funktionen der Faszien, die über die Gelenke von Kopf bis Fuß hinweg ziehen, werden wir in Zukunft viele Rätsel aufklären können, die dem Dehnen nach wie vor anhaften". Doch ob man nun Muskeln oder Faszien dehnt: "Beim Dehnen gilt wie im gesamten Leben: nicht über die Schmerzgrenze gehen", sagt Appell. Und Froböse sagt: "Nachher dehnen ist wichtiger als vorher".

Tipps zum Dehnen

  • Vor dem Dehnen sportspezifisch locker aufwärmen.
  • Auch das Dehnprogramm muss der Sportart angepasst sein, also etwa beim Tennis in erster Linie die Oberkörper- und Armmuskulatur dehnen.
  • Immer auch den Gegenspieler des jeweiligen Muskels dehnen.
  • Im Sport eher dynamisch-federnd dehnen und ruhig dabei atmen, nach dem Sport auch statisch, also die Dehnung etwa 20 Sekunden halten.

Außerdem gilt: Bei Training darf es zwar ziehen, aber nicht schmerzen. Und wenn bereits ein Muskelkater vorliegt, sollte man nur leicht dehnen.

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
Verwendete Quellen
  • Deutsche Presseagentur (dpa)
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