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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Test gibt Auskunft Schmerzen in den Schläfen können ein Warnsignal sein
Schmerzen in den Schläfen sind neben Kopfschmerzen ein häufiges Symptom. Doch auch Stress, die Zähne oder sogar ein Schlaganfall können dahinterstecken.
Auch wenn schmerzende Schläfen in den meisten Fällen harmlos sind und sich gut behandeln lassen: Manchmal sind sie auch ein Warnsignal für ernsthafte Krankheiten. Welche das sind und worauf Betroffene achten sollten, erklärt ein Experte.
Spannungskopfschmerz und Migräne als Ursache
Experten unterscheiden über 200 verschiedene Arten von Kopfschmerzen. Spannungskopfschmerzen und der Migränekopfschmerz sind die zwei häufigsten Kopfschmerzarten. Beide können Schmerzen im Bereich der Schläfen auslösen. Der Schmerz zeigt sich dabei unterschiedlich.
Während sich Spannungskopfschmerzen oft durch einen dumpfen Schmerz zeigen, der an beiden Schläfen wahrnehmbar ist und den Kopf wie ein "Schraubstock" umspannt, beschreiben von Migräne Betroffene den Schläfenschmerz meist als einseitig und heftig pulsierend. Während der Migräneattacke kann der Kopfschmerz auf die andere Kopfseite wechseln.
Hausmittel und Medikamente lindern Beschwerden
Gegen akute Spannungskopfschmerzen helfen häufig Bewegung an der frischen Luft, ein großes Glas Wasser und eine kurze Ruhepause. Wer kann, sollte sich etwas hinlegen und schlafen. Vielen Betroffenen tun zudem Dehnübungen der häufig verspannten Schulter-Nacken-Muskulatur gut.
"Etwas Pfefferminzöl auf die Schläfen aufgetragen, kann ebenfalls zur Linderung von Spannungskopfschmerzen beitragen", sagt Dr. Charly Gaul, Facharzt für Neurologie und Spezielle Schmerztherapie am Kopfschmerzzentrum Frankfurt am Main.
"Helfen diese Maßnahmen nicht, kann ein Schmerzmittel eingenommen werden. Empfohlen werden können Ibuprofen, Paracetamol und die Kombination aus Paracetamol, Acetylsalicylsäure und Koffein. Sie sollten aber darauf achten, dass Sie diese Medikamente nicht zu häufig einnehmen."
Bei einer Migräneattacke ist Ruhe wichtig. Viele Betroffene legen sich ins Bett. Manchmal hilft ein starker Kaffee frühzeitig in der Migräneattacke. Bricht diese allerdings voll aus, ist eine Behandlung mit einem Schmerz- oder Migränemittel notwendig. Schmerzmittel sollten nicht öfter als zehnmal im Monat und nicht länger als an drei Tagen in Folge eingenommen werden.
Auch Cluster-Kopfschmerz strahlt in die Schläfen aus
Cluster-Kopfschmerzen sind eine weitere Kopfschmerzart, die Schmerzen in den Schläfen verursachen kann. Cluster-Kopfschmerzen werden als extrem schmerzhaft beschrieben. Oftmals treten sie nachts auf und sind heftig bohrend oder stechend. Die Schmerzen sind meist einseitig und betreffen den Bereich der Augenhöhle sowie die Schläfenregion. Das Auge auf der betroffenen Kopfhälfte tränt meist, die Nase kann verstopft sein oder laufen.
Das Augenlid ist oft geschwollen und hängt herab. Häufig schwitzen die Betroffenen an Stirn und Wangen vermehrt. Cluster-Kopfschmerzen sind für die Betroffenen aufgrund der extremen Schmerzintensität sehr belastend. Manche Menschen beschreiben den Schmerz, als ob ein Nagel durch das Auge sticht.
"Cluster-Kopfschmerzen benötigen eine Therapie unter ärztlicher Begleitung, ohne Arzt kommt man da nicht weiter. Leider wird die Erkrankung oft spät diagnostiziert", so der zertifizierte DMKG-Kopf- und Gesichtsschmerzexperte. "Schmerzmittel wie Ibuprofen oder Paracetamol können akute Cluster-Kopfschmerzen nicht lindern, wirksam sind Sauerstoffinhalation und Triptane. Zu Beginn der Behandlung kann sogar ein Krankenhausaufenthalt notwendig sein."
Emotionale Belastung als Auslöser
Auch nach dem Weinen oder bei psychischen Belastungen treten oftmals Kopfschmerzen auf, die in die Schläfen ausstrahlen. Weinen ist Stress für den Körper. Zudem schwellen die Schleimhäute in der Nase an. Auch die Augen werden dick. Durch die intensive Kopfbeteiligung können Kopfschmerzen entstehen.
Diese Art des Kopfschmerzes wird dem Spannungskopfschmerz zugeschrieben. Ruhe und Schlaf helfen vielen bei der Erholung. Kommt der Körper emotional zur Ruhe, lassen meist auch die Kopfschmerzen nach.
Schläfenschmerz durch falsche Brille
Wer plötzlich häufiger Kopfschmerzen – möglicherweise mit Schläfenbeteiligung – bei sich feststellt und eine Brille trägt, sollte die Sehhilfe beziehungsweise die Augen kontrollieren lassen. Veränderte Sehwerte, neue Brillengläser oder ein schief sitzendes Gestell auf der Nase können Kopfschmerzen verursachen.
"Bemerken Sie nach dem Kauf einer neuen Brille verstärkt Kopfschmerzen, sollten Sie Kontakt zu Ihrem Optiker aufnehmen", rät Gaul. "Der Augenarzt ist bei Kopfschmerzen sonst meist gefragt, um andere Erkrankungen auszuschließen. So kann ein erhöhter Augeninnendruck mit sehr starken Schmerzen und einer massiven Rötung des Auges einhergehen."
Auswirkungen von Hitze und Flüssigkeitsmangel
Auch nach dem Sport – vor allem bei Hitze, dem Gang in die Sauna oder bei einer zu geringen Flüssigkeitszufuhr – beginnen die Schläfen häufig unangenehm zu pochen. Auch dann sprechen Mediziner von Spannungskopfschmerzen. Bedingt sind sie in dem Fall durch Hitze und Flüssigkeitsmangel.
Ein Sonnenstich oder ein Hitzschlag kann sich ebenfalls durch Schmerzen in den Schläfen zeigen. Ein Hitzschlag ist ein medizinischer Notfall, der einer sofortigen ärztlichen Behandlung bedarf und der lebensbedrohlich werden kann. Bei den folgenden Hitzschlag-Symptomen sollten Sie rasch reagieren:
- erhöhte Körpertemperatur
- heiße, trockene Haut
- beschleunigter Puls
- Müdigkeit und Erschöpfung
- Übelkeit und Erbrechen
- Krämpfe
- Schwindel, Verwirrtheit, Halluzinationen
- starke, stechende Kopfschmerzen
Bringen Sie den Betroffenen sofort in den Schatten. Lagern Sie ihn mit erhöhtem Oberkörper und kühlen Sie den Körper mit feuchten Tüchern – besonders den Kopf- und Nackenbereich. Ist der Betroffene bei Bewusstsein, sollte er etwas trinken.
Bei Bewusstlosigkeit sollte die Person in die stabile Seitenlage gebracht und die Atmung kontrolliert werden. Nach der Erstversorgung sollte sofort der Notruf 112 kontaktiert werden.
Plötzlich starke Schläfenschmerzen: an Schlaganfall denken
Plötzlich auftretende, starke Schläfenschmerzen können möglicherweise auch auf einen Schlaganfall hindeuten. Die Kopfschmerzen sind bei einem Schlaganfall mit weiteren Symptomen verbunden. Nach Angaben der Stiftung Deutschen Schlaganfall-Hilfe sind die häufigsten Symptome eines Schlaganfalls Sehstörungen, Sprach- und Sprachverständnisstörungen, Lähmungen und Taubheitsgefühle, Schwindel mit Gangunsicherheit sowie sehr starke Kopfschmerzen.
Mit dem FAST-Test lässt sich der Verdacht auf einen Schlaganfall überprüfen. Bitten Sie den Betroffenen
- zu lächeln (Face – Gesicht),
- beide Arme zu heben und die Handflächen nach oben zu drehen (Arms – Arme)
- und einen einfachen Satz nachzusprechen (Speech – Sprechen).
- Hat er mit einer oder mehreren der drei Aufgaben Schwierigkeiten, sollten Sie sofort den Notarzt unter 112 rufen (Time – Zeit).
Migräne mit Aura kann Schlaganfall ähneln
Etwa 15 bis 25 Prozent der Migränepatienten sind von Aura-Migräne betroffen. Migräne mit Aura ist durch neurologische Reiz- und Ausfallerscheinungen gekennzeichnet, die einem Schlaganfall ähneln können.
Die Ausfälle betreffen meist zuerst den Bereich im Gehirn, der für das Sehen wichtig ist, und können sich über die ganze Hirnoberfläche ziehen. Zu den häufigen Aura-Symptomen gehören Sehstörungen wie Lichtblitze bis hin zu Gesichtsfeldausfällen, Sprachstörungen wie Wortfindungsstörungen sowie Kribbeln und Taubheitsgefühle in den Armen.
"Es gibt Hinweise, die eine Unterscheidung zwischen einer Migräne-Aura und einem Schlaganfall zulassen", sagt Gaul. "So klingen die Aura-Symptome meist spätestens mit Einsetzen der Migräne-Kopfschmerzen ab. Auch erscheinen die Aura-Symptome langsam, während Schlaganfall-Symptome schlagartig auftreten.
Kennzeichnend für einen Schlaganfall sind zudem häufig Lähmungserscheinungen einer Körperhälfte. Wer unsicher ist, ob es sich bei den Beschwerden um eine Aura oder einen Schlaganfall handelt, sollte immer den Notruf 112 wählen."
Zur Person
Priv.-Doz. Dr. med. Charly Gaul ist Generalsekretär und Pressesprecher der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft e. V. (DMKG). Der zertifizierte Kopf- und Gesichtsschmerzexperte sowie Facharzt für Neurologie und Spezielle Schmerztherapie ist am Kopfschmerzzentrum Frankfurt am Main tätig.
Schläfenkopfschmerz im Alter
Eine weitere Ursache für Schmerzen in den Schläfen kann die Riesenzellenarteriitis (Arteritis temporalis) sein. Diese geht mit einer Entzündung der Schläfenarterie einher, die häufig dann auch geschwollen und bei Berührung sehr schmerzhaft ist. Ursache ist eine Gefäßentzündung (Vaskulitis), die sich aber auch auf andere Gefäße ausdehnen kann.
Sind die Kaumuskeln betroffen, berichten Patienten, dass sie Schwierigkeiten beim Kauen und Essen haben, die Kaumuskulatur ermüdet rasch und schmerzt. "Ist eine Arterie betroffen, die das Auge mit Blut versorgt, droht die Erblindung, es handelt sich um einen neurologischen Notfall", warnt Gaul.
Die Erkrankung betrifft vor allem ältere Menschen und geht mit einem deutlichen Krankheitsgefühl, häufig auch mit Nachtschweiß, leicht erhöhter Temperatur und Gewichtsverlust einher.
Diagnostiziert werden kann die Erkrankung durch gezielte Bestimmung von Entzündungsparametern im Blut, eine Ultraschalluntersuchung der Schläfenarterien und bei Unsicherheiten durch eine kleine operative Probeentnahme der Arterie. "Beginnt man eine Behandlung mit Kortison, bessern sich die Beschwerden meist sehr rasch. Es ist aber eine längerfristige Behandlung notwendig", so der Experte.
Wenn der Schmerz primär morgens auftritt
Zähneknirschen und Pressen kann ebenfalls Schläfenkopfschmerz verursachen. Stress und Anspannung gehen bei vielen Menschen damit einher, dass sie die Zähne aufeinanderpressen oder mit den Zähnen knirschen. Diese Dauerbeanspruchung ist für die Kaumuskeln, die über die Wange zur Schläfe ziehen, ungewohnt und häufig unangenehm. Die Schläfe beginnt zu schmerzen.
"Insbesondere wenn Pressen und Knirschen in der Nacht stattfinden, kann ein morgendlicher Schläfenkopfschmerz sowie ein Spannungsgefühl im Gesicht bestehen", erklärt Gaul. "Auch vermehrte Ohrgeräusche (Tinnitus) oder ein zusätzliches Kiefergelenksknacken können auftreten."
Schmerzmittel erbringen hier allenfalls kurzfristig eine Linderung, man muss die Ursachen bekämpfen und an der eigenen Stressverarbeitung und Anspannung arbeiten. Sehr hilfreich sind dem Experten zufolge Lockerungsübungen für die betroffene Muskulatur und Entspannungsverfahren.
Eine Aufbissschiene kann die Zähne schützen. Kiefergelenksknacken, Pressen und Knirschen können aber auch schmerzfrei auftreten. "Hilfreich ist ein Gesamtbehandlungskonzept, das die aktive Mitarbeit des Patienten erfordert. Auch Migränepatienten weisen diesen zusätzlichen Schmerz häufig auf", so Gaul.
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
- Hitzschlag – Was tun? Das DRK gibt Tipps. Online-Information des Deutschen Roten Kreuzes (DRK). (Stand: Aufgerufen am 2. August 2022)
- Hitze: Risiken und Schutzmaßnahmen. Online-Information des Bundesministeriums für Gesundheit. (Stand: 2. Juli 2021)
- Spannungskopfschmerzen. Online-Information des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). (Stand: 13. Juli 2022)
- Cluster-Kopfschmerzen. Online-Information des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). (Stand: 13. Juli 2022)
- Diagnostik, Akuttherapie und Prophylaxe der Migräne. Online-Information der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft e. V. (DMKG). (Stand: Aufgerufen am 2. Augst 2022)
- Charly Gaul, Andreas Totzeck, Ann-Lena Guth: Patientenratgeber Kopfschmerzen und Migräne. 4., überarbeitete und erweiterte Auflage. ABW Wissenschaftsverlag.
- Patientenleitlinie "Schlaganfall" der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin e.V. (DEGAM). AWMF-Register-Nr.: 053-011. (Stand: Gültig bis 28. Februar 2025)
- Schlaganfall-Symptome erkennen. Online-Information der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe. (Stand: Aufgerufen am 4. Juli 2022)
- Migräne mit Ara: Bei ungewöhnlichen Symptomen an Schlaganfall denken. Online-Information der Berufsverbände für Psychiatrie, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik, Nervenheilkunde und Neurologie aus Deutschland. (Stand: 2. September 2020)